Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
abgewandt. Ihr Bauch war flach, ein ungewohnter Anblick. Als sie die Tür leise ins Schloss fallen hörte, drehte sie den Kopf.
Sie sah ihn an. Und er erkannte, dass sie wusste, was er getan hatte.
Er trat zum Bett. Der Weg dorthin erschien ihm endlos lang. Er, der sonst nie um Worte verlegen war, wusste plötzlich nicht, was er sagen sollte. Stumm stand er vor ihr.
»Als du nicht nach Hause gekommen bist und dich nicht gemeldet hast, habe ich auf dem Revier angerufen. Ich habe dem Mann am Telefon erzählt, es handle sich um einen Notfall und dass ich dich dringend erreichen müsste. Du würdest verdeckt ermitteln, hat er gemeint, aber er würde die Nachricht an dich weiterleiten und dafür sorgen, dass du mich anrufst. Aber du hast dich nicht gemeldet. Also habe ich es noch mal versucht. Inzwischen war ich schon halb verrückt vor Sorge. Der Mann meinte, er hätte dich nicht erreichen können, aber es liege jedenfalls keine Meldung vor, dass du verletzt oder gar getötet worden wärst, falls mich das trösten würde.« Ihre Stimme klang ausdruckslos, ihr Blick war leer. »Du hast mit ihr geschlafen, oder? Um diesen Kerl zu schnappen, hast du mit seiner Freundin geschlafen.«
Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie geweint oder ihn angeschrien hätte. Er wünschte, sie würde die Hand heben und ihm eine schallende Ohrfeige verpassen. Mit ihrer Wut könnte er umgehen. Doch ihr beherrschter Zorn war zu viel für ihn. Er machte ihm Angst.
Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch sein Kopf war immer noch wie leer gefegt. Er dachte nicht einmal daran, es abzustreiten. Er würde seinen Verrat nicht auch noch mit einer Lüge krönen und damit Salz in ihre Wunden streuen. Außerdem wäre es ohnehin sinnlos.
»Ich will, dass du ausgezogen bist, bevor ich mit dem Baby nach Hause komme.«
Panik erfasste ihn. »Caroline …«
»Ich meine es ernst. Ich will, dass du verschwindest. Aus meinem Leben. Aus unserem Leben. Du wirst nichts mehr mit uns zu tun haben, Dodge. Nie wieder.«
»Aber du kannst nicht …«
»Oh doch, ich kann. Und ich werde .«
»Ich …«
»Du hast alles kaputt gemacht.«
»Ich habe eine Riesendummheit begangen.«
»Nenne es, wie du willst. Was du mir angetan hast, ist schlimmer als alles, was Roger Campton je getan hat.«
Die Worte bohrten sich wie ein Speer durch sein Herz. »Wie kannst du so etwas sagen?«
»Wie konntest du so etwas tun?« Ihre Stimme brach. »Wie konntest du so etwas tun?«, wiederholte sie, wobei sie jede einzelne Silbe betonte.
Genau dieselbe Frage stellte er sich ebenfalls. Er hatte keine Entschuldigung vorzubringen, aus dem einfachen Grund, weil es keine gab.
Sie wandte den Kopf ab. »Du siehst mich heute zum letzten Mal, Dodge. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Unsere Tochter wird dich niemals kennenlernen und du sie genauso wenig. Viel Spaß bei deiner Karriere als Detective. Genieße dein Leben. Und jetzt verschwinde.«
Geschlagene zwei Minuten lang stand er an ihrem Bett, doch sie weigerte sich, ihn anzusehen. Schließlich verließ er das Zimmer und das Krankenhaus, weil es grausam gewesen wäre, eine Frau zu quälen, die gerade erst ein Kind zur Welt gebracht hatte. Er wollte keine Szene machen und Caroline vor dem Krankenhauspersonal und all den anderen jungen Müttern blamieren, deren Partner an ihrer Seite gewesen waren, als ihre Kinder das Licht der Welt erblickt hatten.
Er ging hinaus, wo er sich prompt mit dem Krankenhausparkplatz-Nazi anlegte, der ihn bezichtigte, sich fälschlicherweise als Polizist ausgegeben zu haben. Da er keine Dienstmarke trug, solange er sich in Crystals und Albrights Nähe aufhielt, konnte er dem Idioten das Gegenteil nicht beweisen. Also schob er ihn beiseite und zeigte ihm den Stinkefinger. »Verklag mich doch«, schnauzte er ihn an, stieg ein und schoss davon, während der Kerl hinter ihm wetterte und drohte, ihn anzuzeigen.
Er fuhr nach Hause, zog das verschmutzte Laken ab und bezog das Bett neu. Dann saugte er das Wohnzimmer, leerte sämtliche Mülleimer und schrubbte das Badezimmer, bis die Fliesen glänzten. Und währenddessen grübelte er darüber nach, wie er Carolines Gunst zurückgewinnen könnte.
Am Tag ihrer Entlassung aus der Klinik stellte er ihr Blumen ans Bett. Und auch ins Kinderzimmer. Rosafarbene. Er würde den Kühlschrank und die Vorratskammer mit Carolines Lieblingsspeisen bestücken. Er würde ihr jeden Abend Schokolade aufs Kopfkissen legen. Er würde mit ihr aufstehen, wann immer das
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