Blink! - die Macht des Moments
nur, dass Sie herausfinden,
welches der drei nicht so schmeckt wie die beiden anderen. Glauben Sie mir, diese Aufgabe ist wirklich schwer. Von tausend
Menschen, die diesen Test machen, findet nur ein Drittel die richtige Antwort. Statistisch gesehen ist das nicht besser, als
wenn Sie raten würden – Sie erhöhen Ihre Trefferwahrscheinlichkeit nicht, wenn Sie die Getränke probieren.
|184| Als ich das erste Mal von dem Dreieckstest gehört hatte, probierte ich ihn sofort an meinen Freunden aus.
Kein einziger fand
die richtige Antwort.
Die meisten davon waren regelmäßige Cola-Trinker, und sie konnten gar nicht glauben, was sie da erlebten. Sie regten sich
auf und beschuldigten mich, ich hätte sie hereingelegt. Sie behaupteten, mit den örtlichen Abfüllbetrieben von Pepsi und Coca-Cola
könne etwas nicht stimmen. Sie nahmen an, ich hätte die Reihenfolge der Gläser vertauscht, um es schwerer zu machen. Niemand
wollte es zugeben: Wir wissen einfach nicht sonderlich viel über den Geschmack von Cola. Wenn wir zwei Colas vergleichen sollen,
reicht es, wenn wir zweimal unseren ersten Eindruck befragen. Mit drei Gläsern müssen wir zwei davon im Gedächtnis behalten
und beschreiben können, und einen kurzen Sinneseindruck in etwas Dauerhaftes verwandeln – und dafür benötigt man das Verständnis
und das Vokabular eines Geschmackstesters. Heylmun und Civille haben natürlich keine Probleme mit dem Dreieckstest, denn mit
ihrem Wissen können sie ihre ersten Eindrücke festigen. Meine Freunde haben dieses Wissen nicht: Sie trinken vielleicht eine
Menge Cola, aber sie machen sich nie wirklich Gedanken darüber. Sie sind keine Cola-Experten, und das Experiment überfordert
sie, ihre Reaktionen sind nicht mehr aussagekräftig.
Erklärt das die Reaktionen auf die Musik von Kenna?
»Das stinkt, was die Plattenfirmen mit dir machen«
Nach einigen Jahren des Hin und Her bekam Kenna schließlich einen Vertrag bei Columbia Records. Dort veröffentlichte er sein
Album
New Sacred Crow.
Damit ging er auf eine Tour durch 14 Städte des Westens und Mittleren Westen der USA. Es war ein bescheidener Anfang: Er spielte
im Vorprogramm einer anderen |185| Band und hatte einen Auftritt von 45 Minuten. Die meisten Konzertbesucher wussten nicht einmal, dass er auftreten würde. Doch
nachdem sie ihn gehört hatten, waren sie begeistert. Er nahm ein weiteres Video auf, das von VH-1 für eine Auszeichnung nominiert
wurde. Die Radiostationen der Universitäten begannen,
New Sacred Crow
zu spielen, und das Album kletterte in den College Charts immer weiter nach oben. Er hatte ein paar Fernsehauftritte, doch
der große Durchbruch blieb aus. Die Verkäufe seines Albums blieben bescheiden, weil er nie in den Top 40-Sendern gespielt
wurde.
Es war das alte Lied. Experten und Musikliebhaber waren begeistert von der Musik von Kenna. Craig Kallman hatte die Demo-CD
gehört, sich ans Telefon gehängt und gesagt: »Ich will diesen Mann
sofort
sehen.« Fred Durst hatte einen seiner Songs übers Telefon gehört und war fasziniert gewesen. Paul McGuinness hatte ihn nach
Irland einfliegen lassen. Menschen, die ihre ersten Eindrücke strukturieren können, die das Vokabular haben, um sie einzufangen,
und die Erfahrung, um sie zu verstehen, waren voll des Lobes für Kenna. In einer idealen Welt wäre das wichtiger gewesen als
die zweifelhaften Ergebnisse der Marktforscher. Aber die Welt des Radios tickt anders als die Welt der Nahrungsmittel oder
der Möbelfabrikanten von Herman Miller: Sie bevorzugt ein System, das nicht messen kann, was es zu messen verspricht.
»Sie haben ihre Fokusgruppen befragt, und die haben gesagt, ›Nein, das wird kein Hit.‹ Sie wollen kein Geld in etwas stecken,
das keine guten Testergebnisse bekommt«, sagt Kenna. »Aber so läuft das eben nicht mit meiner Musik. An diese Musik muss man
glauben. Aber mit Glauben hat das Musikgeschäft nichts zu tun. Es ist frustrierend und haut mich um. Ich kann nicht schlafen,
mein Hirn schaltet nicht ab. Aber wenigstens kann ich auftreten, und die Reaktion der Kids ist so überwältigend, dass ich
am nächsten Tag aufstehe und weiterkämpfe. Die Kids kommen nach jeder Show und sagen, ›Mann, das stinkt, was die Plattenfirmen
mit dir machen. Aber wir stehen zu dir, und wir erzählen allen von dir.‹«
*
Orville Redenbacher (1907–1995) ist in den USA mit dem Popcorn gleichen Namens ebenso unzertrennlich verbunden wie es der
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