Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
Baby Hunger hatte. Er würde sich um alles kümmern, würde ihr den Rücken massieren, wenn er schmerzte. Er würde dem Baby Plüschtiere und hübsche Rüschenkleidchen kaufen, die Caroline zwar als überkandidelt abtun, insgeheim aber heiß und innig lieben würde. Er würde alles für sie tun, absolut alles, wenn sie nur ihre Meinung änderte.
Er musste ein Teil ihres Lebens sein, sonst wäre sein eigenes Dasein keinen Pfifferling mehr wert. So einfach war das. Er musste sie dazu bringen, ihren Entschluss rückgängig zu machen. Aber vorher musste er beweisen, dass er es verdient hatte.
Als er alles im Haus so perfekt arrangiert hatte, wie er nur konnte, duschte er, rasierte sich, zog sich an und fuhr zur Einsatzzentrale des Sonderkommandos. Nur ein einzelner Beamter war dort. Er telefonierte. Bei seinem Anblick legte er auf. »Wo warst du? Wieso hast du nicht auf deinen Pieper reagiert?«
»Ich …«
»Ist sowieso schon egal. Er hat heute Morgen um acht Uhr sieben eine Bank überfallen. Gleich nachdem man aufgesperrt hatte.«
»Großer Gott. Das ist völlig unmöglich. Crystal hat gesagt, am Fünfundzwanzigsten. Offenbar hat Albright …«
»Albright? Vergiss Albright. Ein beschissener Pharmamanager ist unser Mann. Keine Vorstrafen. Wir hätten den Kerl nie im Leben finden können. Nicht in einer Million Jahren. Ist das zu fassen?«
26
D odge kam zum Ende seiner Schilderung.
»Dieser Pharmatyp hielt sich für schlauer als alle anderen. Die erste Bank hat er aus reinem Jux ausgeraubt, nur weil er sehen wollte, ob es funktioniert. Und dann hat er es ein zweites Mal versucht. Und noch mal. Es sei wie eine Sucht gewesen, meinte er. Ich schätze, den jungen Wachmann zu erschießen, hat ihm einen besonderen Kick verpasst. Ich frage mich, wie es gewesen sein mag, im Todestrakt zu sitzen. Inzwischen ist er bestimmt längst hingerichtet worden, es sei denn, man hat ihn begnadigt. Nach meinem Umzug nach Atlanta habe ich den Fall nicht weiterverfolgt.« Er verlagerte sein Gewicht auf der Kunstlederbank und senkte die Stimme. »Aber für dich ist dieser Teil der Geschichte wahrscheinlich am uninteressantesten.«
Berry hatte ihm fast eine Stunde lang gelauscht, ohne ein Wort zu sagen. Sie räusperte sich und nahm einen Schluck aus ihrem Wasserglas, das Grace nachgeschenkt hatte, ohne dass es ihr aufgefallen war. »Was ist aus Franklin Albright geworden?«
»Das ATF hat ihn und seinen vermeintlichen Cousin bei einem lukrativen Deal mit Automatikwaffen geschnappt. Sie haben sie an Drogenkartelle jenseits der Grenze verkauft.«
»Und Crystal?«
Dodge seufzte und schüttelte reumütig den Kopf. »Ich schätze, irgendwann dämmerte ihr, dass Marvin nicht zurückkommt und sie rettet. Ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.«
»Du hast sie also nie wiedergesehen?«
»Nein. Marvin ist endgültig aus ihrem Leben verschwunden.«
Berry zögerte. »Und Mutter?«, fragte sie mit leiser Stimme.
»Ich hatte es nicht geschafft, all meine Versprechen einzuhalten. Also habe ich getan, was sie verlangt hat, und bin ausgezogen, bevor sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Letzten Samstag habe ich sie das erste Mal wiedergesehen. Und dich auch.« Er musterte sie. »Du hast zwar immer noch rotes Haar, aber deine Nase ist nicht mehr so platt gedrückt.«
Sie erwiderte sein wehmütiges Lächeln. Während der vergangenen Stunde hatte sie eine ganze Bandbreite an Gefühlen durchlebt – Neugier, Wut und aufrichtiges Mitgefühl –, ohne zu wissen, welches davon am Ende die Oberhand gewinnen würde. Stattdessen hatte sie einfach dagesessen, ihm gelauscht und gewartet, während sie nacheinander aufflackerten und wieder verebbten.
»Die Sondereinheit wurde aufgelöst«, sagte sie.
»Ja.«
»Und du wurdest zum Detective befördert.«
»Nein. Mein Ruf innerhalb des HPD war im Eimer. Für die einen war ich eine Witzfigur, für die anderen hatte ich den Fall schlicht und einfach gegen die Wand gefahren. Ich wurde in einen anderen Bezirk versetzt und bekam einen neuen Partner zugeteilt. Ehrlich gesagt sogar mehrere, weil ich sie alle mies behandelt habe und keiner mehr mit mir zusammenarbeiten wollte. Ich fing an, meinen Job zu vernachlässigen. Miese Arbeitsmoral, kein Respekt vor meinen Vorgesetzten, das Übliche eben.« Er tätschelte seine Brusttasche. »Ich fing an zu rauchen, weil ich irgendetwas brauchte, woran ich mich abreagieren konnte. Ich musste mich beschäftigen und den Schmerz betäuben, weil ich Caroline und
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