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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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ob ich es ohne dich geschafft hätte.«
    Gooch hatte sich der Friteuse zugewandt und tippte mit dem Finger auf die Temperaturanzeige, als wäre seine größte Sorge auf der Welt, dass die angezeigte Temperatur nicht stimmte.
    »Aber, Hank, du hast da Sachen gesagt … Das Telefon hat immer wieder ausgesetzt und ich bin nicht sicher, ob du bestimmte Sachen gesagt hast – ob ich sie richtig verstanden habe. Oder …«
    Gooch wandte ihr immer noch den Rücken zu.
    »Kannst du dich umdrehen und mich ansehen, Hank?« Me-Chelle fühlte sich ganz komisch. Aber sie fand, dass sie es trotzdem aussprechen müsste. Sie musste es einfach sagen.
    Gooch wandte sich um und blickte sie an. Mit seinen blassblauen Augen schien er, wie immer durch sie hindurchzusehen.
    Plötzlich war sie wütend. »Musst du mich so ansehen?«
    »Wie?«
    Als gäbe es mich gar nicht. »Ach, vergiss es!«
    Er schaute aber nicht weg oder wandte ihr den Rücken zu. Was er hätte tun können. Er schien einfach nur abzuwarten.
    »Hast du jemals an mich gedacht, nachdem du in Rente gegangen bist?«, fragte sie.
    »An dich gedacht? «
    »Oder hast du mich einfach vergessen?«
    Keine Antwort. Nur die blassen, leeren Augen. Und doch … da war etwas. Eine Trauer. Das überraschte sie.
    »Ich weiß nicht.« Sie zuckte mit den Achseln und sah weg. »Ich hatte bloß das Gefühl, als wir am Telefon … irgendwie war das anders. Zwischen uns, meine ich. Als hätten wir uns Neuland erobert …« Ihre Stimme versandete.
    Gooch schaute sie einen Augenblick an, zog eine Augenbraue hoch, als wollte er sagen: Und? Dann wandte er sich wieder dem Hühnchen zu und stupste es noch einmal an. »Glaubst du, es ist durch?«
    Männer, dachte MeChelle. Mit manchen Leuten kann man einfach nicht reden. Und sie wusste nicht mal, ob sie noch wollte. Sie stand da und schaute ihm über die Schulter. Die Hühnchenteile knisterten und blubberten im Fett. »Vielleicht noch ein paar Minuten«, sagte sie.
    Blödmann, dachte sie.
    Blöder, gefühlloser Blödmann.

65
    MeChelle war davon ausgegangen, Lane Priest würde für sie richtig auffahren. Eine derart reiche Frau konnte sich doch sicher einen eigenen Koch leisten und den roten Teppich ausrollen. Sie rechnete mit Hummer und Kristallgläsern, vielleicht einem Gläschen Champagner oder so. Was Festliches.
    Stattdessen gab es Truthahnaufschnitt und Scheibenkäse auf Scheibenbrot mit French’s Senf. Die Cola war die Hausmarke. Nicht mal Coke oder Pepsi. Sie hätte es ihnen auch gleich zum Mitnehmen in die Hand drücken können.
    Lane Priest saß in einem hochlehnigen Sessel auf ihrem makellosen Patio und aß sorgfältig, nach jedem Bissen wischte sie sich den Mund. Sie trug ein einfaches grünes Kleid, gut geschnitten, das ihre perfekte weiße Haut in Szene setzte. Gooch schien sich nicht weiter für Lane Priest zu interessieren. Er aß laut, grunzte und schmatzte und griff quer über den Tisch nach irgendwelchen Sachen. Sagte aber nichts.
    MeChelle erschien die ganze Angelegenheit surreal. Lane Priest wirkte absolut ruhig, völlig in ihrer Mitte, als wäre in ihrem Leben überhaupt nichts Wichtiges vorgefallen.
    »Das muss ein Schock gewesen sein«, sagte MeChelle schließlich, »herauszufinden, dass der Mann, mit dem Sie verheiratet waren, für den Tod Ihrer Mutter verantwortlich war.«
    Lane Priests Gesicht blieb regungslos. »Am Tag vor unserer Hochzeit hat Nathan mir gesagt, dass er glaube, Joe stecke dahinter«, sagte sie schließlich. »Er schien davon sehr überzeugt zu sein. Ich dachte natürlich, das wäre eine von Nathans üblichen Nummern. Ein letzter verzweifelter Versuch, das Geld in die Finger zu kriegen.«
    »Sie hatten also nie einen Verdacht?«, fragte MeChelle.
    Lane kaute, wischte sich den Mund, legte ihre Papierserviette in ihren Schoß. »Nein«, sagte sie schließlich.
    »Das klingt, als würden sie es selbst nicht ganz glauben«, sagte MeChelle.
    Es folgte eine lange Pause. Schließlich sagte Lane: »Ich versuche immer noch, das alles zu begreifen. Er war wohl ein furchtbarer, korrupter Mann. Ich wusste« – sie machte wieder eine Pause –, »ich wusste, dass etwas an ihm … nicht stimmte. Aber er hat es gut verborgen. Ich habe eine Weile gebraucht, um es zu bemerken. Joe war ein Schauspieler. Das wusste man vom ersten Augenblick an. Aber lange Zeit schien mir das unwichtig. ›Oh, jetzt führt Joe wieder seine Nummer auf.‹« Sie lächelte einen Augenblick ohne Wärme. »Aber schließlich wurde mir klar, dass er

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