Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
seinen starken Schultern bereitwillig zur Stelle. Und vermutlich auch mit einem beachtlichen Schwanz.
Sollte der Deputy ihr allerdings jemals wehtun und er erfuhr davon, würde er zurückkommen und ihn eigenhändig umbringen.
Sein Telefon läutete zum x-ten Mal. »Wieso gibt dieses verdammte Weib nicht endlich auf?«
Doch dann stellte er fest, dass das Dereks Nummer auf dem Display war. Er hatte es schon früher am Morgen versucht. Beim ersten Mal war Dodge nicht an den Apparat gegangen, aber jetzt beschloss er, dass er es ebenso gut hinter sich bringen konnte. Er riss sein Telefon aus der Halterung am Gürtel. »Ja?«, bellte er.
»Dodge?«
»Wieso fragst du das? Du wolltest doch mich anrufen, oder etwa nicht?«
Derek lachte. »Dir auch einen schönen guten Tag.«
»Tag.«
»Wie geht es dir? Alles in Ordnung?«
»Wieso sollte es mir nicht gut gehen?«
»Julie und ich haben uns Sorgen gemacht. Du sagtest doch, du würdest anrufen. Hast du aber nicht.«
»Ich hatte eine Menge zu tun.«
»Wie läuft’s da unten?«
»Gut.«
»Wieso klingst du dann so sauer?«
»Weil ich höchstwahrscheinlich eine Strafe aufgebrummt kriege, weil ich in meinem Mietwagen geraucht habe.«
»Völlig zu Recht.«
»Das ist Diskriminierung. Ich werde einen guten Anwalt brauchen, der mich da rausboxt. Allerdings kenne ich leider keinen.«
»Ah, wieder mal ein Schlag unter die Gürtellinie. Das bedeutet, es geht dir gut, und du bist wegen irgendetwas sauer. Was ist los?«
»Gar nichts. Ich bin praktisch auf dem Rückweg.«
»So schnell?«
»Heute Abend noch. Oder morgen früh. Kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Vielleicht bleibe ich noch einen Abend hier und gehe zur Abwechslung mal anständig mexikanisch essen. Was in Atlanta ja schlicht unmöglich ist.«
»Dieses Problem, weswegen du hingeflogen bist, ist also gelöst?«
»Ja.«
»Gut. Sehr gut. Moment.« Er hörte jemanden im Hintergrund flüstern. »Julie will wissen, wie deine Tochter so ist.«
»Nett.«
»Also hast du sie getroffen.«
»Ja.«
»Und es lief gut?«
»Ja.«
»Wie ist sie so?«
»Wie ihre Mutter.«
»Ist das gut oder schlecht?«
»Hör mal, Anwalt, du verbrauchst mein Telefonguthaben. Kriege ich das erstattet?«
»Komm schon, Dodge, rede mit mir.«
»Ich dachte, dass ich das die ganze Zeit schon tue.«
»Wenn es ein Problem gibt und du Hilfe brauchen solltest …«
»Es gibt kein Problem, und die einzige Hilfe, die ich von dir brauche, ist ein Zuschuss zu meiner Telefonrechnung.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung. »Hör auf mit dem Unsinn und erzähl mir endlich, was los ist«, sagte Derek.
»Da gibt es nichts zu erzählen.«
»Das fällt mir schwer zu glauben.«
»Verklag mich doch.«
»Du hast erzählt, deine Tochter stecke in Schwierigkeiten. Eine Polizeiangelegenheit.«
»Du hast ein beeindruckendes Gedächtnis, Anwalt. Hat dir das schon mal einer gesagt?«
»Ist die Angelegenheit mit der Polizei geklärt?«
»Ja. Größtenteils zumindest.«
»Größtenteils?«
»Ja. Der Täter ist tot und sie in Sicherheit.«
»Wieso bist du dann nicht zufrieden?«
»Wer sagt, dass ich es nicht bin?«
»Du klingst nicht so.«
Einen Moment lang war er versucht, Derek alles zu erzählen und zu hören, was er davon hielt. Er schätzte Dereks Meinung sehr, auch wenn er es bis zu seinem letzten Atemzug leugnen würde. Doch das hätte bedeutet, dass er ihm die traurige Geschichte seines Lebens erzählen müsste, bei der er alles andere als gut wegkam. Er wollte auf keinen Fall Dereks und Julies Achtung verspielen, auch wenn sie ohnehin nicht besonders groß sein konnte. Und was seine Befürchtungen im Hinblick auf die »Polizeiangelegenheit« betraf, konnte er nur sagen, dass sie unbegründet, diffus und zumindest für den Augenblick irrelevant waren.
»Passiert in deinem Leben so wenig, dass du dir von mir ein bisschen Drama leihen musst?«, fragte er verdrossen.
Derek seufzte. »Komm gut zurück.«
Sie beendeten das Gespräch. Dodge war viel zu aufgebracht, um weiterzufahren, außerdem brauchte er dringend eine Zigarette, also fuhr er an den Straßenrand und zündete sich eine an. Er stand an einem Scheidepunkt. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Vor ihm teilte sich der Freeway – über die Abzweigung nach rechts würde er zum Flughafen gelangen, von wo am selben Abend bestimmt noch eine Maschine nach Atlanta abging, während ihn am Ende der linken Abzweigung ein höchstwahrscheinlich fruchtloses Unterfangen
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