Blindlings
Großwildjagd geschaffen worden, und alles, was den Schädel eines Büffels zerschmettern kann, wirkt auch auf einen Motorblock nicht gerade wohltuend. Ich jagte eine weitere Kugel hinterher in der Hoffnung, den Jeep damit endgültig außer Gefecht zu setzen. Dann zog ich mich geduckt zurück.
Beim Land-Rover angekommen, sagte ich zu Elin: »Es ist ein prima Gewehr.«
Sie sah mich nervös an. »Ich dachte, ich hätte einen Schrei gehört.«
»Ich habe niemand umgebracht«, verteidigte ich mich.
»Aber mit diesem Jeep werden sie nicht mehr weit kommen.
Wir verdrücken uns besser. Jetzt kannst du mal zur Abwechslung fahren.« Plötzlich war ich sehr müde.
Sechstes Kapitel
1
Wir verließen das Öbyggdir und gelangten auf die Hauptstraße.
Selbst wenn es Kennikin gelingen sollte, uns zu folgen, so konnten wir ihn jetzt wahrscheinlich abhängen, denn hier begann eines der Hauptsiedlungsgebiete und ein Straßennetz, das schwerer im Auge zu behalten war als die wenigen Pisten im Öbyggdir. Elin fuhr, während ich mich entspannte, und sobald wir auf richtigen Straßen waren, konnten wir das Tempo beschleunigen. »Wohin?« fragte sie.
»Ich möchte dieses Fahrzeug irgendwie verschwinden lassen. Es ist zu auffällig. Hast du eine Idee?« »Du mußt morgen abend in Geysir sein«, sagte sie. »Ich habe Freunde in Laugarvatn - du erinnerst dich doch sicher an Gunnar.«
»Hattest du nicht etwas mit ihm, bevor wir uns kennenlernten?«
Sie lächelte.»Nichts Ernsthaftes. Wir sind gute Freunde geblieben. Außerdem ist er jetzt verheiratet.« Für viele Männer bedeutet Heirat keineswegs automatisch das Ende der Jagdzeit, aber ich beließ es dabei. Ein mehr oder minder zivilisierter Schlagabtausch mit Elins Exfreund war einem tödlichen Rencontre mit Kennikin in jedem Fall vorzuziehen.
»Na schön«, murmelte ich. »Auf nach Laugarvatn.« Wir schwiegen eine Weile, dann fügte ich hinzu: »Danke für das, was du getan hast, als ich auf dem Búdarháls war. Es war völlig verrückt, aber es hat geholfen.« »Ich dachte, damit könnte ich die Aufmerksamkeit der Leute auf mich lenken«, erklärte sie. »Jedenfalls hat es meine für eine Minute abgelenkt. War dir klar, daß dich jemand die ganze Zeit über durch das Zielfernrohr eines Gewehrs beobachtet hat und dabei den Finger am Abzug hatte?«
»Mir war ziemlich mulmig zumute«, gestand sie und schauderte unwillkürlich. »Was ist eigentlich dort oben passiert?«
»Ich habe zwei Burschen die Köpfe zurechtgesetzt. Einer wird wahrscheinlich im Krankenhaus in Keflavik landen.«
Sie sah mich scharf an. »Keflavik?« »Ja. Amerikaner.« Ich berichtete ihr von Fleet, McCarthy und dem wartenden Helikopter. »Ich habe mir schon die ganze Zeit über den Kopf zerbrochen, um mir einen Vers auf die Sache zu machen.
Leider ohne Erfolg.« Sie grübelte eine Weile vor sich hin.
»Aber das ist irgendwie nicht logisch«, wandte sie ein.
»Warum sollten die Amerikaner mit den Russen zusammenarbeiten? Bist du ganz sicher, daß es wirklich Amerikaner waren?« »Amerikanischer geht’s schon gar nicht mehr - jedenfalls Fleet. Mit McCarthy habe ich kein Wort gewechselt.« »Vielleicht sind sie Sympathisanten«, meinte Elin. »Oder was man bei uns ›fellow travellers‹
nennt.« Ich nahm Fleets Ausweis heraus, der ihn dazu berechtigte, die unter Geheimschutz stehenden Teile der Luftbasis von Keflavik aufzusuchen. »Wenn sie getarnte Überläufer sind, dann kann man den Amis nur zur Vorsicht raten - in ihrem Mobiliar sitzt der Holzwurm.« Ich besah mir den Ausweis und dachte an den Helikopter. »Das ist so ziemlich das Absurdeste, was ich je gehört habe.«
»Was für eine Erklärung gibt es sonst?« Der Gedanke, daß ein Nest kommunistischer Sympathisanten in Keflavik etabliert war und auch noch von einer Minute auf die andere über einen Marine-Helikopter verfügte, war wirklich grotesk. »Ich bezweifle, daß Kennikin in Keflavik angerufen und gesagt hat:
›Hört mal, Jungens, ich bin hinter einem britischen Spion her und brauche eure Hilfe. Könnt ihr einen Helikopter und einen Scharfschützen lockermachen, der ihn aufhält?‹ Aber es gibt jemanden, der das tun könnte.« – »Wen?« »In Washington sitzt ein gewisser Helms, der kann einen Telefonhörer abnehmen und bestimmen: ›Admiral, da treffen demnächst zwei Burschen in Keflavik ein. Stellen Sie ihnen einen Helikopter und die erforderliche Besatzung zur Verfügung. Und fragen Sie nicht weiter, wozu und warum.‹ Und der
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