Blinder Instinkt - Psychothriller
Beifahrertür lesen.
Personentransporte Meyerboldt. Taxi, Mietwagen, Busse.
Darunter die Anschrift, die Max sich sofort einprägte.
Ja!
Er hatte richtiggelegen! Kolle hatte sich skeptisch gezeigt, als Max argumentiert hatte, der Fahrdienst, bei dem der Perverse arbeitete, würde nicht von heute auf morgen gewechselt werden. Dieser eine bestimmte Fahrer würde sicher keine Kinder mehr transportieren, aber dessen Name würde Max schon herausfinden.
Er gab die Adresse in sein Navigationssystem ein. Keine halbe Minute später verriet ihm das Gerät, dass er bis zur Zieladresse siebzehn Minuten benötigte.
24
Meinem Blick entgehst du nicht, kenne ich doch dein Gesicht!
Er war so verwirrt wie schon lange nicht mehr. Eine ganze Nacht hatte nicht ausgereicht, um den alten Abzählreim in seinem Kopf verhallen zu lassen. Ganz im Gegenteil hatten die Worte ihn sogar um den Schlaf gebracht, und er hatte sich wieder und wieder gefragt, ob es ein Zeichen war, sie ausgerechnet jetzt zu hören, wo sich alles so gut fügte? Das Mädchen war eine Offenbarung, und in seiner überschwänglichen Freude hatte er seiner Sammlung eine vanilla planifolia hinzufügen wollen, die er sich schon so
lange wünschte. Eine neue Pflanze für ein neues Mädchen. Doch das war jetzt vergessen. Alles war durcheinander, der Kartenstapel ein einziges Chaos, und er bekam es einfach nicht in den Griff.
Dieser Abzählreim, dieser verfluchte Abzählreim!
Das war unendlich viele Jahre her und trotzdem nicht vergessen.
Am Ende hatten sie ihn immer gefunden, immer ihn, nur ihn, so als hätten sich alle gegen ihn verschworen. Dabei konnte er sich still verhalten wie sonst niemand. Doch egal wo er sich versteckt gehalten hatten, egal wie winzig das Loch gewesen war, sie hatten ihn entdeckt, mit den Fingern auf ihn gezeigt, über ihn gelacht, hatten ihn gesehen, gesehen, gesehen …
Er packte das Lenkrad fester, hielt den schweren Transporter in der Spur. Er fühlte sich kaum in der Lage, den Tag zu bewältigen. Schon der erste Auftrag war schwer gewesen, aber er hatte nicht fortbleiben können, weil das aufgefallen wäre. Er durfte nicht unvorsichtig werden, die übliche Routine nicht durchbrechen. Gerade jetzt, während mit aller Kraft nach dem Mädchen gesucht wurde, machte sich jeder verdächtig, der sich anders verhielt als üblich. Er wusste das, aber Wissen war eine Sache, Verlangen eine andere. Bei ihr dort draußen zu sein würde ihn beruhigen, würde vielleicht sogar den blöden Abzählreim aus seiner Kindheit vergessen machen. Die Sache mit den Karten versuchte er schon, seitdem er in der Früh aufgewacht war, aber die Karten waren störrisch heute, wollten sich einfach nicht fügen. Das Blatt war immer noch völlig durcheinander.
Konzentrier dich!
Du musst dich konzentrieren!
Er bog in seine Straße ein und ihm stockte der Atem!
Sie waren da!
Alles in ihm schrie danach, Gas zu geben, vorbeizufahren, doch er wusste, dass es nichts nützte. In einer halben Stunde musste er den Laden öffnen. So lange würden sie auf jeden Fall warten, und wenn es sein müsste, würden sie wiederkommen. Er machte sich verdächtig, wenn er den Laden nicht öffnete.
»Versteck dich ruhig, ich find dich doch …«
25
Franziska zermarterte sich während der Fahrt in die Stadt den Kopf, welches eine Element ihr bei der neuen Spur immer wieder durch die Finger glitt - doch je intensiver sie nachdachte, desto flüchtiger wurde der Gedanke. Schließlich ließ sie es sein und lenkte ihre Überlegungen in eine andere Richtung. Mit wem hatten sie es hier zu tun? Sollte dieser Wilkens der Täter sein, musste er doch damit rechnen, dass man die ehemaligen Mitarbeiter des Heimes überprüfen würde. War der Mann so dumm? Oder einfach nur eiskalt?
Sie parkte ihren Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite neben einigen Altglascontainern, blieb sitzen und beobachtete den Laden. Es handelte sich um ein kleines, zwischen zweigeschossigen Wohnhäusern eingezwängtes Gebäude, das kaum wie ein Geschäft aussah. Links neben der normalen Eingangstür befand sich ein großes, bis an den Boden reichendes Fenster, das zur Hälfte mit einer milchigen Folie abgeklebt war. Rechts daneben gab es ein geschlossenes
Rolltor aus Aluminium. Ein offensichtlich selbst gebasteltes Werbeschild hing darüber. Fischspezialitäten Wilkens, stand in schwarzen Buchstaben auf weißem Grund. Ein stilisierter Fisch sprang aus dem W.
Der Laden machte auf Franziska einen wenig
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