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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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nicht in das Parkhaus kam, also blieb Gooch im Feuerwehr-Halteverbot vor der Tür stehen. Es gab ein Foyer mit einer Reihe Briefkästen links, die Namen der Bewohner standen auf kleinen Messingschildchen.
    FERGUS/SWEET. 301.
    Gooch probierte die Eingangstür. Sie war offen, also ging er hinein, dann zwei Stockwerke hoch. Der Junge keuchte ganz schön, um auch nur mitzuhalten.
    »Du bist halb so alt wie ich; du solltest nicht außer Atem geraten, wenn du zwei Stockwerke Treppen gehst«, sagte Gooch.
    »Ja, Sir. Ich habe mir vor ein paar Monaten ein Laufband gekauft, aber ich finde einfach nicht die Zeit bei all dem …«
    Gooch hob eine Hand vor die Lippen. »Was habe ich gesagt?«
    »Tut mir leid, Sir!«
    Sie gingen den Flur entlang, fanden 301. Auf einem kleinen Messingschild stand NICHT KLOPFEN. KLINGELN. Gooch drückte auf den Knopf.
    Nach einer Minute kam eine Stimme aus einem kleinen Lautsprecher neben der Tür. »Ja?«
    »Detectives Gooch und Floss, APD. Wir müssen ein paar Minuten mit Ihnen reden.«
    »Und dabei geht es worum?« Selbst durch den kleinen Lautsprecher klang die Stimme groß und mächtig. Es war die Stimme eines Senators oder Generals in einem Film.
    »Eine Mordermittlung.«
    Es folgte eine lange Pause, dann öffnete sich die Tür mit einem Klicken. Es war unmöglich, das Gesicht auf der anderen Seite der Tür auszumachen, denn es war stockdunkel drinnen.
    »Sie haben eine Marke, nehme ich an? Keinen Ausweis. Eine Marke.«
    Gooch hatte recht gehabt mit der Entscheidung, die halbe Stunde in der Personalabteilung zu verbringen, um sich eine Marke und einen Ausweis ausstellen zu lassen. Er reichte seine Marke hinein. Er konnte sehen, wie eine blasse Hand die Marke sorgfältig betastete, die Finger krochen über die metallene Oberfläche wie eine riesige Spinne. Schließlich öffnete der Mann die Tür vollständig. Mittelgroß, kahl rasierter Kopf.
    »Ich muss vorsichtig sein«, sagte der Mann und streckte ihm die Marke hin. »Die Leute könnten alles mit mir tun, wenn ich nicht vorsichtig bin.«
    Er winkte Gooch und Cody in die Dunkelheit hinein.
    »Ein bisschen düster«, sagte Gooch. »Haben Sie gerade ein Nickerchen gemacht?«
    »Ich bin blind«, sagte der Mann. »Licht bringt mir nichts.«
    Blind. Noch einer.
    Das war eine interessante Entwicklung.
    Der Mann streckte den Arm aus und drückte auf einen Schalter. Es wurde heller im Zimmer – wenn auch nicht sonderlich. Eine nackte Vierzig-Watt-Birne hing von der Decke, und sie konnte kaum bis in die Ecken des dunklen Zimmers strahlen. An einer Seite des Raumes befand sich eine Menge Elektrokram. Die Wände sahen eigenartig aus, dreidimensional, verbeult. Das Zimmer wirkte wie eine Höhle, als hätte man sie aus dem Fels gemeißelt.
    »Was ist das für Zeug an den Wänden?«, fragte Gooch.
    »Schallisolierung«, sagte der Mann. »Setzen Sie sich doch.«
    Er deutete auf eine schwarze Couch am anderen Ende des Zimmers.
    Als Gooch und Floss saßen, bemerkte Gooch, wie still es im Zimmer war. »Hier könnte man wahrscheinlich schreien wie ein Verrückter, und niemand würde es hören.«
    »Ich bin ein professioneller Sprecher«, sagte der Mann mit seiner mächtigen, entschlossenen Stimme. »Das hier ist mein Studio. Es muss isoliert sein.« Sein tatsächliches Auftreten wirkte ganz anders als seine Stimme. Er war Anfang vierzig und trug komplett Schwarz. Obwohl er muskulös war und ein markantes Gesicht hatte, schien er nicht besonders viel Platz zu beanspruchen. Fast, als wäre irgendetwas an ihm eingeschrumpft. Seine Augen waren braun und sahen ganz normal aus – abgesehen von der Tatsache, dass sie ins Nichts blickten. Es war schwer zu sagen, woran es lag, aber irgendwas an ihm war Gooch unangenehm. Nicht die Tatsache, dass er blind war. Etwas anderes.
    Der Mann setzte sich auf einen Bürostuhl mit Rollen, legte seine Hände flach auf die Oberschenkel und wartete, schaute ins Nichts.
    »Wer ist Sweet?«, fragte Gooch.
    »Wie bitte?«
    »Auf der Klingel unten steht Fergus/Sweet. Wer ist Sweet?«
    »Austin. Austin Sweet.« Pause. »Das ist mein Freund.«
    War es das, was Gooch so unangenehm war – dass der Typ irgendwie schwul wirkte? Vielleicht. »Wie lange sind Sie schon blind, Mr Fergus?«
    »Sie machen Konversation, Detective … Gooch, oder?«
    »Das konnte ich noch nie besonders gut.«
    »Brauche ich einen Anwalt oder so?«
    »Haben Sie jemals jemand umgebracht?«
    »Nein.«
    »Dann wäre das nur Geldverschwendung.«
    »Bestens. Sehen Sie,

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