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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Testhörern bewerten zu lassen.
    Einige Marktforschungsunternehmen stellen neue Songs ins Internet und analysieren die Quoten und Bewertungen der Besucher
     auf der Website. Andere Firmen spielen ihren Testhörern Songs übers Telefon vor oder schicken ihnen Probe-CDs zu. Auf diese
     Weise wird jeder Song von Hunderten von Hörern bewertet. Im Laufe der Jahre hat die Marktforschung immer professionellere
     Methoden entwickelt. Die Firma Pick the Hits beispielsweise, die in einem Vorort von Washington D.C. beheimatet ist, kann
     auf einen Pool von 200 000 Testhörern zugreifen, die in unregelmäßigen Abständen neue Songs bewerten. Pick the Hits fand heraus,
     dass ein Song, der auf der Bewertungsskala von 1 bis 4 (1 ist »ich mag diesen Song nicht«) mindestens 3,0 erreicht, mit rund
     85-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Hit wird.
    Kennas Album wurde also dieser Art von Marktforschung unterzogen – und die Bewertungen waren katastrophal. Music Research,
     eine Firma aus Kalifornien, schickte die CD an 12 000 Testhörer, die nach Alter, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit |152| ausgewählt worden waren. Sie riefen drei Tage nach dem Versand an, um so viele Hörer wie möglich zu befragen und sie Kennas
     Musik auf einer Skala von 0 bis 4 bewerten zu lassen. Die Reaktion war, wie es der 25-seitige Bericht in seiner Zusammenfassung
     höflich formuliert, »zurückhaltend«. »Freetime«, einer von Kennas vielversprechendsten Songs, kam bei Hörern von Rockmusiksendern
     auf eine Bewertung von 1,3 und bei Rhythmand-Blues-Hörern sogar nur auf magere 0,8. Pick the Hits ließ jeden Song auf dem
     Album bewerten. Zwei davon bekamen durchschnittliche Bewertungen, acht jedoch unterdurchschnittliche. Die Schlussfolgerung
     fiel diesmal etwas deutlicher aus: »Dem Künstler Kenna und seinen Songs fehlt eine identifizierbare Kernzielgruppe. Wir sehen
     nur äußerst begrenztes Potenzial, signifikante Spielzeiten im Radio zu bekommen.«
    Kenna traf Paul McGuinness, den Manager von U2, bei einem Konzert hinter der Bühne. »Dieser Mann hier«, sagte McGuinness und
     zeigte auf Kenna, »dieser Mann hier wird die Welt verändern.« Das sagte er einfach so aus dem Bauch heraus, und man darf annehmen,
     dass der Manager einer weltweit erfolgreichen Band wie U2 etwas vom Musikgeschäft versteht. Aber die Menschen, deren Welt
     Kenna angeblich verändern würde, schienen anderer Meinung zu sein. Nachdem die Plattenfirmen die Ergebnisse der Marktforschungsunternehmen
     zur Kenntnis genommen hatten, geriet Kennas Karriere ins Stocken. Um einen Vertrag zu bekommen, muss Kenna im Radio gespielt
     werden, und um im Radio gespielt zu werden, verlangen die Sender handfeste Beweise, dass Kenna beim Publikum ankommt. Und
     diese Beweise fehlten.
    Ein zweiter Blick auf erste Eindrücke
    In seinen Lebenserinnerungen mit dem Titel
Behind the Oval Office
beschreibt der Meinungsforscher Dick Morris einen Besuch |153| in Arkansas im Jahr 1977. Dort sollte er den 31-jährigen Generalstaatsanwalt des Bundesstaates treffen, einen ehrgeizigen
     jungen Mann namens Bill Clinton:
    Ich erklärte Clinton, ich hätte diese Idee von meinem Freund Dick Dresner, der Marktforschung für die Filmindustrie betrieb.
     Ehe ein neuer
James Bond
oder ein zweiter Teil zu einem Film wie
Der weiße
Hai
gedreht wird, engagiert das Filmstudio Dresner, um die Story zusammenzufassen und Leute zu befragen, ob sie sich diesen Film
     ansehen würden. Von den Testpersonen ließ sich Dresner auch verschiedene PR-Sprüche bewerten, um zu sehen, was am besten funktionieren
     würde. Manchmal legte er ihnen auch verschiedene Fassungen vor oder beschrieb unterschiedliche Orte, an denen dieselbe Handlung
     gedreht werden könnte, um herauszufinden, was beim Publikum besonders gut ankommen würde.
    »Meinen Sie, diese Technik lässt sich so einfach auf die Politik übertragen?« fragte Clinton.
    Ich erläuterte ihm, wie ich mir das vorstellte. »Warum geht man bei politischen Werbespots nicht genauso vor? Oder bei Reden?
     Oder mit Argumenten zu einem bestimmten politischen Thema? Nach jeder Aussage fragen Sie die Leute wieder, für wen sie stimmen
     würden. Dann können Sie genau nachprüfen, welches Argument wie auf welche Wählergruppe wirkt.
    Wir unterhielten uns fast vier Stunden lang und aßen an seinem Schreibtisch zu Mittag. Ich zeigte dem Generalstaatsanwalt
     einige der Umfragen, die ich gemacht hatte.
    Clinton war von meinen Vorschlägen fasziniert. Er sah in der

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