Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
offenbar ähnlich, denn auch sie war auffallend gedämpfter Stimmung gewesen, als sie vor dem Gerichtsgebäude eingestiegen war. Sie hatte auf der ganzen Fahrt kaum ein Wort gesprochen.
Er folgte ihnen ins Haus und die Treppe hinauf zur Galerie, wo die beiden Frauen in eine Richtung und er in die andere davongingen. Er betrat das Badezimmer, in dem die Tragödie ihren Lauf genommen hatte, stellte sich unter die Dusche und schlug sogar die Bettdecke zurück. Doch er fand keine Ruhe. Er musste sich vergewissern, dass mit Berry alles in Ordnung war. Also zog er sich frische Sachen an und ging nach unten, um auf Caroline zu warten.
Fast eine Stunde lang saß er im dunklen Wohnzimmer, bis er ihre leisen Schritte auf der Treppe hörte. Sie bemerkte ihn nicht, sondern ging in ihr Zimmer.
Nach ein paar Minuten klopfte er leise an ihre Tür. »Ich bin’s.«
Sie machte auf. Er sah ihr an, dass sie bereits die nächste Katastrophe vermutete. »Was ist jetzt schon wieder passiert?«
»Gar nichts. Ich wollte nur hören, ob mit Berry alles in Ordnung ist, bevor ich mich hinlege. Sie sah ziemlich mitgenommen aus.«
Caroline bedeutete ihm, hereinzukommen, und schloss die Tür. Er sah sich um. Das Zimmer verströmte eine unübersehbar feminine Atmosphäre, ohne jedoch kitschig oder überladen zu wirken. Am Kopfende des schmiedeeisernen Bettes türmten sich zahllose Zierkissen, an den drei Fenstern hingen Vorhänge, deren Stoff sich üppig bauschte, und der zarte Gelbton an den Wänden sah genauso aus wie der, in dem er vor all den Jahren Berrys Kinderzimmer gestrichen hatte. Ansonsten war fast alles weiß im Raum, auch der Frotteebademantel, den Caroline sich um den schlanken Körper geschlungen hatte.
»Berry ist völlig erschöpft«, sagte sie. »Und durcheinander.«
»Hoffentlich nicht wegen Starks. Er bekommt, was er verdient; das heißt, sofern er nicht friedlich einschläft, denn das wäre definitiv keine gerechte Strafe für ihn.«
»So grausam es klingen mag, aber das sehe ich genauso. Dieser Mann quält Berry sogar jetzt noch, wo er im Sterben liegt. Sie gibt sich die Schuld an allem, was passiert ist.«
»Soll ich dir sagen, wie ich darüber denke?«, meinte Dodge. »Wenn du mich fragst, hat Starks sie nach allen Regeln der Kunst benutzt. Er hat dafür gesorgt, dass er ihr leidtut.«
»Allerdings«, bestätigte Caroline. »Dieser Kerl manipuliert andere Menschen wie kein anderer.«
Dodge trat ans Fenster und blickte auf den hinteren Teil des Grundstücks mit dem Wäldchen, dem Pool, der Terrasse und dem See dahinter. Der Ausblick war wunderschön. Der Mond glitzerte auf dem Wasser, das leise plätschernd gegen das Ufer schlug. Die Reservedeputys waren inzwischen zurückgepfiffen worden, und das hübsche Fleckchen Land hatte zu seiner gewohnten stillen Friedlichkeit zurückgefunden.
»Ich kapiere immer noch nicht, wieso er in diesen verdammten Sumpf gelaufen ist. Ski genauso wenig«, sagte er.
»Das werden wir wohl nie erfahren. Ich bin nur froh, dass ihr ihn geschnappt habt.«
»Ich werde wohl erst endgültig Ruhe finden, wenn er unter der Erde liegt«, erklärte Dodge mit Nachdruck.
Er blickte ein letztes Mal auf das Grundstück hinaus und wandte sich zu Caroline um, die auf der Bettkante saß. Er zögerte. »Berry und ich haben uns unterhalten«, sagte er, trat zu einem Lehnsessel und nahm Platz. »Bei einem Cheeseburger, während du und Ski euch mit Mercury herumgeschlagen habt.«
»Sie weiß Bescheid.«
»Nicht erst seit heute, vermute ich.«
»Und was hast du ihr erzählt?«
»Alles. Die ganze hässliche Wahrheit.«
»Das hättest du nicht zu tun brauchen, Dodge.«
»Doch. Nicht für sie, sondern für mich. Es war mir wichtig, dass sie alles erfährt.«
»Wieso?«
»Erstens, damit sie nie auf die Idee kommen kann, dir die Schuld an unserer Trennung zu geben. Nicht dass sie das jemals tun würde, aber ich wollte absolut sicher sein. Zweitens sollte alles, was sie für mich empfindet, auf knallharten Tatsachen beruhen und nicht auf irgendeiner romantischen Daddy-Fantasie. Ich habe damit zwar riskiert, dass sie mich ablehnt, aber vielleicht erkennt sie auch meinen Wunsch nach Wiedergutmachung, indem ich gar nicht erst versuche, mich besser darzustellen, als ich in Wahrheit war. Besser gesagt, bin . Ich hoffe, sie erkennt zumindest an, dass ich ehrlich bin.«
»Das wird sie ganz bestimmt tun. Sie war immer ein fairer Mensch, außerdem ist sie nicht nachtragend. Und sie mag dich. Sie findet dich
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