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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dass er von einer Psychopathin umgebracht wurde«, erwiderte ich.
    »Oh doch, das konnten sie. Vielleicht war es das perfekte Timing.« Er blies Rauch aus und trank Bier. »Ich glaube, dass man alles vortäuschen kann, Doc.«
    »Die DNS-Analyse hat ergeben -«
    Ich konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Ich sah Bilder vor mir, die ich lange Zeit unterdrückt hatte.
    »Woher willst du wissen, dass die Berichte der Wahrheit entsprachen?«
    »Es reicht!«
    Aber das Bier hatte alle Mauern eingerissen, und er wollte nicht aufhören, seine zunehmend fantastischen Theorien, Deduktionen und Wünsche auszubreiten. Seine Stimme sprach immer weiter und klang irgendwann wie aus weiter Ferne und unwirklich. Mich schauderte. Ein Licht glomm in jener Dunkelheit und erschütterte einen Teil von mir. Ich wollte verzweifelt glauben, was er als mögliche Wahrheit hinstellte.
    Um fünf Uhr morgens erwachte ich angezogen auf der Couch.
    Ich hatte stechende Kopfschmerzen, in meinem Mund der Geschmack nach Zigaretten und Alkohol. Ich duschte und starrte lange Zeit das Telefon neben meinem Bett an. Der Beschluss, den ich gefasst hatte, elektrifizierte mich und versetzte mich gleichzeitig in Panik. Ich war entsetzlich verwirrt.
    In Philadelphia war es fast Mitternacht, und ich hinterließ eine Nachricht und die Nummer des Faxgeräts in meinem Zimmer bei Dr. Vance Harston, dem verantwortlichen Gerichtsmediziner. Dann hängte ich das Bitte-nicht-stören-Schild an die Tür. Ich traf Marino im Flur und sagte nichts außer einem unhörbaren guten Morgen. Unten wurde das Buffet aufgebaut und mit Geschirr geklappert, und ein Mann putzte die gläsernen Türen mit einer Bürste und einem Tuch. So früh gab es noch keinen Kaffee, und der einzige andere Gast, der bereits auf war, war eine Frau, über deren Stuhl ein Nerzmantel hing. Vor dem Hotel wartete wieder ein Mercedes auf uns.
    Diesmal war unser Fahrer verdrossen und hatte es eilig. Ich rieb mir die Schläfen, während uns Motorradfahrer auf nur für sie sichtbaren Spuren überholten, sich zwischen Autos schoben und wieder ausscherten und durch zahlreiche enge Tunnel rasten.
    Erinnerungen an den Autounfall, bei dem Prinzessin Diana ums Leben gekommen war, deprimierten mich.
    Ich erinnerte mich, dass ich aufstand und in den Nachrichten davon erfuhr, und mein erster Gedanke war, wie ungern wir glauben, dass unsere Götter einen weltlichen zufälligen Tod sterben können. Von einem betrunkenen Chauffeur in den Tod gefahren zu werden hat nichts Ruhmreiches oder Edles. Der Tod ist der große Gleichmacher. Ihm ist es scheißegal, wer du bist.
    Der Himmel war dämmrig blau. Die Gehsteige waren gereinigt worden und nass, und auf der Straße standen grüne Mülltonnen. Wir holperten über das Kopfsteinpflaster des Place de la Concorde und fuhren die Seine entlang, die wir die meiste Zeit nicht sahen, weil uns eine Mauer die Sicht versperrte. Eine Digitaluhr außen am Gare du Lyon zeigte zwanzig nach sieben an.
    Im Bahnhof selbst ging es geschäftig zu, und die Leute hasteten zu Relais Hachette, um sich eine Zeitung zu kaufen.
    Ich wartete hinter einer Frau mit Pudel am Fahrkartenschalter und erschrak über einen gut gekleideten Mann mit markanten Zügen und silbergrauem Haar. Aus der Ferne sah er aus wie Benton. Unwillkürlich suchten meine Augen die Menge ab, als wäre er vielleicht hier, mein Herz pochte, als würde es nicht mehr viel Aufregung verkraften.
    »Kaffee«, sagte ich zu Marino.
    Wir saßen an der Theke im L'Embarcadere und tranken Espresso in winzigen braunen Tassen.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, brummte Marino. »Ich wollte ganz normalen Kaffee. Wie wär's mit Zucker?«, sagte er zu der Frau hinter der Theke.
    Sie legte mehrere Tütchen vor ihn hin.
    »Ich glaube, der Herr hätte gern einen Milchkaffee«, sagte ich zu ihr.
    Sie nickte. Er trank vier davon und aß zwei Baguettes mit Schinken und rauchte drei Zigaretten, und das alles in weniger als zwanzig Minuten.
    »Weißt du«, sagte ich zu ihm, als wir in den TGV stiegen, »ich möchte nicht, dass du dich umbringst.«
    »He, mach dir keine Sorgen«, sagte er, als er sich mir gegenüber setzte. »Wenn ich mit allem aufhören würde, dann würde mich der Stress fertig machen.«
    Unser Waggon war nur zu einem Drittel besetzt, und die wenigen Fahrgäste schienen sich ausschließlich für ihre Zeitungen zu interessieren. Die Stille veranlasste Marino und mich, uns nur sehr leise zu unterhalten, und der schnelle Zug setzte sich

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