Blindwütig: Roman
es etwas zu finden gäbe, dann hätte sie es bereits gefunden.«
»Wieso sind wir dann überhaupt nach Smokeville gekommen?«
»Um mit Leuten zu sprechen, die Landulf kannten. Das Haus ist sekundär.«
»Dann geh nicht rein, indem wir alle nicht reingehen.«
Eine Hintertür ging auf. Wir drehten uns um und starrten Milo an.
»Ich gehe rein«, sagte der, »und werde so tun, als wärt ihr mitgekommen, während ihr hier sitzen bleiben und so tun könnt, als wäre ich bei euch geblieben. Dann sind wir gleichzeitig gemeinsam reingegangen und nicht reingegangen.«
Nachdem er Lassie befohlen hatte dazubleiben, stieg er aus und schlug die Tür zu.
»Tja«, sagte ich, »der ist so dickköpfig wie ein echter Boom.«
»Du meinst wohl, er ist so entschlossen wie ein Boom«, korrigierte mich Penny.
Wir stiegen ebenfalls aus, schlossen den Wagen ab und ließen Lassie als Wachposten da. Wenn sie sich derweil ins Handschuhfach quetschen wollte, war das ihre Sache.
Die eisige Kühle des Nebels drang mir durch Mark und Bein. Ich fröstelte.
Milo zog den Reißverschluss seiner dicken Steppjacke hoch. Auf dem langärmeligen schwarzen T-Shirt, das er darunter trug, stand in weißen Lettern FREIHEIT.
Penny griff unter ihren blauen Blazer, ich unter mein Cordsakko. Unsere Schulterholster saßen gut, die Pistolen waren bereit. Wir hatten beide je ein Ersatzmagazin dabei.
Dennoch fühlte ich mich wie eine Maus. Ich glaube, das tat Penny auch.
Weil man uns nicht sehen sollte, während wir uns dem Haus des toten Landulf näherten, mieden wir die Straße und schlugen uns erst einmal ein Stück weit durch den Wald, ich voraus, Milo in der Mitte und Penny als Schlusslicht. Bald hatten wir die Wiese erreicht, an der wir vorbeigefahren waren. Sie stieg leicht an, und irgendwo da oben musste sich das Haus befinden.
Auf der Straße fuhr ein Auto vorbei, was jedoch nur durch das Motorengeräusch und die Scheinwerfer erkennbar war.
Durch den Nebel hindurch war nicht zu sehen, um was für ein Fahrzeug es sich handelte.
Im fahlen Licht stapften wir die Wiese hinauf. Angesichts der Bedrohung, die auf uns lastete, fühlte ich mich wie ein Tiefseetaucher, der auf dem Weg zu einem versunkenen Schiff war, um herauszufinden, ob sich im Wrack etwas von Wert befand.
Nach einer Weile ragte das Haus im Nebel auf, ein hübscher viktorianischer Bau, ringsum von einer Veranda umgeben. Daneben stand eine Garage.
Ich wollte ein Fenster einschlagen, doch Penny sagte: »Wir sollten lieber klopfen.«
»Falls jemand da drin ist, dann ein Gespenst.«
»Nur um sicherzugehen - klopf einfach!«
Wir stiegen die Treppe zur Haustür hoch. Daneben sah ich einen Knopf und läutete.
Ich wollte mich schon wieder abwenden, als es hinter den Vorhängen der schmalen Seitenfenster neben der Tür hell wurde.
»O je«, sagte Penny.
Die Tür ging auf, und vor uns stand ein gut sechzigjähriger Mann, der aussah, als zählte ein Basset zu seinen Vorfahren. Seine Augen waren groß und traurig, und die Tränensäcke hätten genügend Haut geliefert, um ein Paar Lederhandschuhe herzustellen. Mit seinen Hängebacken, der Wampe und den schweren, hängenden Schultern machte er zuerst einen verbrauchten, erschöpften Eindruck. Aber er war ein mächtiger Kerl mit großen Händen, und beim zweiten Blick sah man, dass man wahrscheinlich nicht so einfach mit ihm fertigwurde.
»Na, was kann ich für euch tun, Leute?«, fragte er.
Da ich gedacht hatte, das Haus sei leer, hatte ich keine Ausflüchte für den Fall vorbereitet, dass jemand an die Tür kam.
»Guten Morgen, Sir«, hörte ich mich sagen. »Wenn Sie Zeit haben, würden wir uns gerne ein Weilchen mit Ihnen zusammensetzen, um über Jesus zu sprechen.«
»Tja, junger Mann«, sagte der Unbekannte, »ich finde es zwar großartig, was Sie da tun, aber ich gehe schon seit dreißig Jahren in dieselbe Kirche und hab kein Bedürfnis, daran was zu ändern.«
Ich wusste zwar, dass ein guter Haustürmissionar nicht so rasch aufgab, hatte jedoch keine Ahnung, was ich als Nächstes sagen sollte. Deshalb lächelte ich, nickte und fuhrwerkte mit der Zunge im Mund herum, in der Hoffnung, dass sie ein paar Worte fand.
»Verzeihung, Sir«, mischte sich Penny ein, »sind Sie nicht Sheriff Walbert?«
»Der war ich mal, Ma’am. Jetzt bin ich bloß noch Walbert, Vorname Truman.«
»Was man Ihnen angetan hat, war nicht richtig«, sagte Penny.
»Ach, Ma’am, ziemlich viel von dem, was die Leute sich gegenseitig antun, ist nicht
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