Blinder Rausch - Thriller
Samstagmorgen im Stadtpark aufgewacht! Mit mir muss Schreckliches passiert sein, so wie ich aussah. Und ich hatte diesen Ohrwurm.«
»Im Stadtpark?«, fragt Frederik tonlos und schaut den Schilfhalmen zu.
»Ja, im Stadtpark«, bekräftigt sie. »Ich habe keinen Schimmer, wie ich da hingekommen bin, aber ich habe so ein Gefühl, dass es mit Sachen zu tun hat, die auf deiner Party passiert sind.« Frederik hat die Beine angezogen und umschlingt die Knie mit seinen Armen.
»Wie oft soll ich dir noch sagen, wie es gewesen ist. Glaubst du mir etwa nicht?«
Leonie schaut ihn von der Seite an. Jetzt sieht er richtig verzweifelt aus.
»Doch, schon«, räumt sie ein. Aber irgendwer weiß etwas, irgendwer hat gesehen wie und mit wem ich von deiner Gartenliege weggekommen bin und derjenige hat auch etwas mit Denises Tod zu tun.«
»Wie kommst du jetzt darauf?«, fragt er leise. Sein Gesicht ist sehr blass. Unter den Augen zeichnen sich bläuliche Schatten ab.
»Weil die Stelle, an der ich wieder zu mir kam, nicht weit von der Stelle entfernt ist, an der sie Denise gefunden haben. Sie lag dort in meiner Nähe. Ich hatte sie bloß wegen des dichten Schilfgrases nicht gesehen. Ich werde morgen zur Polizei gehen und alles erzählen.«
Frederik ist mit einem Mal vor ihr und fasst sie an den Schultern. Kleine Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Er schaut ihr fest in die Augen.
»Das wirst du nicht tun, hörst du?«
»Ich muss es tun! Sie verdächtigen Niklas! Ich muss ihnen sagen, dass ich auf deiner Party war und dass danach Denise und ich irgendwie zusammengekommen sein müssen. Du musst ihnen sagen, an welche Partygäste du dich erinnerst. Ich werde ihnen eh sagen, dass Oliver dort war, damit sie alle befragen und herausfinden können, wie ich von dort in den Park gekommen bin. Bitte, Frederik!«
Er schüttelt den Kopf. »Sie werden nichts anderes herausfinden als das, was ich dir gesagt habe, nur dass die einen Riesenwirbel machen werden. Nachbarschaft befragen. Haus durchsuchen. Weißt du, was das für meine Eltern heißt? Mein Vater ist in der Politik, da braucht er eine strahlend weiße Weste. Ich bin von meiner letzten Schule geflogen, weil mich einer wegen der Kifferei verraten hat und wenn jetzt wieder Polizei nach Hause zu mir käme, würden meine Eltern endgültig ausflippen.«
»Was würden sie dann tun? Du bist doch achtzehn. Nichts könnten sie dir dann verbieten!«
»Ja, ich bin achtzehn. Trotzdem haben sie mich im Griff. Sie würden mir das Auto wegnehmen und mich rausschmeißen. Dann könnte ich mir in irgend so einem Asiblock eine Mansarde mieten und alle würden mich deswegen fertigmachen. Willst du das?«
Leonie starrt zerknirscht vor sich hin. Sie kennt die Sprüche. Hey Freddy, warst du gestern Abend zu Hause? In unserem Müllcontainer hat Licht gebrannt.
Frederiks Ton wird sanfter, als er weiterredet: »Und alles wegen nichts und wieder nichts. Die Party hat mit Denises Tod und deinem komischen Filmriss nichts zu tun, und ich kann dich wirklich nur bitten, mich nicht zu verraten!« Er sieht sie zärtlich lächelnd an und zieht sie in seine Arme. »Bitte!«, wiederholt er noch einmal und macht eine Schnute. Leonie schaut an seinem Gesicht vorbei in den vorbeiziehenden Himmel. In Frederiks Armen zu liegen und das Gefühl zu haben, dass die Welt sich um sie dreht, ist berauschend schön. Das ist es wert, denkt sie. Sie lächelt ihn an und nickt.
Leonie hat in der folgenden Nacht kaum Schlaf gefunden. Immer wieder hat sie in Gedanken durchgespielt, wie alles gewesen sein könnte, welche Hinweise es für welche Variante gibt und wie es weitergehen soll. Auch hat sie gegenüber Niklas ein bleischweres Gewissen. Sie ist überzeugt davon, dass sie an seiner momentanen Situation mitschuldig ist. Wenn sie der Polizei mitgeteilt hätte, dass ihr Ähnliches widerfahren ist wie Denise, dass sie mit Denises blutigem T-Shirt am Leib zu sich gekommen war, würden sie vermutlich von der Vorstellung abrücken, dass Niklas über Denise hergefallen ist. Wenn sie jedoch zur Polizei ginge und das aussagte, würde auch das mit der Party herauskommen, oder?
Die Zimmertür öffnet sich einen Spalt. »Leo?« Mama steht im Zimmer. »Leo! Steh auf, du kommst zu spät!« Die Vorhänge werden aufgezogen. Leonie setzt sich blinzelnd auf. Mama sitzt schon an der Bettkante und streicht ihr die verschwitzten Haare aus der Stirn. »Geht es dir nicht gut?«, flüstert sie. So viel Mitgefühl lässt in Leonie sofort Tränen
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