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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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erkannte, fragte: »Cullen Greenwich?«
    »Ja, am Apparat.«
    Der Anrufer klang nervös und gestresst: »Viele Leute halten mich für tot, aber das bin ich nicht.«
    »Wie bitte?«
    »Dafür sind viele andere tot. Meistens wünsche ich mir, ich könnte dazugehören.«
    »Wer spricht da?«
    »John Clitherow.«
    Den Namen kannte ich. Zwar hatte ich Clitherow nie getroffen oder mit ihm telefoniert, aber ich hatte mit ihm korrespondiert. Alles in allem hatten wir etwa ein Dutzend lange Briefe ausgetauscht. Er hatte mehrere Romane geschrieben, die ich sehr bewunderte.
    Vor über drei Jahren hatte er seinem Verlag erklärt, er wolle
den Vertrag über sein neuestes Buch auflösen, weil er vorhabe, nie mehr etwas zu schreiben. In literarischen Kreisen hatte man damals angenommen, er sei schwer krank und wolle privat mit seinem Leiden umgehen. Ich hatte ihm noch einmal geschrieben, ohne eine Antwort zu erhalten. Später hatte ich gehört, er sei mit seiner Frau Margaret und den beiden Kindern in irgendein europäisches Land gezogen.
    »Eigentlich dürfte ich Sie gar nicht auf Ihrem Festnetzanschluss anrufen«, sagte er. »Zu gefährlich für mich und vielleicht auch für Sie. Haben Sie ein Handy?«
    Ich nahm mein Mobiltelefon vom Tisch. »Ja.«
    »Wenn Sie mir die Nummer sagen, rufe ich gleich zurück. Das ist sicherer für uns beide. Egal, wer er ist und was er ist, einen Anruf per Handy kann er nicht so leicht belauschen.« Als ich zögerte, fügte Clitherow hinzu: »Ihre Metaphern stellen definitiv keine prekäre Prosa dar, das steht fest.«
    Diese Anspielung bezog sich eindeutig auf die Waxx-Rezension von One O’Clock Jump .
    Ich rückte meine Handynummer heraus, und nachdem der Anrufer sie wiederholt hatte, sagte er: »Ich melde mich gleich wieder. Muss nur meinen Standort wechseln. Lassen Sie mir zehn Minuten Zeit.«
    Er legte auf, ich ebenfalls.
    Nachdem ich den Computer eine Weile angestarrt hatte, ohne den Text, den ich gerade eben an meinen britischen Verlag geschrieben hatte, richtig wiederzuerkennen, stand ich auf und ließ nun doch an allen drei Fenstern die Jalousien herunter.

15
    Als ich gerade die letzte Jalousie geschlossen hatte, läutete es erneut auf der dritten Leitung. Dem Display war zu entnehmen, dass mein Agent Hud Jacklight mit mir zu sprechen wünschte.
    Wegen des zeitlichen Zusammentreffens nahm ich an, dass sein Anruf mit dem von Clitherow zusammenhing, weshalb ich abnahm.
    »Ein Wort«, sagte Hud. »Kurzgeschichten.«
    »Aha.«
    »Die besten amerikanischen. Kennst du die?«
    »Was soll ich kennen?«, fragte ich verwirrt.
    »Kurzgeschichten. Die besten amerikanischen. Des Jahres.«
    »Klar. Die besten amerikanischen Kurzgeschichten. Das ist eine jährlich erscheinende Anthologie.«
    »Die jedes Jahr einen anderen Herausgeber hat. Nächstes Jahr: dich.«
    »Ich schreibe doch gar keine Kurzgeschichten.«
    »Musst du auch nicht. Du wählst aus. Den Inhalt.«
    »Hud, ich habe keine Zeit, tausend Kurzgeschichten zu lesen, um zwanzig gute zu finden.«
    »Stell jemanden an. Zum Lesen. Tut jeder. Der macht dir eine Vorauswahl.«
    »Das hört sich unmoralisch an.«
    »Ist es aber nicht. Wenn niemand was erfährt.«
    »Außerdem«, argumentierte ich, »ist der Herausgeber immer jemand, der selber Kurzgeschichten schreibt.«

    »Der Verleger und ich, wir sind befreundet. Vertrau mir. Sehr prestigeträchtig.«
    »Ich will es aber nicht tun, Hud.«
    »Es ist was Literarisches. Du bist ein Waxx-Autor. Da musst du was Literarisches tun. Zur Szene dazugehören.«
    »Nein. Das passt nicht zu mir.«
    »Doch, das tut es.«
    »Nein, tut es nicht!«
    »Aber klar doch. Vertrau mir. Ich kenne dich.«
    »Versuch bloß nicht, das irgendwie in die Wege zu leiten«, sagte ich warnend. »Ich tue es doch nicht.«
    »Du bist jetzt arriviert. Gehörst zur Elite.«
    »Nein.«
    »Du kannst ins Pantheon einziehen.«
    »Ich werde jetzt auflegen, Hud.«
    »Das amerikanische Pantheon der Literatur.«
    »Bis dann, Hud.«
    »Halt, halt! Vergiss mal die Kurzgeschichten. Denk an dieses berühmte Buch.«
    Egal, wie dringend man einen Anruf von Hud Jacklight beenden wollte, man war oft gezwungen, aus Erstaunen, Entsetzen oder reiner Neugier weiter zuzuhören.
    »Was für ein berühmtes Buch?«, fragte ich.
    »Denk an Der große Gatsby .«
    »Was ist damit?«
    »Wer war der Kerl? Der Autor?«
    »F. Scott Fitzgerald.«
    »War es nicht Hemingway?«
    »Nein. Fitzgerald.«
    »Ich hab mir schon gedacht, dass du das weißt.«
    »Weil ich zur

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