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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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Digitaluhr schaltete von der korrekten Zeit auf 23:57:30 Uhr.
    Noch zweieinhalb Minuten.
    Obwohl Penny von ihrer Kindheit her an gewaltige Explosionen gewöhnt war, machte sie keinen Versuch, die Apparatur außer Gang zu setzen, sondern zischte »Waxx!«, als handelte es sich um ein übles Schimpfwort. Dann stürzte sie die Treppe hinab, zwei Stufen auf einmal nehmend, und rannte durch die Küche. Ich blieb ihr dabei so dicht auf den Fersen, dass ich den von ihr erzeugten Luftzug spürte.
    Sobald sie die Garage erreicht hatte, klatschte sie auf den Schalter an der Wand. Das Rolltor begann sich zu heben.
    Während ich mich ans Lenkrad setzte, schwang Penny sich auf den Beifahrersitz, warf mir den Wagenschlüssel zu, sah sich nach hinten um und fragte: »Wo ist Milo?«
    Auf dem Rücksitz saß Lassie, die Ohren wachsam aufgestellt, aber unser Sohn war verschwunden.

18
    Penny und ich schnellten aus dem Wagen, als wären wir von einer für James Bond ersonnenen Apparatur hinausgeschleudert worden.
    Falls Milo sich in der Garage befand, war er offenbar nicht in der Lage, auf unsere Rufe zu antworten. Penny machte sich daran, in, unter und hinter unserem Zweitwagen nach ihm zu suchen, während ich ins Haus zurücklief.
    Wieder kam mir John Clitherow in den Sinn. Der war das Hauptziel von Waxx gewesen, aber zuerst hatte der Kritiker dessen Familie getötet.
    Die größte Strafe, dachte ich, war nicht der eigene Tod, sondern der Verlust jener, die man am meisten liebte. Wie viel schlimmer musste dieser Verlust sein, wenn man mit dem bitteren Wissen weiterleben musste, dass Menschen, die dir vertraut und sich auf dich verlassen hatten, stellvertretend für dich und deine Fehler ermordet worden waren.
    Waxx war nicht nur ein mordlüsterner Psychopath, sondern auch - im eigentlichen Wortsinn - ein Terrorist.
    Ich rannte in unser dem Untergang geweihtes Haus, durch die blitzblanke Waschküche, die bald nur noch aus Schutt bestehen würde, und als ich die Küche erreicht hatte, reagierte Milo endlich auf mein immer hektischeres Gebrüll. »Hallo, Dad!«, rief er, während er aus dem Flur gehastet kam.
    In der Hand trug er Lassies Lieblingsspielzeug, das wir versehentlich zurückgelassen hatten: ein lila Plüschhäschen mit riesigen, erschrockenen Augen, Schlappohren und einem
weißen Puschelschwanz. Es war süß, es quietschte, wenn man ihm auf den Bauch drückte, und Lassie war ganz vernarrt in das Ding, aber es lohnte sich eindeutig nicht, dafür zu sterben.
    Mit mehr athletischem Geschick, als ich mir selber bisher zugetraut hatte, hob ich Milo vom Boden in meine Arme, wirbelte zur Tür der Waschküche herum und rannte los.
    Kichernd fragte Milo: »Was ist denn los?« Dabei ließ er fröhlich das Häschen quietschen.
    »Gleich fliegt das Haus in die Luft«, sagte ich.
    Das Quietschen hatte Penny über unser Kommen informiert. Als wir die Garage erreichten, stand sie bereits an der offenen Fahrertür des Wagens.
    Ihre Augen waren noch größer als die des erschrockenen Häschens. »Keine Zeit, ihn hinten anzuschnallen, Cubby, nimm ihn auf den Schoß!«
    Obwohl das Garagentor inzwischen ganz hochgerollt war und kein Hindernis darstellte, war ich erleichtert, dass Penny fahren wollte. Zwei Tatsachen - dass der Wagen einen Rückwärtsgang besaß und dass die Rückwand der Garage sehr stabil war - schienen das Schicksal zu sehr herauszufordern, um mich ans Steuer zu setzen.
    Milo hatte vorne sitzen wollen, und nun saß er tatsächlich dort, wenn auch auf meinem Schoß. Ich schlang beide Arme um ihn.
    Er wiederum schlang die Arme um das Häschen, drückte es an seine Brust und sagte zu ihm: »Keine Angst! Dad sorgt schon dafür, dass uns nichts passiert.«
    Ein Genie, selbst wenn es sich um ein erst sechsjähriges Wunderkind handelt, gibt sich nicht der Illusion hin, Plüschtiere seien irgendwie lebendig. Milo sprach also nicht mit dem Häschen, er beruhigte sich selbst.

    Ich hatte den Schlüssel in der Zündung gelassen. Als Penny versuchte, den Motor anzulassen, reagierte der nur mit einem Husten, einem zweiten Husten und einem Ächzen.
    Penny sah mich im selben Moment an, in dem ich sie ansah, und wir brauchten keine telepathischen Fähigkeiten, um zu wissen, dass wir dasselbe dachten: Waxx hatte das Fahrzeug sabotiert.

19
    Dieser vierschrötige, Weißwein saufende, großkotzige, stiernackige, breitarschige intellektuelle Schwindler mit seiner Fliege, seinen Ellbogenflicken, seinen Wildlederschuhen und seiner Hornbrille hatte

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