Blindlings
Admiral erwidert: ›Ja, Sir, ja, Sir. Selbstverständlich, Sir.‹« Helms ist nämlich der Boß des CIA.«
»Aber wozu denn das Ganze?«
»Verdammt, wenn ich’s nur wüßte«, fluchte ich vor mich hin. »Aber mir scheint das erheblich wahrscheinlicher als die Vorstellung, daß Keflavik von russischen Agenten wimmelt.«
Ich dachte an meine ebenso kurze wie unbefriedigende Unterhaltung mit dem Scharfschützen. »Fleet behauptete, er habe den Befehl erhalten, uns im Tal unten festzunageln, bis jemand – vermutlich Kennikin – eintreffen würde. Er bestritt, je den Namen Kennikin gehört zu haben. Er sagte auch, unmittelbar nach Kennikins Eintreffen sei sein Auftrag beendet und er könne sich verdrücken. Es gibt allerdings noch eine Frage, die ich ihm hätte stellen sollen.« »Und die wäre?«
»Ob er die Anweisung hatte, sich Kennikin zu erkennen zu geben, oder ob ihm das ausdrücklich untersagt worden ist. Ich würde viel darum geben, wenn ich das wüßte.«
»Bist du denn so sicher, daß wir von den Russen gejagt werden? Ich meine, bist du ganz sicher, daß es wirklich Kennikin war?«
»Dieses Gesicht kann ich nicht vergessen«, anwortete ich.
»Und da hinten am Tungnaä habe ich einen Haufen russischer Flüche gehört.«
Man sah förmlich, wie sich ein Räderwerk in Elins Kopf in Bewegung setzte, während sie angestrengt überlegte. »Hör mal, was wäre, wenn Cooke ebenfalls hinter uns herjagte und die Amerikaner um Beistand gebeten hätte und wenn er dabei übersehen hätte, daß uns Kennikin bereits dichter auf den Fersen sitzt als er? Vielleicht sollten uns die Amerikaner aufhalten, bis Cooke und nicht Kennikin eingetroffen war?«
»Das wäre eine Möglichkeit«, gab ich zu. »Aber das wäre ja miserable Kommunikation. Und wozu haben sie sich die Mühe gemacht, einen Scharfschützen auf dem Berg zu plazieren? Die Amerikaner hätten uns doch auf viel einfachere Weise aufhalten können.« Ich schüttelte den Kopf. »Außerdem sind die Beziehungen des Departments zum CIA nicht so innig. Sie haben auch ihre Grenzen.«
»Meine Erklärung ist trotzdem stichhaltiger«, wandte Elin ein. »Ich weiß nicht, ich frage mich, ob überhaupt Vernunft hinter alldem steckt. Allmählich kommt mir das wie hirnverbrannter Unsinn vor. Mich erinnert das Ganze an einen Physiker, der einmal sagte: ›Das Universum ist nicht nur seltsamer, als wir uns vorstellen, sondern wahrscheinlich seltsamer, als wir uns vorstellen können.‹ Ich kann mir jetzt vorstellen, was er damit sagen wollte.« Elin lachte.
»Was ist da so komisch dran?« fragte ich. »Cooke hat auf uns geschossen, und wahrscheinlich wird er wieder schießen, wenn Taggart ihn nicht zurückpfeift. Kennikin schwitzt Blut und Wasser, um mir den Hals umdrehen zu können. Und jetzt mischen sich vielleicht auch noch die Amerikaner ein.
Demnächst werden vielleicht die Westdeutschen aufkreuzen oder Agenten des chilenischen Geheimdienstes. Überraschen wird mich gar nichts mehr. Aber eins macht mir wirklich Sorge.« »Was?«
»Angenommen, ich übergebe dieses kleine Gerät morgen abend Case – das wird doch Kennikin nicht erfahren? Oder?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß Case ihm einen Brief mit folgendem Inhalt schreibt: ›Lieber Vaslav, Stewart hat den Fußball nicht mehr. Ich habe ihn jetzt. Jagen Sie jetzt hinter mir her.‹ Ich sitze dann genauso in der Klemme wie vorher.
Sogar noch schlimmer, denn wenn Kennikin mich erwischt und ich hab das verdammte Ding gar nicht mehr, dann wird er noch viel rabiater werden, wenn das überhaupt noch möglich ist.«
Ich fragte mich, ob es gut wäre, Case das Kästchen auszuhändigen. Denn wenn ich schon meinen Kopf riskierte, tat ich gut daran, einen Trumpf in der Hand zu behalten.
2
Laugarvatn ist das Bildungszentrum der umliegenden Bezirke.
Die Kinder der gesamten ländlichen Umgebung werden dort unterrichtet. Das Land ist nicht sehr dicht besiedelt, und die Menschen wohnen so weit verstreut, daß das Erziehungssystem höchst merkwürdig ist. Die meisten ländlichen Schulen sind gleichzeitig Internate, und in einigen von ihnen verbringen die Schüler im Winter zwei Wochen dort und zwei Wochen zu Hause. Diejenigen, die noch weiter weg wohnen, verbringen den ganzen Winter in der Schule. Im Sommer verwandeln sich die Schulen für vier Monate in Touristenhotels. Da Laugarvatn so nahe bei Thingvellir, Geysir, Gullfoss und anderen Touristenattraktionen liegt, werden die beiden großen Schulen als Sommerhotels
Weitere Kostenlose Bücher