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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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verstrich. Immer wieder blickte er auf seine Uhr, und Punkt eins wurde meine Geduld belohnt. Er hob die Hand und winkte. Ein Mann tauchte in meinem Blickfeld auf und überquerte die Straße.
    Ich trank die Tasse aus, ging die Treppe runter und trieb mich am Zeitungsstand herum, während ich meine Freunde durch die Glastür des Buchladens beobachtete. Ein dritter Mann war inzwischen zu ihnen getreten, den ich sofort erkannte - es war kein anderer als Ilyich, der mich unwissentlich mit der Gasbombe versorgt hatte. Die drei unterhielten sich eine Weile, dann hob Ilyich den Arm und zeigte auf seine Uhr, wobei er mißbilligend den Kopf schüttelte. Plötzlich brachen sie alle auf und gingen die Straße entlang. Ich folgte ihnen unauffällig. Aus Ilyichs Verhalten schloß ich, daß sie nicht nur den Treff-, sondern auch den vereinbarten Zeitpunkt kannten. Es hätte mich nicht weiter überrascht, wenn sie auch die Parolen gekannt hätten.
    An der Ecke der Posthusstraeti stiegen zwei von ihnen in einen dort parkenden Wagen und fuhren weg. Ilyich wandte sich nach rechts, überquerte die Straße und ging eilig auf das Hotel Borg zu. Er verschwand darin wie ein Karnickel in seinem Bau. Ich zögerte einen Augenblick und folgte ihm dann.
    Er holte gar nicht erst einen Schlüssel am Empfang ab, sondern stieg sofort die Treppe in den ersten Stock hinauf. Ich folgte ihm. Er ging einen Korridor entlang und klopfte an eine Tür. Ich machte kehrt und ging die Treppe wieder runter, um mich in der Lounge an einem strategisch günstigen Punkt mit Blick auf die Halle niederzulassen. Das bedeutete eine weitere Tasse des obligatorischen Kaffees, der mir bereits bis oben hin stand. Aber so was gehört nun mal zu den trüben Begleiterscheinungen eines Beschattungsjobs. Ich hielt mich hinter der aufgeschlagenen Zeitung verborgen und wartete, daß Ilyich wiederauftauchte.
    Es dauerte nicht lang, höchstens zehn Minuten. Als er erschien, wurde mir triumphierend bewußt, daß mein Verdacht und alles, was ich auf Island unternommen hatte, gerechtfertigt waren. Ilyich kam herunter und redete dabei mit jemandem, und dieser Jemand war Cooke! Die beiden gingen durch die Halle zum Speisesaal und kamen dabei in zwei Meter Entfernung an mir vorüber. Es war vorauszusehen gewesen, daß Cooke in seinem Zimmer auf eine Nachricht, positiv oder negativ, warten und sich dann ins Getümmel stürzen würde.
    Ich drehte mich um und beobachtete, wo sich die beiden hinsetzten. Und sobald sie saßen, machte ich mich aus dem Staub. Zwei Minuten später war ich im ersten Stock und klopfte an dieselbe Tür wie vorher Ilyich, wobei ich hoffte, daß niemand antworten würde. Es öffnete auch tatsächlich niemand, und mit Hilfe einer kleinen Plastikfolie aus meiner Brieftasche gelang es mir, ins Zimmer zu kommen. Das hatte ich vom Department gelernt. So dumm, Cookes Gepäck zu untersuchen, war ich nicht. Wenn er so gerissen war, wie ich annahm, dann hatte er seine Koffer durch eine Vorrichtung gesichert, die ihm sofort verriet, ob sie geöffnet worden waren.
    Das gehört zum Agenten-Einmaleins, und Cooke war hier doppelt im Vorteil – er war von beiden Seiten geschult worden.
    Ich untersuchte den Kleiderschrank nach feinen Härchen, die mit etwas Spucke festgeklebt waren und abfallen würden, sowie die Tür geöffnet wurde. Da ich nichts fand, machte ich die Tür auf, trat hinein und ließ mich im Dunkeln nieder, um zu warten. Es dauerte lange. Ich hatte nichts anderes erwartet, denn ich wußte, wie sehr Cooke gutes Essen liebte. Was mochte er wohl von den isländischen Spezialitäten halten, die, um es milde auszudrücken, eines robusten Magens bedurften.
    Man muß schon Isländer sein, um hakarl - rohes Haifischfleisch, das mehrere Monate lang im Sand vergraben wurde – mit Genuß zu verspeisen. Oder gepökelten Walfischspeck.
    Erst um Viertel vor drei kehrte er zurück, und inzwischen protestierte mein eigener Magen. Er hatte eine Menge Kaffee eingetrichtert bekommen, aber nur sehr wenig solides Essen.
    Auch Ilyich kam herein, und es erstaunte mich nicht, daß Cooke russisch sprach, so, als sei er in Moskau zur Welt gekommen. Der Kerl war wahrscheinlich tatsächlich Russe, genau wie Gordon Lonsdale, ein anderer Kumpel aus Cookes Fakultät. »Dann können wir also bis morgen nichts unternehmen?« fragte Ilyich.
    »Nein. Es sei denn, Vaslav kreuzt mit etwas Neuem auf«, erwiderte Cooke.
    »Das Ganze muß ein Irrtum sein«, bemerkte Ilyich. »Ich bezweifle, daß

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