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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Geschichte
     von New Coke ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie schwierig es ist herauszufinden, was Menschen wirklich denken.
    Wenn Blinde Blinde führen
    Die Schwierigkeiten, die wir mit der Interpretation der Ergebnisse des Pepsi-Tests haben, beginnen mit der Form des Tests.
     Es handelt sich dabei um einen Central Location Test, in der Branche auch als CL- oder Schlückchentest bekannt. Die Testpersonen
     trinken nicht die ganze Dose aus, sondern nehmen von jedem der angebotenen Produkte nur einen einzigen Schluck und treffen
     danach ihre Wahl.
    Stellen Sie sich vor, Sie sollten Erfrischungsgetränke auf eine etwas andere Art und Weise testen. Wie wäre es, wenn Sie eine
     ganze Kiste mit nach Hause bekämen und Ihr Urteil nach ein paar Wochen abgeben sollten? Würde das Ihre Meinung beeinflussen?
     Wie Untersuchungen zeigen, würde es das in der Tat. Carol Dollard, die lange Jahre bei Pepsi in der Abteilung für Produktentwicklung
     gearbeitet hat, erklärt: »Wir haben oft erlebt, dass beim CL-Test
ein
Ergebnis herauskommt, und bei einem langfristigen Test das genaue Gegenteil. In einem Schlückchentest vergleichen die Testpersonen
     drei oder vier Produkte, indem sie hintereinander weg von jedem eine kleine Geschmacksprobe nehmen. Aber ein Schluck ist etwas
     anderes, als wenn man die ganze Dose allein und zu Hause leer trinkt. Es kann gut sein, dass Ihnen dieser erste Schluck zwar
     schmeckt, aber die ganze Flasche nicht. Daher sind die Tests, in denen Konsumenten das Produkt mit nach Hause nehmen, sehr
     viel verlässlicher. Sie sind nicht in einer künstlichen |159| Umgebung, sondern zu Hause, vielleicht vor dem Fernseher. Diese Situation hat viel mehr mit dem zu tun, was passiert, wenn
     das Produkt auf den Markt kommt.«
    Dollard erklärt, dass Konsumenten im CL-Test überwiegend zum süßeren Produkt neigen: »Wenn Sie nur einen Schlückchentest durchführen,
     dann neigen die Konsumenten zum süßeren Getränk. Aber wenn sie eine ganze Flasche oder Dose davon trinken sollen, dann kann
     ihnen diese Süße leicht zu viel werden.« Pepsi enthält mehr Zucker als Coca-Cola, und aus diesem Grund hatte es beim Schlückchentest
     einen erheblichen Vorsprung. Außerdem schmeckt Pepsi zitroniger, verglichen mit dem eher rosinig-vanilligen Geschmack von
     Coca-Cola. Dieser zitronige Geschmack verliert sich über den Konsum einer ganze Dose etwas, und auch dies trug dazu bei, dass
     Coca-Cola im direkten Vergleich den Kürzeren zog. Pepsi ist, kurz gesagt, ein Getränk, das im Schlückchentest glänzt. Heißt
     das, der Pepsi-Test war ein Betrug? Keineswegs. Es heißt nur, dass wir auf zwei unterschiedliche Arten und Weisen auf Erfrischungsgetränke
     reagieren: Wir haben einen ersten Eindruck nach dem ersten Schluck, und einen zweiten, während wir den Rest der Dose trinken.
     Um diese beiden Reaktionen zu verstehen, müssen wir uns erst entscheiden, welche der beiden uns wichtiger ist.
    Damit kommen wir zu einem anderen Thema, das damit zusammenhängt, nämlich der Empfindungsübertragung. Diese Vorstellung wurde
     von Louis Cheskin geprägt, einem Vordenker des Marketings im zwanzigsten Jahrhundert. Cheskin wurde um die Jahrhundertwende
     in der Ukraine geboren und wanderte als Kind mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten aus. Er war überzeugt, dass Menschen,
     die im Supermarkt oder im Kaufhaus vor dem Regal stehen und überlegen, für welches Produkt sie sich entscheiden sollen, ihre
     Empfindungen über die Gestaltung der Verpackung automatisch und ohne es zu bemerken auf das Produkt selbst übertragen. Cheskin
     behauptete also, dass die meisten von uns auf einer unbewussten Ebene nicht zwischen dem Produkt |160| und seiner Verpackung unterscheiden. Das Produkt ist Inhalt
plus
Verpackung.
    Bei einem von Louis Cheskins bekanntesten Projekten ging es um die Verpackung von Margarine. In den späten Vierzigern war
     Margarine nicht sonderlich populär, Konsumenten zeigten wenig Interesse daran, sie zu kaufen oder zu verwenden. Das machte
     Cheskin neugierig: Was war der Grund für diese Abneigung? Lag es an der Margarine selbst? Oder an den automatischen Assoziationen,
     die die Konsumenten mit dem Produkt hatten? Dieser Frage wollte er auf den Grund gehen. Die Margarine, die damals auf den
     Markt kam, war weiß. Cheskin ließ sie goldgelb einfärben, sodass sie rein äußerlich nicht von Butter zu unterscheiden war.
     Dann lud er Hausfrauen zu einer Reihe von Testveranstaltungen ein. Weil er die

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