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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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seltensten Fällen jemand an den Tag, das stimmt.«
    »Wer veralbert jetzt wen?«, fragte Gooch.
    »Ich wollte Sie nur auf die Tatsache aufmerksam machen, dass sie die Landei-Tour ein bisschen dick auftragen. Sie sind ganz offensichtlich ein kluger Mann. Das kann selbst ein Blinder sehen.« Ein unheimliches, verdrehtes Grinsen tauchte auf und verschwand wieder. »Um Ihre Frage zu beantworten, meine Stimme ist mein Instrument. Ich kann damit spielen, wie es mir beliebt. Warum sollte ich schlecht spielen?«
    »Machen Sie auch Parodien? Dorftrottel, Imbissbesitzer, solche Sachen?«
    »Nicht beruflich.«
    »Wie lange arbeiten Sie bereits in diesem Bereich?«
    »Seit ich mit der Uni fertig bin.«
    »Uni?«
    »Ja, Blinde gehen auch zur Uni, Detective. Ich habe 1984 meinen Abschluss an der Emory University gemacht. Und wo haben Sie studiert?«
    »Afghanistan.«
    »Touché.«
    »Haben Sie jemals eine Polizistin namens MeChelle Deakes kennengelernt?«
    »Kommt mir nicht bekannt vor. Sie ist doch nicht etwa eines meiner Opfer, oder? Meiner angeblichen Opfer, meine ich.«
    Der Typ begann Gooch zu nerven. »MeChelle Deakes ist eine Freundin von mir. Sie ist verschwunden und höchstwahrscheinlich in größter Gefahr. Wenn Sie noch einen einzigen Witz über sie reißen, dann haue ich Ihnen eine in Ihre blinde Fresse.«
    Es folgte ein kurzes Schweigen. Schließlich sagte Fergus: »Tut mir leid. Kann ich noch etwas für Sie tun?«
    Gooch fiel nicht wirklich etwas ein. »Wie funktioniert das eigentlich?«, fragte er, nur um Zeit zu schinden. »Sie nehmen hier auf und schicken das Band dann an die Leute bei den Werbeagenturen?«
    »Ich habe eine Breitbandverbindung. Ich synchronisiere mich mit Anlagen in Studios in der ganzen Welt. In New York, L.A., London. Wo auch immer. Der Produzent, der Toningenieur, der Produktmanager, der Kunde – sie sitzen alle irgendwo und sprechen mit mir, als wäre ich auf der anderen Seite des Glases in ihrem Studio. Sie können hören, wenn ich mich an der Nase kratze. Und umgekehrt. Wenn wir erst einmal in Verbindung stehen, könnte ich genauso gut im selben Raum sein. Ich werde direkt auf ihren Geräten aufgenommen.«
    »Sind Sie also ein Elektronikexperte?«
    »Um mein Studio in Schuss zu halten, muss ich das sein. Diese Ausrüstung ist hochmodern. Ich löte keine Drähte zusammen, aber ich muss auch niemand um Hilfe bitten, um ein Mikrofonkabel einzustecken, das kann ich Ihnen versichern.«
    Gooch verstand nicht viel von Tonaufnahmen, aber da stand eine ganze Menge schwarzer Metallkisten herum, mit einer ganzen Menge Knöpfchen und einer ganzen Menge blinkender Lämpchen. Es hätte ihn nicht überrascht, zu erfahren, dass der Typ dafür hundert Riesen hingelegt hatte.
    »Tja«, sagte Fergus, »falls Sie nicht noch ein Kleenex nach mir werfen wollen, um festzustellen, ob ich meinen Zustand nur vortäusche, muss ich mich jetzt wirklich an die Arbeit machen.«
    »Woher wissen Sie, dass es ein Kleenex war?«, fragte Gooch.
    »Ich habe es Sie aus der Schachtel ziehen hören.« Der Blinde rollte zügig mit seinem Stuhl rückwärts in Richtung der Aufnahmekonsole an der anderen Wandseite, er drehte Gooch und Floss den Rücken zu, drückte auf ein paar Tasten, drehte an ein paar Knöpfen, dann zog er ein großes Studiomikro in einer komplizierten, frei schwingenden Halterung herunter.
    »Test, eins, zwei«, sagte er. Seine Stimme war plötzlich voller Energie und Strahlkraft, die in seinem Gespräch mit Gooch gefehlt hatten. Es war schwer, genau zu sagen, was jetzt anders war – aber irgendetwas war anders. Die Ich-bin-ein-frustrierter-kleiner-Homo-Aura war verschwunden. Plötzlich klang er riesengroß und maskulin. Aber es war mehr als das. Es war eine Präsenz, er projizierte sich durch seine Stimme. Toller Trick, egal, wie er ging. Das wäre eine nützliche Sache bei einem Verhör, wenn man das könnte.
    »Geben Sie Unterricht?«, fragte Gooch.
    »In was?« Die Finger des Blinden tanzten über die Knöpfchen und Tasten am Mischpult vor sich, die Fingerspitzen flitzten voran, sie ertasteten ihren Weg wie Spinnen.
    »Wie man das macht, was Sie gerade mit Ihrer Stimme geschafft haben?«
    »Was habe ich denn geschafft?« – »Irgendwie haben Sie das Licht angeschaltet.«
    »Ah.« Der Blinde zuckte mit den Achseln. Er wandte ihnen immer noch den Rücken zu. »Das ist bloß Bauchatmen. Und, nein, ich gebe keinen Unterricht. Wer was kann, tut’s. Wer nichts kann, unterrichtet.«
    »Mmm«, sagte

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