Blindes Vertrauen
Kleinstadt mit etwa fünfzehntausend Einwohnern. Wegen der Nähe zum Landsitz des Präsidenten waren die Einheimischen daran gewöhnt, daà Autokolonnen durch ihre ruhigen Alleen fuhren.
Gray hielt diskret Abstand. Er war einen StraÃenblock hinter der Kolonne, als sie vor der Notaufnahme des Krankenhauses vorfuhr.
Barrie sah zu Gray hinüber. »Warum ist Vanessa nicht mit einem Hubschrauber abtransportiert worden, wenn sie dringend ins Krankenhaus mu�«
Bevor Gray eine Vermutung äuÃern konnte, sahen sie George Allan hinten aus dem Krankenwagen steigen. Der Arzt wirkte nervös und erschöpft. Er hatte die Ãrmel hochgekrempelt, und die Haare standen ihm zu Berge, als hätte er mit beiden Händen darin gewühlt. Unter seiner Aufsicht hoben die Sanitäter eine fahrbare Krankentrage aus dem Wagen.
Auf der Krankentrage war eine mit einem weiÃen Laken verhüllte Gestalt festgeschnallt.
»O Gott, nein!« rief Barrie aus.
Die Sanitäter schoben die Krankentrage auf die Glastür zu, die sich automatisch vor ihnen öffnete. Die beiden Männer aus dem Dienstwagen stiegen aus und folgten der Krankentrage mit ernsten Gesichtern, als sie in die Notaufnahme gerollt wurde.
Dr. George Allan, der zurückgeblieben war, muÃte sich auf dem Gehsteig übergeben.
21. Kapitel
Als Clete Armbrusters Telefon ihn aus tiefem Schlaf klingelte, drehte er sich im Bett um und warf einen Blick auf seinen Wecker. »Verdammt!« Ein Anruf um diese Zeit konnte nur irgendeinen Notfall bedeuten. »Ja?«
»Senator Armbruster?«
Da er die knappe, präzise Stimme eines seiner Mitarbeiter erwartet hatte, war er nicht auf die sanfte, leicht heisere Frauenstimme gefaÃt, die eher fürs Bett als für die Ãbermittlung schlechter Nachrichten geeignet war. Verrückterweise versetzte ihn das in Panik. Obwohl es schon ziemlich lange her war, daà er die Dienste eines Callgirls in Anspruch genommen hatte, schoà Armbruster als erster Gedanke durch den Kopf, eine seiner früheren Gespielinnen sei angewiesen worden, allen ehemaligen Kunden mitzuteilen, sie sei von einem lebensbedrohenden Virus befallen.
»Wer sind Sie?«
»Barrie Travis. Vanessas Freundin. Die Journalistin.«
Der Senator schlug gereizt die Decke zurück, schob seine stämmigen Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Daà Barrie Travis sich als Vanessas Freundin ausgab, war reichlich anmaÃend. Noch anmaÃender fand er jedoch, daà sie sich als Journalistin bezeichnete. Er wuÃte wirklich nicht, warum Vanessa ihr neulich dieses Interview gewährt hatte.
»Was wollen Sie?«
»Ich muà mit Ihnen reden. Es geht um Vanessa.«
»Wissen Sie, wie spät es ist? Wo haben Sie überhaupt meine Privatnummer her? Und haben meine Mitarbeiter Ihnen nicht
erklärt, daà ich nicht daran denke, mit Reportern über meine Tochter zu sprechen?«
»Mir gehtâs nicht um eine Story, Sir.«
»Sie halten mich wohl für einen Idioten! Gute Nacht.«
»Senator! Bitte legen Sie nicht auf!«
Die Besorgnis in ihrem Tonfall lieà Armbruster zögern. Er nahm sein schnurloses Telefon ins Bad mit, stellte sich vors WC und erleichterte sich. »Was gibtâs diesmal? Schon wieder eine Explosion?«
»Ich muà Sie unbedingt sprechen.«
»Wozu?«
»Das kann ich Ihnen nur persönlich sagen.«
Er lachte vor sich hin, während er die Spülung betätigte. »Ich kann die Spannung kaum noch ertragen.«
»Ich versichere Ihnen, Senator Armbruster, dies ist kein Journalistentrick und erst recht nichts, was man belächeln oder leichthin abtun dürfte. Glauben Sie mir bitte, wenn ich sage, daà die Sache äuÃerst wichtig ist. Sind Sie bereit, sich mit mir zu treffen?«
Er rieb sich die Stirn. »Ach, du lieber Gott. Ich werdâs vermutlich bereuen, aber rufen Sie morgen mein Büro an und lassen Sie sich einen Termin geben.«
»Sie haben mich miÃverstanden. Ich muà Sie sofort sprechen. Jetzt gleich.«
»Jetzt? Hören Sie, es ist mitten in der Nacht!«
»Bitte, Senator. Ich bin in einem Schnellimbià in Shinlin, Ecke Lincoln Street und Paulâs Meadow Road. Ich warte dort auf Sie.«
Sie hängte ein und lieà den Senator laut fluchend in seinem Schlafzimmer zurück. Er knallte das Telefon auf die Ladestation, setzte sich auf die Bettkante und schenkte sich einen Schluck
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