Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
die ihm den Weg vertrat.
»Hi, Marvin.«
»Hi. Entschuldigung, aber ich hab’s eilig.«
»Ich habe eine Nachricht von Crystal an Sie.«
Er blieb abrupt stehen.
Die Frau drückte ihm einen Zettel in die Hand. »Sie sollen sie unter dieser Nummer anrufen.«
»Geht es ihr gut?«
Die Frau antwortete nicht. Entweder sie wusste es tatsächlich nicht, oder sie wollte es ihm nur nicht sagen. »So schnell wie möglich, hat sie gesagt.«
»Okay. Danke.«
Er fuhr zur nächsten Telefonzelle. Crystal hob beim zweiten Läuten ab. »Hallo«, sagte sie mit leiser, zögernder Stimme.
»Hi, hier ist Marvin, geht es dir gut?«, fragte er.
Beim Klang seiner Stimme brach sie in Tränen aus. »Nein, nein, mir geht’s überhaupt nicht gut. Ich habe solche Angst.«
Dodge beruhigte und tröstete sie, bis sie endlich mit der Sprache herausrückte. Sie hatte Albright verlassen, erklärte sie.
»Ich bin geflohen, das trifft es wohl eher«, schluchzte sie. »Er ist … er ist …«
»Wo steckst du?«
Zwanzig Minuten später klopfte er an die Tür ihres Motelzimmers und warf einen Blick über die Schulter. Er konnte nur hoffen, dass Albright nicht in diesem Moment auf seinen Hinterkopf zielte.
Crystal bot einen erbarmungswürdigen Anblick. Ihr Gesicht war fleckig und verquollen vom Weinen, und sie war völlig durcheinander. Dodge setzte sich neben sie auf die Bettkante und hielt sie im Arm, bis ihr Zittern allmählich nachließ. Er strich ihr das tränenfeuchte Haar aus dem Gesicht und drängte sie, ihm alles zu erzählen.
»Ich kann dir erst helfen, wenn ich weiß, was passiert ist.« Doch vorher musste er herausfinden, was mit Albright war – ob er Angst haben musste, dass der Kerl ein weiteres Mal hereinplatzen und versuchen würde, seine Drohung wahrzumachen und Dodge die Kehle aufzuschlitzen. »Weiß er, dass du ihn verlassen hast?«
»Inzwischen schon, vermute ich«, stieß sie schluchzend hervor. »Er ist aus dem Haus gegangen und hat gemeint, er würde erst in ein paar Stunden zurückkommen, aber ich traue ihm nicht. Nicht nach allem, was neulich Abend passiert ist. Sobald er weg war, habe ich mir ein Taxi gerufen. Ich habe nur das Allernötigste eingepackt. Ich hatte solche Angst, dass er zurückkommt und mich erwischt, bevor ich verschwinden kann.«
»Und du hast keinen Zettel dagelassen oder sonst etwas, woraus er schließen könnte, wo du bist?«
»Nein! Ich habe ihn verlassen, und zwar endgültig. Ich gehe nicht mehr zurück. Oh Marvin, wenn er mich findet, bringt er mich um!«
»Nein, das wird er nicht. Weil ich es nicht zulassen werde.«
Sie klammerte sich an ihn. Sie hätte keine Ahnung, was sie ohne seine Freundschaft und seinen Schutz tun würde, sagte sie und küsste ihn aus reiner Dankbarkeit auf den Mund.
»Hör zu, Crystal«, entgegnete er und löste sich aus ihrer Umarmung. »Gibt es noch andere Gründe, weshalb du vor Franklin Angst haben müsstest?«
Sie blickte ihn aus tränennassen Augen an. »Was meinst du damit?«
Er zwang sich, einen Gang runterzuschalten, um sie nicht zu verschrecken. »Keine Ahnung … plant er vielleicht seinen nächsten Coup?«
Sie wandte den Blick ab. »Kann sein. Ich glaube, er führt irgendetwas im Schilde.«
»Großer Gott.«
»Er hat in letzter Zeit ständig telefoniert. Mit seinem Cousin in Mexiko. Erinnerst du dich? Der, von dem ich dir erzählt habe.«
Dodge nickte. Sein Puls raste.
»Ich glaube, die beiden haben irgendwas vor.« Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Und ich habe schreckliche Angst, dass die Polizei glauben könnte, ich sei ihre Komplizin.« Sie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. »Meine Eltern haben mich noch vor ihm gewarnt. Wieso habe ich nur nicht auf sie gehört?«
»Vielleicht solltest du ja zur Polizei gehen.«
Sie hob den Kopf und sah ihn erschrocken an.
»Na ja«, fuhr er fort und drückte ihre Hand. »Wenn du ihnen einen Tipp gibst, was Franklin vorhat, wissen die, dass du nicht in der Sache mit drinsteckst. Verstehst du?«
Während der nächsten halben Stunde versuchte er, aus ihr herauszukitzeln, was Franklin vorhatte, doch es gelang ihm nicht, irgendetwas Handfestes in Erfahrung zu bringen. Wieder und wieder kamen ihr die Tränen, während sie jammerte und den Tag verteufelte, an dem sie sich mit Franklin Albright eingelassen hatte. Wieso hatte sie nicht mehr Glück haben und Marvin schon früher kennenlernen können? Mit ihm wären ihre Eltern ganz bestimmt einverstanden gewesen. Und sie
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