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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Scheitelbein, eingedrückte Brüche, die die Tabula des Schädels in das darunter liegende Hirn trieben«, las ich laut vor und durchblätterte ein Autopsieprotokoll nach dem anderen. »Bilaterale, subdurale Hämatome.
    Darunter Risse im zerebralen Gewebe und Blutungen der Spinnwebenhaut. Brüche wie in Eierschalen. Brüche im rechten Stirnbein, die sich entlang der Mittellinie bis zum rechten Scheitelbein ziehen. Blutgerinnsel legen nahe, dass das Opfer noch mindestens sechs Minuten nach Zufügung der Verletzungen lebte.«
    Ich blickte auf und sagte: »Wut. Overkill. Rasender Overkill.«
    »Sexuell?« Talley sah mir in die Augen. »Was ist das nicht?«, sagte Marino.
    Jedes Opfer war halb nackt, die Kleidung von der Taille an aufwärts zerrissen. Alle waren barfuß.
    »Merkwürdig«, sagte ich. »Wie es scheint, interessierte er sich überhaupt nicht für ihren Hintern und ihre Genitalien.«
    »Er scheint ein Busenfetischist zu sein«, sagte Mirot sachlich.
    »Auf jeden Fall ein Symbol für die Mutter«, erwiderte ich. »Und wenn es stimmt, dass er während seiner Kindheit das Haus nicht verlassen durfte, dann ist eine interessante Krankengeschichte zu erwarten.«
    »Was ist mit Raub?«, fragte Marino.
    »Konnte nicht in allen Fällen mit Sicherheit nachgewiesen werden. In anderen Fällen eindeutig. Geld, mehr nicht. Nichts, was aufzuspüren wäre wie Schmuck, den man zu einem Hehler bringt«, sagte Talley.
    Marino klopfte auf seine Zigarettenschachtel, wie er es immer tat, wenn er unbedingt rauchen wollte.
    »Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an«, sagte Mirot.
    »Hat er möglicherweise auch woanders getötet? Außer in Richmond, vorausgesetzt er ist der Mörder von Kim Luong?«, fragte ich.
    »Er hat sie ziemlich zugerichtet«, sagte Marino. »Mir ist noch nie so ein M.O. begegnet.«
    »Wir wissen nicht, wie oft er gemordet hat«, sagte Talley. »Oder wo.«
    Mirot sagte: »Wenn eine Verbindung besteht, kann unsere Software sie in zwei Minuten herstellen. Aber es kann immer Fälle geben, von denen wir nichts wissen. Wir haben einhundertsiebzig Mitgliedsstaaten, Dr. Scarpetta. Die einen kooperieren besser als die anderen.«
    »Ist nur eine Idee«, sagte Talley, »aber ich vermute, dass der Kerl nicht weit gereist ist. Vor allem wenn er irgendwie behindert ist und viel zu Hause war. Und ich nehme an, dass er wahrscheinlich noch zu Hause lebte, als er mit dem Morden anfing.«
    »Liegen die Morde jetzt zeitlich näher beieinander? Wartet er noch genauso lange wie früher, bevor er erneut zuschlägt?«, fragte Marino.
    »Die letzten beiden, von denen wir wissen, waren im Oktober, dann der kurz zurückliegende missglückte Versuch, was heißt, dass er es drei Mal innerhalb von fünf Wochen versucht hat«, sagte Talley. »Was unsere Vermutung bestärkt, dass der Typ außer Kontrolle geraten ist, der Boden für ihn zu heiß wurde, und er floh.«
    »Vielleicht hoffte er, noch einmal neu anfangen und mit dem Morden aufhören zu können«, sagte Mirot.
    »Das geht nicht einfach so«, sagte Marino.
    »Nirgendwo ist die Rede davon, dass Beweismaterial zur Untersuchung ins Labor gebracht wurde«, sagte ich und begann, den Eishauch des dunklen Ortes zu spüren, auf den das Ganze zusteuerte. »Das verstehe ich nicht. Wurde in diesen Fällen denn gar nichts getestet? Abstriche von Körperflüssigkeiten? Haare, Fasern, ein abgebrochener Fingernagel? Irgendetwas?«
    Mirot blickte auf seine Uhr.
    »Nicht einmal Fingerabdrücke?«, fragte ich fassungslos. Mirot stand auf.
    »Agent Talley, bitte gehen Sie mit unseren Gästen in die Cafeteria zum Mittagessen«, sagte er. »Leider kann ich Sie nicht begleiten.«
    Mirot führte uns zur Tür seines riesigen Büros.
    »Ich möchte Ihnen nochmals danken, dass Sie gekommen sind«, sagte er zu Marino und mir. »Mir ist bewusst, dass Ihre Arbeit gerade erst anfängt, aber hoffentlich in eine Richtung führt, die diese Angelegenheit bald erledigt. Oder den Mörder zumindest in die Knie zwingt.«
    Seine Sekretärin drückte auf einen Knopf der Telefonanlage.
    »Staatssekretär Arvin, sind Sie noch dran?«, sagte sie. »Ich kann Sie jetzt verbinden.«
    Mirot nickte ihr zu, kehrte in sein Büro zurück und schloss leise die Tür hinter sich.
    »Sie haben uns nicht den weiten Weg hierher geholt, um mit uns die Akten durchzugehen«, sagte ich zu Talley, während er uns durch ein Labyrinth aus Korridoren führte.
    »Ich will Ihnen etwas zeigen«, sagte er.
    Er dirigierte uns um eine Ecke, hinter der uns

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