Blindlings
das Floß festgehalten wurde. Er entdeckte auch sofort den Grund - nämlich mich.
Blitzschnell zog er eine Pistole heraus und begann zu schießen.
Die Wirkung einer Pistole wird leicht überschätzt. Eine Pistole ist angebracht, wenn das Ziel ungefähr zehn Meter entfernt ist, aber noch besser sind fünf. Die Erbsenkanone, mit der er auf mich ballerte, war ein Ding mit kurzem Lauf, und an seiner Stelle hätte ich nicht damit gerechnet, jemanden zu treffen, den ich nicht auch zugleich mit den Händen packen konnte. Solange er auf mich zielte, war ich ziemlich sicher.
Wenn er begann, anderswohin zu schießen, konnte es der Zufall wollen, daß ich dabei getroffen wurde, aber das Risiko war nicht sehr groß. Die anderen Männer eröffneten das Feuer, als ich das letzte Stück Kette verankerte. Ein Geschoß wirbelte in zwei Meter Entfernung Staub auf, näher kamen sie nicht.
Trotzdem ist es kein Vergnügen, als Zielscheibe zu dienen. Ich drehte mich um und rannte den Weg zurück. Elin stand neben dem Land-Rover. Sie hatte die Schüsse gehört und schaute mich verängstigt an. »Schon gut«, beruhigte ich sie. »Der Krieg ist noch nicht ausgebrochen.« Ich beugte mich in den Wagen und holte Fleets Gewehr heraus. »Mal sehen, ob wir sie nicht ein bißchen abwimmeln können.«
Sie blickte voller Abscheu auf die Waffe. »O Gott - mußt du sie denn umbringen? Hast du noch nicht genug angerichtet?«
Ich starrte sie an. Endlich fiel der Groschen. Sie schien zu glauben, daß ich nur deswegen im Besitz von Fleets Gewehr war, weil ich ihn getötet hatte. Wahrscheinlich konnte sie sich nicht vorstellen, daß man auch auf andere Art und Weise an ein Gewehr kommen kann. »Elin«, erklärte ich, »diese Männer auf der anderen Flußseite haben versucht, mich umzubringen. Daß es ihnen nicht gelungen ist, ändert nichts an der Tatsache, daß sie es beabsichtigt haben. Nun hör gut zu - ich will niemanden erschießen, ich will die Burschen nur abwimmeln.« Ich hob das Gewehr. »Und diesen hier habe ich auch nicht umgebracht!«
Ich ging zum Fluß hinunter, bog jedoch vom Weg ab, bevor ich am Wasser angelangt war. Endlich fand ich eine geeignete Deckung, legte mich hin und schaute zu, wie Kennikin und seine Mannschaft erfolglos versuchten, das Floß zu sich herüberzuziehen. Ich stützte den Gewehrlauf auf einen Felsbrocken und stellte das Zielfernrohr auf die Entfernung von hundert Metern ein. Ich wollte niemanden umlegen. Nicht daß ich allzu große Hemmungen gehabt hätte, aber Leichen, die man nicht verschwinden lassen kann, sind äußerst lästig und geben Anlaß zu peinlichen Fragen bei den zuständigen Behörden. Andererseits würde ein verwundeter Russe ebenso von der Bildfläche verschwinden müssen wie ein toter. Mit Sicherheit würde er von seinen Freunden auf den Fischkutter geschmuggelt werden, der vermutlich gerade passenderweise im Hafen von Reykjavik lag. Die Russen verfügten über mehr getarnte Fischkutter als irgendeine andere Nation der Erde.
Nein, umbringen wollte ich niemanden, aber bald würde sich jemand sehnlichst wünschen, tot zu sein. Kennikin war verschwunden. Die drei anderen waren in eine hitzige Diskussion darüber verwickelt, auf welche Weise sie ihr kleines Problem lösen sollten. Ich unterbrach sie, indem ich innerhalb von dreißig Sekunden fünf Schüsse in ihre Richtung abgab. Die erste Kugel traf den Mann, der unmittelbar neben dem Jeep stand, in die Kniescheibe. Danach war ganz plötzlich niemand mehr da, auf den man schießen konnte. Der Kerl, den ich getroffen hatte, lag auf dem Boden, wand sich und schrie.
Gesetzt den Fall, er kam schnell in ein Krankenhaus, würde sein eines Bein für den Rest seines Lebens kürzer sein als das andere. Wenn nicht, so konnte er von Glück reden, wenn er es überhaupt noch benutzen konnte. Diesmal zielte ich auf den linken Vorderreifen des Jeeps und drückte ab. Es war das beste Gewehr, das ich je in Händen gehalten hatte. Bei hundert Metern Distanz war die Flugbahn so flach, daß ich genau dahin treffen konnte, wohin ich wollte. Der Reifen wurde nicht einfach durchlöchert. Unter der Wucht des großen 375er Geschosses wurde er völlig zerfetzt, ebenso wie der andere Vorderreifen, den ich sofort danach aufs Korn nahm. Irgend jemand ballerte mit einer Pistole. Ich ignorierte das und lud das Gewehr neu. Jetzt nahm ich das Vorderteil des Kühlers ins Fadenkreuz und drückte ab. Der Jeep schwankte unter dem Aufprall des Geschosses. Das Gewehr war für die
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