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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Kommandant
     muss auf der Stelle eine Entscheidung fällen und sie umsetzen. Wenn wir den ganzen Apparat des blauen Teams gehabt hätten,
     hätten wir doppelt oder dreimal so lange gebraucht. Unser Angriff hätte sechs oder acht Tage später stattgefunden. So ein
     Entscheidungsprozess entwickelt sein Eigenleben. Sie nehmen alles auseinander, aber Sie verschaffen sich nie einen Überblick
     über das große Ganze. Es ist wie mit dem Wetter. Ein Kommandant muss weder wissen, welcher Luftdruck herrscht, noch woher
     der Wind kommt oder wie hoch die Außentemperatur ist. Aber er braucht eine allgemeine Vorhersage. Wenn Sie zu viele Informationen
     sammeln, dann ertrinken Sie darin.«
    Paul van Ripers Zwillingsbruder James ging ebenfalls zu den Marine Corps und stieg bis zum Rang eines Obersten auf, ehe er
     pensioniert wurde. Wie die meisten Menschen, die Paul van Riper näher kennen, war er vom Ausgang von Millennium Challenge |145| wenig überrascht. »Einige dieser neuen Denker behaupten: Wenn wir Geheimdienstinformationen haben, wenn wir alles sehen, dann
     können wir nicht verlieren«, sagt James van Riper. »Mein Bruder sagt dagegen: ›Stellen Sie sich vor, Sie sehen ein Schachbrett.
     Gibt es irgendetwas, was Sie nicht sehen? Nein. Heißt das, dass Sie ein Schachspiel auf jeden Fall gewinnen? Natürlich nicht,
     denn Sie sehen nicht, was der andere denkt.‹ Immer mehr Kommandeure wollen alles wissen, und diese Vorstellung sperrt sie
     buchstäblich ein. Sie verlieren ihre Bewegungsfreiheit. Dazu kommt, dass niemand je alles wissen kann.« Spielte es eine Rolle,
     dass das blaue Team um ein Vielfaches größer war als das rote? »Es ist ein bisschen wie bei
Gullivers Reisen.
Der Riese lässt sich von den vielen kleinen Regeln, Vorschriften und Entscheidungsprozessen fesseln. Und der Kleine? Der rennt
     herum und macht, was er will.«
    Millennium Challenge, Teil 2
    Nach dem Überraschungsschlag des roten Teams herrschte anderthalb Tage lang ungemütliche Stille im Gebäude der JFCOM. Dann
     griffen die Oberen der JFCOM ein. Sie drehten die Uhr zurück. Die sechzehn Schiffe des blauen Teams, die eben noch auf dem
     Grund des Persischen Golfs gelegen hatten, schwammen plötzlich wieder obenauf. In der ersten Angriffswelle hatte Paul van
     Ripers Team zwölf Raketen auf verschiedene Häfen in der Golfregion abgefeuert, in denen die blauen Truppen an Land gingen.
     Jetzt teilte ihm die JFCOM mit, diese zwölf Raketen seien auf mysteriöse Weise von einer neuen Abwehrtechnik abgefangen worden.
     Van Riper hatte die politischen Köpfe der US-freundlichen Regierungen in der Region ermorden lassen, jetzt sagte man ihm,
     diese seien alle noch am Leben.
    »Am Tag nach dem Angriff kam ich in das rote Hauptquartier |146| und sah, dass der Herr, der meine Nummer zwei war, komplett neue Spielregeln an mein Team verteilte«, erzählt van Riper. »Sachen
     wie: Schaltet den Radar ab, damit die blauen Truppen nicht gestört werden. Zieht Truppen ab, damit die Landung der blauen
     Truppen ungestört vonstatten gehen kann. Ich fragte: ›Kann ich eine V-22 abschießen?‹ Und er sagte mir: ›Nein, Sie können
     keine V-22 abschießen.‹ Ich fragte: ›Was zum Teufel ist hier los?‹ Und er antwortete: ›Sir, ich habe die Anweisung bekommen,
     komplett neue Richtlinien auszugeben.‹ Die zweite Runde lief nach einem komplett umgeschriebenen Drehbuch ab, und wenn sich
     etwas anders entwickelte, als sie es sich vorgestellt hatten, dann wurde die Situation einfach wiederholt.«
    Das blaue Team gewann Teil zwei der Millennium Challenge an allen Fronten. Es gab keine Überraschungen mehr, keinen Raum für
     Intuition. Das Pentagon hatte das Experiment gegen die Komplexitäten und Verwirrungen der wirklichen Welt abgeschottet. Als
     Teil zwei vorüber war, jubelten die Analysten des JFCOM und des Pentagon. Der Nebel des Krieges war gelüftet worden. Militäreinsätze
     hatten sich völlig verwandelt. Mit dieser Erkenntnis wandte sich das Pentagon dem echten Persischen Golf zu. Ein Diktator
     bedrohte die Stabilität der Region. Er war radikal antiamerikanisch. Er hatte großen Rückhalt bei religiösen und ethnischen
     Gruppen und gewährte angeblich verschiedenen Terrorgruppen Unterschlupf. Er musste weg, und sein Land sollte wieder stabilisiert
     werden. Und wenn das Pentagon alles richtig machte und CROP, PMESI und DIME zum Einsatz brachte – was konnte dann schon schief
     gehen?

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    |147| Kapitel

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