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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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ihn.
    Dann würde sie ja wohl ziemlich schnell rausbekommen, was er draufhatte.
    Vor ihr: Quietsch!
    Sie sprang.
    Die Schmerzmauer.
    Halt die Flasche fest! Zieh sie an dich ran! Ganz dicht an den Bauch!
    Dann lag sie wieder auf dem Boden. Diesmal war es nicht so schlimm. Schlimm, aber nicht so schlimm, dass sie das Bewusstsein verlor.
    Sie lag eine Weile da und lauschte. Sie wollte das wirklich nicht noch einmal erleben. Ihre Bauchmuskeln bestanden nur noch aus Schmerzen. In ihrem Kopf tauchten eine Million Gründe auf, einfach bloß liegen zu bleiben. Vielleicht bekam sie einen Herzanfall? Vielleicht …
    Komm schon! Komm schon! Lass ihm nicht so viel Zeit!
    Sie stemmte sich hoch. Ein Bein wollte nicht mehr so ganz.
    Diesmal hörte sie ihn vor sich Atem holen. Okay. Immerhin brachte sie ihn zum Keuchen. Sie versuchte, sich in Richtung des Geräusches zu werfen, aber verpasste ihn und knallte mit dem Kopf gegen die Stahltür.
    »Findest du das lustig?«, fragte sie. »Na? Wir werden ja sehen, wer zuletzt lacht, wenn ich dir den Hals durchschneide.«
    Sie griff wieder an. Ihre Beine wurden stärker. Aber im Grunde war es nur der Wille, der sie jetzt antrieb. Sie wusste, viel mehr davon konnte sie nicht aushalten.
    Die Schmerzmauer.
    Diesmal war es schwerer, aufzustehen. Trotzdem war die Ladung schwächer geworden. Er hatte sich richtig Zeit gelassen. Hatte sie bestimmt zwanzig Sekunden zucken lassen, aber sie konnte tatsächlich spüren, wie das Surren in ihrer Brust sich schwächte.
    Die Nadeln sausten leise surrend durch die Luft zurück in das Gerät.
    Sie wollte aufstehen, sackte auf die Knie.
    »Du würdest mich nicht auf den Boden kriegen, wenn du es allein versuchst«, sagte sie. Ihre Stimme klang komisch – hohl und verwaschen, als hätte sie eine ganze Flasche Wein getrunken. »Du bist schwach. Du bist gar nichts.«
    Sie stemmte sich hoch, schließlich kam sie auf die Füße. Die Ketchupflasche fiel ihr aus der Hand. Da hörte sie, wie er sich bewegte. Er kam auf sie zu. Wollte er ihr die Ketchupflasche wegnehmen? Ihre einzige Waffe?
    Sie trat so fest zu, wie sie konnte, traf aber nichts, nur Luft. Er war gerade rechtzeitig zurückgezuckt. Sie beugte sich herunter, um nach der Flasche zu greifen.
    Die Schmerzmauer.
    Bloß … war es diesmal eher eine Brummmauer – ein unangenehmes, kratzendes Zittern in ihrer Brust.
    Sie stürzte, rollte sich eng zusammen, zog die Taser-Nadeln raus, drückte den Ketchupflaschenhals an ihre Brust. Sie zuckte immer weiter, so, als funktionierte das Elektroschockgerät noch prima. Aber in Wahrheit hielt sie die Taser-Nadeln aneinander und verursachte einen Kurzschluss, was der Batterie noch mehr Ladung entzog. Sie konnte es in der Handfläche knistern und zischen hören.
    Schließlich nahm er den Finger vom Abzug, und das Knistern endete.
    Er riss ihr die Drähte aus der Hand. Sie horchte auf das Zischen der Drähte, als diese in den Taser eingezogen wurden, achtete auf die Richtung, versuchte herauszukriegen, wo er stand. Wie nah.
    Sie lag eine Weile da und sammelte Kraft.
    »Nicht noch einmal«, murmelte sie. »Bitte.«
    Sie hoffte, dass er etwas sagen würde, ein wenig angeben, irgendetwas.
    Aber da war bloß Stille. Sie stemmte sich hoch, die Mühe dafür musste sie nicht einmal spielen. Sie fühlte sich wirklich, als hätte ein Laster sie überfahren. Ihr Atem kam schwer und abgehackt, ihr Herzschlag donnerte in ihren Ohren.
    »Bitte.« Sie taumelte in Richtung des letzten Geräusches, das sie gehört hatte. Ihre Hand berührte Stoff.
    Sie packte den Stoff und zerrte daran. Er fiel in ihre Richtung. Sie rammte den Ketchupflaschenhals in ihn hinein. Sie spürte das Nachgeben menschlichen Fleisches.
    »Hm? Ja?«, sagte sie und drehte die Flasche, sie hörte das Glas in seinem Fleisch brechen.
    Er knurrte. Das war das einzige Geräusch, das er von sich gab. Dann ein Einschlag in ihre Brust. Das Knistern von Elektrizität.
    Die Ketchupflasche flog ihr aus der Hand, und sie ging zu Boden.
    In der Ferne. Ein Geräusch. Klingeln. Telefonklingeln.
    Sie krabbelte darauf zu, sie erwartete, dass er sie angriff. Aber stattdessen hörte sie nur ein Quietschen auf dem Boden, als er sich von ihr entfernte.
    Das Telefon klingelte wieder. Sie tastete danach. Glattes Plastik unter ihren Fingern. Sie griff danach. Oh nein! Es fiel klappernd zu Boden. Sie fummelte wild auf dem Boden herum.
    »Hallo!«, rief sie. Zumindest glaubte sie, das zu tun. Aber in Wahrheit funktionierte ihr Mund

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