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Blinder Rausch - Thriller

Blinder Rausch - Thriller

Titel: Blinder Rausch - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Anwalt anrücken. – Wir machen jetzt erst einmal ein Kaffeepäuschen und dann müssen wir uns sehr klug überlegen, wie wir den Jungen im Beisein seines Anwalts befragen.«
    Anja Wiesner nickt. »Vielleicht wäre es gar nicht so dumm, wenn ich mich vorher mit Leonie treffe.«
    »An der Kleinen hast du anscheinend einen Narren gefressen?«, grinst Lindemann.
    Seine Kollegin lächelt bestätigend. »Sie erinnert mich an meine kleine Schwester. Die ist auch so impulsiv und hat schon so manchen Mist gebaut, aus dem man sie retten musste.«
    »Vorsicht!«, warnt Lindemann, »nicht so viel persönliche Betroffenheit! Das kann den professionellen Blick verstellen!« Er erhebt sich, um damit den Beginn der vorgeschlagenen Pause einzuleiten, als das Telefon läutet. Er packt das Gerät und bellt in seiner üblichen Manier »Lindemann. Ich höre!« Dann lauscht er eine Weile schweigend. Seine Gesichtszüge verfinstern sich und die Farbe seiner faltigen Haut wirkt noch eine Spur grauer. Ungewohnt behutsam legt er das Telefon an seinen Platz zurück. Er bohrt die Fäuste in seine engen Hosentaschen und schaut über den Schreibtisch hinweg zum Fenster hinaus. Auch Anja Wiesners Gesicht ist sehr ernst geworden. Sie kennt die Körpersprache ihres Kollegen inzwischen gut. Daher fragt sie nicht, sondern wartet geduldig ab, bis er endlich spricht. Er schaut einem großen, schwarzen Vogel zu, der in der Grünanlage auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf einem Ast herumklettert. Ab und an streckt er seine dunklen Flügel aus, um die Balance zu halten. »Das war eben das Krankenhaus«, sagt er leise. »Der Junge ist vor einer halben Stunde seinen Verletzungen erlegen.« Lindemann schaut noch immer aus dem Fenster. Anja Wiesner folgt seinem Blick. Der schwarze Vogel erhebt sich und gleitet mit ausgebreiteten Schwingen davon. »Jetzt ist es Mord – zumindest Totschlag«, konstatiert der Kommissar und sieht dem Vogel hinterher.

    Die letzten beiden Schulstunden haben sie Kunst bei einer Referendarin, die alles ein bisschen lockerer sieht. Die Schüler reden miteinander, laufen im Klassenraum herum und begutachten gegenseitig ihre Werke. Irgendwo dazwischen befindet sich die junge Lehrerin. Hanna und Leonie sitzen wie üblich nebeneinander. »Weißt du, was das Schlimmste ist?«, fragt Leonie. Hanna schaut von ihrer Arbeit auf und blickt der Freundin fragend in die Augen. Leonie redet weiter: »Das Schlimmste ist, dass Niklas und ich gestern ganz in der Nähe waren.« »Wo in der Nähe?«, fragt Hanna. »Von dieser Fabrik, in der das mit Benny passiert ist. Marcel und Jens sollen ihn übelst zusammengeschlagen haben und Niklas und ich standen draußen vor der Fabrik und haben nichts davon mitgekriegt. Eigentlich wollte Niklas sogar hineingehen. Zum Glück hat er das nicht gemacht, denn wer weiß, was ihm dann passiert wäre. Oder die Polizei hätte am Ende wieder ihn verdächtigt.«
    »Habt ihr denn gar nichts gehört und gesehen?«, fragt Hanna.
    Leonie schüttelt den Kopf. »Weder etwas von Benny noch von Jens oder Marcel.« »Aber da hätte man doch etwas hören müssen. Ich meine, Benny hat doch sicher geschrien und die beiden anderen werden auch herumgebrüllt haben, wenn sie sich mit ihm gestritten haben. Die gehen doch nicht einfach still aufeinander zu und schlagen dann los.«
    Leonie schiebt nachdenklich die Unterlippe vor. Hanna hat recht, es ist kaum zu glauben, dass man nichts hatte hören können. So weit standen sie und Niklas nicht entfernt. Die Fensterscheiben der Fabrikhalle waren teilweise zerbrochen. Man hätte etwas hören müssen. Leonie erinnert sich nur an die Stille. Totenstille. Sie schluckt. »Wieso wart ihr beiden überhaupt dort?«, fragt Hanna.
    »Benny hatte Niklas dort hinbestellt und ich war ihm gefolgt«, erklärt Leonie.
    »Warum hat Benny sich mit Niklas treffen wollen?«
    »Er wollte ihm etwas geben.«
    »Etwas, das 250 Euro gekostet hat?« Leonie nickt. Sercan hat Hanna also davon erzählt. So vertraut sind die beiden schon miteinander, dass er mit ihr die Geheimnisse seines besten Freundes teilt.
    »Hast du Niklas den ganzen Abend im Blick gehabt?«, fragt Hanna.
    »Nein, ich bin erst in der Nähe der Fabrik wieder auf ihn getroffen. Wir hatten uns zufälligerweise dasselbe Versteck ausgesucht. Wieso fragst du das so komisch?« Hanna schaut Leonie mit ernstem Blick an. Dann erklärt sie: »Sercan hat Angst, dass es Niklas war, der sich mit Benny geprügelt hat und dass Jens und Marcel

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