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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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sagen. Punkt!
    Er deutete mit ausgestrecktem Arm auf den See hinaus.
    »Der schönste Ort der Welt, nicht wahr?«, sagte er.
    Franziska nickte.
    Weil Schweigen das Einzige war, was jetzt Sinn machte, schwiegen die beiden miteinander und ließen die Natur sprechen. Ließen sie ungestört schwappen, gurgeln, plätschern, rauschen, wispern und singen.

    Das Läuten ihres Handys beendete diesen besonderen Moment.
    Franziska nahm das Gespräch mit einem gequälten Lächeln in Richtung ihres Vaters entgegen. Er bedeutete ihr, dass er schon zum Haus zurückgehen würde.
    »Franziska?«, fragte die Stimme ihres Kollegen im Handy.
    »Ja, was gibt’s?«
    »Ein verschwundenes Mädchen.«

Teil 2

1
    Sarah erwachte in einer anderen Welt. Dass um sie herum nichts mehr so war, wie sie es kannte, spürte sie sofort, aber in den ersten Sekunden überwogen die Signale, die ihr Körper aussendete: Sie hatte einen ekligen, bitteren Geschmack im Mund, in ihrem Bauch rumorte es, ihr Kopf schmerzte ziemlich stark, diese Art von Kopfweh, die von tief drinnen nach außen zog und sogar in den Augenhöhlen pochte. Sie fühlte sich krank.
    Dann setzte die Erinnerung ein und die Schmerzen verblassten.
    Harte, kratzige Haare unter ihren Fingern, Atem auf ihrem Gesicht, ein schweres Gewicht am Fußende ihres Bettes. Statt des Klingelknopfes hatte sie in ein Gesicht gefasst, kein menschliches, ganz bestimmt nicht, es hatte sich … hässlich angefühlt.
    Was dann?
    Was war geschehen?
    Ab dem Zeitpunkt hatte sie keine Erinnerung mehr, nur noch Dunkelheit und Leere. Bis jetzt.
    Sie konzentrierte sich auf ihre Umgebung. Sie lag nicht mehr auf ihrer weichen Matratze, spürte auch keine kuschelige Decke auf ihrem Körper, und der Duft ihrer Bettwäsche nach einem bestimmten Waschmittel war auch nicht mehr da. Außerdem trug sie ihren Schlafanzug nicht. Sie war nackt!

    Das Verlangen, aufzuspringen und wegzulaufen, wurde dadurch noch verstärkt, trotzdem blieb sie zunächst reglos liegen. Sie hatte gelernt, diesen Fluchtimpuls zu unterdrücken. Auf jeden Fall war es immer besser, erst einmal die Umgebung zu erkunden, statt sie panisch zu verändern.
    Sie blähte die Nasenflügel und sog die unbekannten Gerüche auf. Nichts von dem, was dabei in ihre feine, äußerst sensible Nase geriet, gehörte zu ihrer gewohnten Umgebung. Sie erkannte den Geruch von modrigem Waldboden, auf dem Blätter verfaulten, um dann selbst zu Waldboden zu werden. Dieser Geruch überlagerte alles andere. Die meisten Menschen hätten das, was sich darunter befand, nicht wahrgenommen, doch ihre Nase filterte auch die feinen Nuancen heraus. Einiges davon konnte sie nicht zuordnen; sie hatte es schlicht und einfach noch nie gerochen. Aber da war auch der Geruch von warmem Regen, von Baumrinde, aus der Harz troff, zusätzlich mischte sich ein versteckter, aber trotzdem strenger tierischer Geruch darunter.
    Wo war sie nur?
    Der Impuls zur Flucht wurde noch stärker, und obwohl sie um Hilfe rufen wollte, damit jemand käme und sie rettete, sie vielleicht auch nur aus einem dummen Traum weckte, tat sie es nicht. Sie war schließlich nicht dumm. Wer auch immer sie aus ihrem Zimmer in diesen Wald verschleppt hatte, wollte bestimmt nicht, dass sie schrie.
    Also tat sie weiterhin so, als schliefe sie. Jetzt, da ihr Kopf nicht mehr damit beschäftigt war, die Gerüche zu sortieren, konnte sie sich voll und ganz auf ihr Gehör konzentrieren. Darin war sie sehr gut. Aber auch die Geräusche waren fremdartig. In einem Wald war sie schon gewesen, und auch dort hatte es allerlei verschiedene Geräusche gegeben, aber
völlig andere als hier. Dieses feine Zirpen und unterschwellige Glucksen, dazwischen immer wieder eine Art zischelndes Zucken, aber nur ganz wenig Gesang und Gepiepe, das alles wollte so überhaupt nicht zu der Art von Wald passen, den sie kannte. Ihr Wald war hoch und weit, Vogelgesang hallte darin lange nach. Geräusche ließen sich ganz klar in ein Oben und ein Unten einteilen, hier aber war alles durcheinander, außerdem klang es dumpf, so als fehlte die Weite und Höhe.
    Ihre Angst nahm zu, entsandte prickelnde Hitze auf ihre Wangen und die Stirn. So viel Platz beanspruchte die Angst, dass ihre Blase plötzlich heftig drückte und sie meinte, sofort zu müssen. Ganz fest presste sie die Kiefer aufeinander und die Beine zusammen.
    Nein, sie konnte nicht mehr still bleiben! Sie musste sich bewegen. Also streckte sie den rechten Arm aus und begann zu tasten. Ihre Fingerkuppen, vom

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