Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
und Dodge sind gerade gekommen.«
Berry warf einen Blick durchs Küchenfenster auf den Garten hinter dem Haus, wo der Ermittler vor einer knappen Stunde mit der Erklärung verschwunden war, er gehe eine Zigarette rauchen, bevor er sich die Beziehung zwischen Ben und ihr erklären lassen wolle. »Wie das?«
»Keine Ahnung. Jedenfalls sitzen beide im Wohnzimmer, und Deputy Nyland hat zugegeben, dass er den ganzen Tag noch nichts gegessen hat. Wir müssen ihm etwas anbieten. Das ist das Mindeste, was wir tun können.«
» Das Mindeste, was wir tun können ? Mutter, dieser Mann hasst mich.«
»Sei nicht albern. Und bitte bring die Kanne mit dem Eistee auch gleich mit herein.«
Ihre Mutter verschwand mit Besteck, einem Tischset und einer Serviette ins Wohnzimmer.
Berry blickte auf den Behälter in ihrer Hand, der sich ebenso surreal anfühlte wie alles andere, was in den vergangenen vierundzwanzig Stunden um sie herum vor sich gegangen war.
Ein Akt der Gewalt, der alles übertraf, was sie je erlebt hatte.
Eine Ermittlung, die eigentümlich und beängstigend anmutete.
Ein Deputy Sheriff, der keinen Hehl aus seiner Skepsis gegenüber jedem Wort machte, das über ihre Lippen kam.
Ein Privatermittler, dessen Anwesenheit sie sich nicht recht erklären konnte.
Sie beförderte den Behälter in die Mikrowelle und stellte die Uhrzeit ein. Während sie zusah, wie die Sekunden verstrichen, dachte sie über die Entscheidung ihrer Mutter nach, Dodge Hanleys Dienste in Anspruch zu nehmen – eines Mannes, der, gelinde gesagt, ziemlich viele Ecken und Kanten zu haben schien. Er war das krasse Gegenteil von Carolines restlichem Freundes- und Bekanntenkreis, der sich vorwiegend aus reichen Geschäftsmännern, Bankern, Anwälten und Ärzten zusammensetzte, allesamt kultivierte und gebildete Männer vom Schlag ihres Vaters.
Noch erstaunlicher war, dass ihre Mutter – eine Lady, wie sie im Buche stand – sich nicht im Mindesten an Dodges Derbheiten zu stoßen schien; eine Tatsache, die Berry mit großer Sorge erfüllte. Es gab nur eine Erklärung, weshalb Caroline so viel Nachsicht mit seiner Grobklotzigkeit zeigte: Sie hatte das Gefühl, als würden sie ihn brauchen. Er war genau die Sorte Mann, die man hinter sich wissen wollte, wenn es hart auf hart kam. Und genau das schien ihre Mutter zu erwarten.
Nicht anders sie selbst. Oren würde nicht einfach aufgeben, so viel stand fest. Seine Besessenheit hatte ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt, und sie hatte die vergangenen beiden Monate mit dem Versuch zugebracht, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. Aber gestern Abend war ihre Welt erneut aus den Fugen und komplett außer Kontrolle geraten. Und im Moment deutete nichts darauf hin, dass sie es in absehbarer Zeit wieder in den Griff bekam.
Aber sie musste es schaffen. Sie häufte eine Portion Spaghetti auf einen Teller und gab zwei Scheiben Knoblauchbrot dazu. Dann stellte sie den Teller und den Eisteekrug auf das Tablett und trug alles ins Esszimmer, wo die anderen mittlerweile um den Tisch saßen. Ihre Mutter hatte ein Tischset vor Deputy Nyland gelegt, der sich erhob, als Berry eintrat.
»Ich hoffe, ich habe Ihnen keine Umstände bereitet.«
»Nein. Keine Umstände.« Sie stellte alles vor ihm ab. Erst als sie sich gesetzt hatte, nahm er wieder Platz.
Reglos saß er vor seinem Teller. »Bitte, lassen Sie es doch nicht kalt werden«, sagte ihre Mutter. Erst jetzt legte er sich die Serviette auf den Schoß, griff nach der Gabel und fing an zu essen.
Dieser Mann besaß eine unglaubliche Präsenz. Er schien geradezu überlebensgroß, und nicht nur aufgrund seiner beeindruckenden Statur; nein, auch seine Aura hatte etwas Übermächtiges. Berry war sich jeder seiner Bewegungen, jedes Blinzelns seiner grauen Augen überdeutlich bewusst. Seine Gegenwart raubte ihr den Atem. Allerdings schien sie die Einzige am Tisch zu sein, der es so ging.
Während Ski seine Spaghetti verputzte, erzählte Dodge den beiden Frauen – mit Skis Erlaubnis –, dass Oren offenbar ein gutes Stück vom Haus entfernt an der Straße geparkt und nach der Tat die Toilette im Angelladen aufgesucht hatte.
»Das heißt, ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich mir sein Nummernschild nicht gemerkt habe«, erklärte Berry.
»Das war völlig unmöglich«, sagte ihre Mutter.
Dodge erkundigte sich, ob Oren jemals einen Toyota gefahren hatte.
»Keine Ahnung. Ich habe nie auf seinen Wagen geachtet.«
»Sie sind also nie mit
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