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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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nicht immer fetter und fetter wurden. Er hatte ihnen doch nicht weh getan!
    Aber alles Flehen und Betteln und Entschuldigen hatte nichts genützt. Unter den strengen Augen seiner Mutter hatte Vater ihn ins Verlies gesperrt. Und dort würde er bleiben müssen, bis sie ihn wieder herausließen.
    »Man quält keine Kreatur nur zu seinem eigenen Vergnügen!«, hatte Vater geschimpft. »Bis du das begriffen hast, bleibst du da drin!«
    Jetzt war er da drin, jetzt hatte er begriffen, ganz sicher! Nie wieder würde er die Kaninchen ärgern, aber er konnte es seinem Vater nicht sagen, nicht durch das dicke Holz hindurch.
    Sie starrten ihn an!
    Augen, so viele Augen, die ihn aus der Dunkelheit heraus anstarrten! Augen, schwarz wie die Dunkelheit selbst, und sie benötigten kein Licht, um sehen zu können. Er konnte sie spüren, diese vielen Tausend Augen, spürte sie auf seiner Haut brennen, jedes einzelne an einer anderen Stelle.
    Er wollte raus! Er bereute doch! Er würde es niemals wieder tun! Aber sie mussten ihn hier rauslassen. Die Augen … die Augen … Sie starrten durch sein Fleisch und seine Knochen bis direkt in seine Seele, und da sahen sie alles von ihm, da war er nackt und schutzlos, und da waren auch die Bilder, die doch niemand zu sehen bekommen durfte …
     
    Das wie Nebel fließende Dunkel löste sich nur langsam auf. Die Ränder seines Gesichtsfeldes waren noch vollkommen schwarz. Zur Mitte hin verschwamm das Schwarz mit einem glimmenden Rot, welches wiederum abgelöst wurde von einem
hellen Orange. Durch dieses Orange hindurch konnte er bereits wieder etwas sehen. Auch sein Gehör kehrte langsam zurück. Das Nervengift befand sich noch in seinem Körper, aber es zersetzte sich langsam, dank der Hilfe des Gegengiftes. Wenigstens eine Spritze befand sich immer in dem kleinen Kühlschrank unweit des Terrariums, und weiter entfernt hätte es auch nicht sein dürfen. Sie hatte ihn im Gesicht erwischt, nicht am Bein oder an den Händen, von wo aus es länger dauerte, bis sich das Gift im Körper verteilte. Vom Gesicht aus ging es sehr rasch. Eine, höchstens zwei Minuten. Dieses Miststück hatte ihn fast getötet. Zwei Schritte hatte er noch in Richtung des Kühlschrankes gehen können, dann war er zusammengebrochen, weil seine Muskeln ihn einfach nicht mehr tragen wollten.
    Die Tür des Kühlschrankes zu öffnen war ein immenser Kraftakt gewesen, aber er hatte es geschafft. Nachdem er sich die Spritze in den großen Oberschenkelmuskel gesetzt hatte, war er noch in der Lage gewesen, den Raum wie eine Schlange auf dem Bauch kriechend zu verlassen. Das Letzte, woran er sich erinnerte, war, dass er die Tür zugezogen hatte. Danach hatte ihn das Dunkel voll und ganz aufgenommen.
    Durch das schräge Dachfenster fiel Licht in den Flur. Helles Tageslicht. Er konnte also davon ausgehen, dass er die ganze Nacht über auf dem Flur im Delirium gelegen hatte. Wie spät mochte es sein? Da er seine Armbanduhr vor dem Händewaschen gestern abgelegt hatte, musste er wohl oder übel ins Wohnzimmer oder in die Küche, um es herauszufinden. Also quälte er sich auf die Beine. Es war mühsam. Die Muskeln waren schlaff, und sobald er sie belastete, beschwerten sie sich, begannen zu zucken und leicht zu krampfen. Er musste dringend Milch trinken, die beim Neutralisieren
des Giftes half, und dazu eine Ampulle des hoch dosierten Mineralienkonzentrats zu sich nehmen.
    Wackelig auf den Beinen stehend visierte er die Küchentür an. Gerade zwei Schritte darauf zu hatte er geschafft, als ein grelles, viel zu lautes Geräusch ihn zusammenzucken ließ.
    Die Haustürklingel!
    Warum klingelte jemand bei ihm? Das kam so gut wie nie vor. Oder war es vielleicht schon so spät …
    So schnell es ging wankte er zur Küche, drückte die Tür auf, blieb aber auf der Schwelle stehen und sah zur Uhr in dem Digitalradio über der Spüle.
    Viertel vor zehn!
    Vor einer Viertelstunde hätte er den Laden öffnen sollen.
    Der Laden öffnete immer um halb zehn. Tag und Jahr, seit ewigen Zeiten. Dabei spielte es keine Rolle, dass vormittags so gut wie nie Kunden kamen.
    Warum dann ausgerechnet heute das Klingeln an der Haustür?
    Karten, er musste dringend Karten ablegen. Hübsch sauber und ordentlich, Figuren zu Figuren, Zahlen zu Zahlen.
    Erneutes Klingeln!
    Warum konnte die Welt ihn nicht einfach in Ruhe lassen! Was hatte er ihr denn getan? So viel Stress in den letzten Tagen, und alles hatte damit angefangen, dass er endlich den Plan in die Tat umgesetzt

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