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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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eine schauderhafte Porträtgalerie toter Gesichter empfing.
    »Nicht identifizierte Leichen«, sagte Talley. »Schwarze Meldungen.«
    Es waren körnige schwarzweiße Poster, auf denen auch Fingerabdrücke und andere persönliche Charakteristika abgebildet waren. Alle verfügbaren Informationen waren auf Englisch, Spanisch, Französisch und Arabisch. Es war unübersehbar, dass die meisten dieser namenlosen Individuen nicht friedlich gestorben waren.
    »Da ist Ihrer.« Talley deutete auf den jüngsten Neuzugang.
    Gott sei Dank starrte uns nicht die groteske Maske meines unidentifizierten Toten an, sondern die langweilige Röntgenaufnahme seiner Zähne, Fingerabdrücke und eine Personenbeschreibung.
    »Abgesehen von den Postern ist Interpol eine papierlose Organisation«, erklärte Talley. Er führte uns zum Aufzug.
    »Akten werden in unseren Rechner eingescannt, eine begrenzte Zeit aufbewahrt und dann vernichtet.« Er drückte auf den Knopf zum ersten Stock. Vor der Cafeteria wachten Rüstungen und ein Messingadler mit ausgebreiteten Flügeln über die Gäste. An den Tischen saßen mehrere hundert Männer und Frauen in Geschäftskleidung, Polizisten aus aller Welt, die die Aktivitäten des organisierten Verbrechens von gestohlenen und gefälschten Kreditkarten in den USA bis zu Schmiergeldkonten in Afrika bekämpften. Talley und ich entschieden uns für Brathähnchen und Salat, Marino nahm die gegrillten Rippchen. Wir setzten uns an einen Ecktisch.
    »Der Generalsekretär kümmert sich normalerweise nicht selbst um solche Dinge«, sagte Talley zu uns. »Nur damit Sie ein Ahnung haben, wie wichtig der Fall ist.«
    »Vermutlich sollten wir uns jetzt geehrt fühlen«, sagte Marino.
    Talley schnitt ein Stück Huhn ab.
    »Ich möchte nicht, dass uns der Wunsch, die nicht identifizierte Leiche möge Thomas Chandonne sein, blind macht«, fuhr Talley fort.
    »Na klar, wäre peinlich, wenn Sie die schwarze Meldung aus Ihrem teuren Computer nehmen und sich dann rausstellt, dass der Mistkerl gar nicht tot ist. Loup-Garou ist irgendein Irrer, der weiter tötet, und die beiden haben nichts miteinander zu tun«, sagte Marino. »Womöglich verliert Interpol dann Mitgliedsbeiträge.«
    »Captain Marino, hier geht es nicht um Mitgliedsbeiträge«, sagte Talley und starrte ihn unbeeindruckt an. »Ich weiß, dass Sie zahllose schwierige Fälle in Ihrer Karriere bearbeitet haben.
    Sie wissen, wie aufreibend sie sein können. Wir müssen unsere Mitarbeiter wieder für andere Fälle frei haben. Wir müssen die Leute dingfest machen, die diesen Dreckskerl gedeckt haben.
    Wir müssen sie ein für alle Mal unschädlich machen.«
    Er schob sein Tablett weg, ohne fertig zu essen. Dann holte er aus der Innentasche seines Jacketts eine Schachtel Zigaretten.
    »Das ist das Angenehme an Europa.« Er lächelte. »Schlecht für die Gesundheit, aber nicht asozial.«
    »Ich will Sie noch was fragen.« Marino ließ nicht locker. »Vielleicht geht es nicht um Mitgliedsbeiträge, aber wer zahlt für die ganze Scheiße? Learjets, Concordes, teure Hotels, ganz zu schweigen von den Mercedes-Taxis?«
    »Hier sind viele Taxis Mercedes.«
    »Wir ziehen verbeulte Chevies und Fords vor«, sagte Marino sarkastisch. »Sie wissen schon, buy American.«
    »Es ist nicht Interpols Art, Learjets und Luxushotels zur Verfügung zu stellen«, sagte Talley.
    »Wer dann?«
    »Ich denke, Sie sollten Senator Lord danach fragen«, erwiderte Talley. »Aber ich möchte Sie an etwas erinnern. Beim organisierten Verbrechen geht es nur um Geld, und der Großteil dieses Geldes stammt von ehrlichen Menschen, aus ehrlichen Geschäften und Firmen, die ebenso wie wir wollen, dass diesen Kartellen das Handwerk gelegt wird.«
    Marinos Kiefermuskeln spannten sich.
    »Ich kann nur darauf hinweisen, dass es für eine der fünfhundert umsatzstärksten Firmen der Welt nicht ins Gewicht fällt, zwei Concorde-Tickets zu kaufen, wenn andererseits für Millionen von Dollar elektronische Ausrüstung, Waffen und Sprengstoff abgezweigt werden.«
    »Dann zahlt also irgendso ein Microsoft-Typ für alles?«, fragte Marino.
    Talleys Geduld wurde schwer auf die Probe gestellt. Er gab keine Antwort.
    »Ich frage Sie. Ich will wissen, wer für mein Ticket bezahlt hat.
    Ich will wissen, wer zum Teufel meinen Koffer ausgeräumt hat.
    Irgendein Agent von Interpol?«, beharrte Marino.
    »Bei Interpol gibt es keine Agenten. Es gibt nur Verbindungsleute zu diversen Organisationen. ATF, FBI, Post, Polizei und so

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