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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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ein Blick! Ein Blick wie die Spitze seines Skalpells! Mühelos drang er durch seine eigenen Augen tief in seinen Kopf. Er spürte die grausame Kälte des reinen Überlebenswillens, die Urkraft der Evolution, kein Mitleid mit dem Opfer, kein Mitleid mit sich selbst, das Sein im Hier und Jetzt nur auf Töten fokussiert, auf Töten und Fressen und Erhaltung der eigenen Art.
    Unter diesem Blick wurde er zur Maus. Seine Atmung versagte, seine Muskeln versagten, sein Gehirn schaltete ab. Nun war er nichts weiter mehr als ein hilfloses Opfer, binnen weniger Minuten vom oberen Ende der Nahrungskette ans untere gerutscht. Er spürte eine harte und brachiale Veränderung seines Denkens.
    Dann schnellte die Schlange nach vorn, und ihre Zähne gruben sich tief in seine Wange.

42
    Max lag in dem weichen Hotelbett, die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und starrte zur weißen Decke empor, an der helle Streifen der Morgensonne schimmerten. Seit zehn Minuten war er wach und konnte an nichts anderes denken als an den gestrigen Abend. Er hatte sofort nach dem Aufwachen sein Handy gecheckt, das er nachts immer stumm
stellte, doch ein Anruf von Franziska war noch nicht eingegangen.
    Er hatte versucht, seine Gedanken in Richtung der Ermittlungen zu lenken, doch das war ihm nicht gelungen. Immer wieder schob sich Franziska ins Bild. Den Kuss, so sanft er auch gewesen war, hatte er vor dem Einschlafen noch lange gespürt, und wie auch schon gestern Abend fragte er sich jetzt erneut, ob er zu zurückhaltend gewesen war.
    Wenn sie nicht die Notbremse gezogen hätte, wären sie miteinander ins Bett gegangen. Es war ihre Entscheidung gewesen - dabei ließen ihre Worte ihn hoffen. Nicht heute. Das war kein Nein. Das war ein Versprechen auf einen anderen Tag und einen anderen Ort. Vielleicht, wenn sie ihre Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen hatte und ihm gegenüber nur noch als Franziska und nicht mehr auch als Polizistin auftreten musste.
    In seinem Körper begann es zu kribbeln. Es war aufregend, auch nur daran zu denken, was die Zukunft für ihn bereithalten könnte, wenn er sich darauf einließ.
    Max sprang vom Bett auf.
    Er war es gewöhnt, Probleme mit dem Einsatz seiner Muskeln zu lösen, aktiv zu sein, sich zu bewegen. Herumliegen und sich den Kopf zerbrechen war nicht sein Ding.
    Er ließ sich zwischen Bett und Schrank auf den Boden fallen, um zu tun, was er ohnehin jeden Morgen nach dem Aufstehen tat. Liegestütze! Mindestens hundert! Routine. Alltag.
    Max begann zu pumpen, zuerst schnell, ab der fünfzigsten langsamer, und als er die hundert erreicht hatte, gab er entnervt auf. Zwar fühlte er sich besser jetzt, vitaler, und die von Blut durchströmten Muskeln am Oberkörper verliehen
ihm ein Gefühl der Stärke, aber das Gefühl der Aufgeregtheit war immer noch da.
    Entnervt zog er die Shorts aus und ging unter die Dusche. Da er sowieso eher kühl duschte, konnte er sofort in die Kabine steigen und sich das Wasser auf den Kopf prasseln lassen. Nach ein paar Minuten regelte er die Temperatur nochmals zurück und begann, sich mit dem vom Hotel gestellten Duschgel einzuseifen. Während er das tat, begann er nun doch, über die Ermittlungen nachzudenken.
    Über den Namen Wilkens, der ihm nichts sagte, Franziska aber wichtig war. Und über die einzige Möglichkeit, die er hatte, etwas über einen Angler namens Wilkens herauszufinden, der vor zehn Jahren eventuell am Meerbach geangelt hatte. Diese Möglichkeit lag nicht fernab des Machbaren, nein, sie war nur verdammt schwer. Wie schwer, das hatte er bereits gestern gespürt, als er mit Franziska in seine alte Heimat zurückgekehrt war, an jene besondere Stelle am Flussstrand. Auf dem Weg dorthin war er keine fünfhundert Meter an seinem Elternhaus vorbeigekommen. Außer den Dachpfannen hatte er nichts davon sehen können, aber das war auch nicht nötig gewesen. Er hatte die Anwesenheit des Hauses gespürt . Wie ein tonnenschwerer Stein hatte sie auf seinem Nacken gelegen, so dass er tatsächlich unfähig gewesen war, den Kopf zu heben und nach vorn zu schauen.
    Unter der kühlen Dusche schlug Max’ Herz plötzlich schneller. Er spürte die Angst vor der Begegnung, wusste gleichzeitig aber auch, dass er diesen Weg gehen musste. Das hätte er schon längst tun sollen. Warum also nicht heute?

43
    »Einhundertvierzig durch vier ist …«
    »Fünfunddreißig.«
    »Richtig!«
    »Siebzehn mal sechs ist … einhundertzwei … sehr gut, wieder richtig!«
    Ein erneuter Krampf ließ Sarah

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