Blindlings
verachtet sie im allgemeinen. Ich stopfte die Munitionsschachteln in meine Jackentaschen, die durch das enorme Gewicht sofort nach unten gezogen wurden. Dann steckte ich Joes Pistole in den Hosenbund, nachdem ich sie entladen hatte. Ich wollte nicht zu meinem eigenen Kennikin werden. Sicherungen sind nicht besonders zuverlässig, und eine Menge Männer haben sich und ihre Frauen um wesentliche gemeinsame Freuden gebracht, weil sie sich wie gewisse Revolverhelden auf dem Fernsehschirm verhielten. Dann schaute ich nach Joe und stellte fest, daß er noch immer schlief. Seinem Paß zufolge hieß er nicht Joe, sondern Patrick Aloysius McCarthy. Ich betrachtete ihn nachdenklich. Eigentlich sah er eher italienisch als irisch aus. Wahrscheinlich waren alle Namen falsch, genau wie Buchner, der nicht Graham war, sondern in Wirklichkeit Philips hieß.
McCarthy trug zwei volle Reservemagazine für die Smith & Wesson bei sich, die ich konfiszierte. Dieses Unternehmen brachte mir allmählich ein ganz beachtliches Waffenarsenal ein. Ich begann mit einem kleinen Messer und hatte es schon zu einem erstklassigen Gewehr gebracht. Das alles innerhalb einer Woche war gar nicht schlecht. Als nächstes war eigentlich eine Maschinenpistole oder auch ein ausgewachsenes Maschinengewehr fällig. Wie lange würde ich wohl brauchen, um an ein Vernichtungsinstrument größeren Ausmaßes zu kommen, wie zum Beispiel eine Atlas-Rakete.
McCarthy hatte irgendwohin gehen wollen, bevor ich ihn ins Land der Träume geschickt hatte. Offenbar hatte er vorher versucht, über das Funksprechgerät mit jemandem Kontakt aufzunehmen, aber da das Gerät nicht funktionierte, hatte er sich entschlossen, zu Fuß zu dem Betreffenden zu gehen. Ich starrte zum höchsten Punkt des Bergrückens hinauf und beschloß, einen Blick über die nächste Anhöhe zu werfen. Das war eine Klettertour von rund zweihundert Metern. Als ich den Kopf vorsichtig über die Spitze streckte, stockte mir der Atem.
Der gelbe US-Marine-Helikopter parkte in ungefähr vierhundert Meter Entfernung. Zwei Besatzungsmitglieder und ein Zivilist saßen davor und unterhielten sich in aller Ruhe. Ich setzte Fleets Gewehr an die Schulter und spähte durch das auf Maximalvergrößerung eingestellte Zielfernrohr. Die beiden Besatzungsmitglieder waren unwichtig, aber möglicherweise kannte ich den Zivilisten. Ich hatte ihn jedoch noch nie gesehen und prägte mir sein Gesicht ein. Einen Augenblick lang war ich versucht, sie mit Hilfe des Gewehrs ein bißchen aufzuscheuchen, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder.
Es war besser, mich unbemerkt zu verdrücken, denn ich legte keinen Wert darauf, diesen Helikopter für den Rest des Wegs auf den Fersen zu haben. Ich zog mich vorsichtig zurück und kletterte den Berg hinab. Da ich eine ganze Weile weggewesen war, würde Elin sich noch mehr Sorgen machen als vorher, sofern das überhaupt noch möglich war. Aus halber Höhe hielt ich nach Kennikin Ausschau. Da war er auch schon. Durch das Zielfernrohr sah ich in weiter Ferne einen schwarzen Punkt, der den Weg entlanggekrochen kam. Der Jeep mußte meiner Schätzung nach noch fünf bis sechs Kilometer entfernt sein. Da die Strecke sehr schlammig war, rechnete ich mir aus, daß der Wagen allenfalls im Fünfzehnkilometertempo vorankam. Das ließ uns etwa eine Viertelstunde Zeit. Ich rannte den Abhang hinunter.
Elin kauerte immer noch in der Felsspalte, kam jedoch sofort heraus, als ich sie rief. Sie umarmte mich heftig, so als wollte sie sich vergewissern, daß ich auch wirklich heil und ganz sei.
Dabei lachte und weinte sie zugleich. Ich machte mich von ihr los. »Kennikin ist uns auf den Fersen. Wir müssen weg.«
Ich packte sie am Arm und setzte mich in Trab, aber sie riß sich los. »Die Kaffeekanne!«
»Zum Teufel damit!« Frauen sind doch komische Geschöpfe. Weiß der Himmel, dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, an häusliche Sparsamkeit zu denken. Wieder griff ich nach ihrem Arm und zerrte sie weiter. Kurz darauf ließ ich den Motor an, und wir rasten ohne Rücksicht auf Sicherheit oder Bequemlichkeit den Weg entlang, wobei ich nur noch entscheiden konnte, welche Schlaglöcher ich den Vorderrädern zumuten konnte und welche nicht. Entscheidungen, Entscheidungen, nichts als verdammte Entscheidungen - und wenn ich nur einen Fehler machte, blieben wir mit gebrochener Achse auf der Strecke oder im Dreck stecken, und das wäre das Ende vom Lied gewesen.
In einem Wahnsinnstempo legten wir den Weg zum
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