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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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mehr in der Lage sind,
     diese ganz simple Tätigkeit zu verrichten. Der Puls schnellt in die Höhe, die Koordination schwindet, und sie wählen 000 statt
     110, weil sie sich nur an diese eine Zahl erinnern, oder sie vergessen, am Mobiltelefon die Wähltaste zu drücken, oder sie
     können gar keine Ziffern mehr erkennen. »Sie müssen es üben«, sagt Grossman, »denn nur wenn Sie es geübt haben, werden Sie
     sich im Notfall daran erinnern.«
    Aus genau diesem Grund haben viele Polizeibezirke in den vergangenen Jahren Hochgeschwindigkeitsverfolgungen verboten. Der
     Grund dafür ist nicht nur die Gefahr, die
während
einer Verfolgungsjagd für unschuldige Passanten entsteht (obwohl das sicher auch eine Rolle spielt, denn jedes Jahr kommen
     in den USA rund 300 Unbeteiligte bei solchen Polizeieinsätzen ums Leben). Es geht vielmehr darum, was nach einer Verfolgungsjagd
     passiert, da die Hochgeschwindigkeitsfahrt und die Verfolgung eines Verdächtigen die Polizeibeamten häufig in genau diesen
     extremen Erregungszustand versetzt. »Die Unruhen in Los Angeles sind ausgebrochen, weil Polizisten Rodney King am Ende einer
     solchen |221| Verfolgungsfahrt zusammengeschlagen haben«, erklärt James Fyfe, Ausbildungsleiter der New Yorker Polizei. »1980 und 1986 sind
     ähnliche Unruhen in Miami ausgebrochen, beide Male als indirekte Folge solcher Verfolgungsjagden. Drei der größten Rassenunruhen
     der vergangenen 25 Jahre sind ausgebrochen, weil Polizisten nach einer Verfolgungsjagd außer Kontrolle geraten sind.«
    »Wenn Sie mit hoher Geschwindigkeit durch ein Wohngebiet fahren, dann ist das ein richtig beängstigendes Erlebnis«, sagt Bob
     Martin, der früher ein hochrangiger Polizeibeamter in Los Angeles war. »Selbst wenn Sie bloß mit 80 Sachen fahren. Ihr Adrenalinspiegel
     schießt in die Höhe, und Ihr Herz beginnt zu rasen. Es ist ein bisschen wie beim Joggen, wenn das Endorphin einsetzt. Sie
     fühlen sich euphorisch und verlieren jeden Blick für die Realität. Sie gehen völlig in der Verfolgungsjagd auf. Wie das alte
     Sprichwort so schön sagt, ›Ein Hund auf der Jagd hält nicht an, um einen Flohbiss zu kratzen.‹ Wenn Sie den Funkverkehr während
     einer Verfolgung mithören, dann hören Sie es schon an der Stimme der Beamten. Sie schreien fast. Neue Beamte werden fast hysterisch.
     Ich erinnere mich gut an meine erste Verfolgungsjagd ein paar Monate nach Ende meiner Ausbildung. Wir sind durch ein Wohngebiet
     gefahren. Ein paar Mal ist der Wagen sogar abgehoben. Schließlich haben wir den Typen gestellt. Ich bin dann zurück in den
     Wagen, um zu funken, dass wir okay sind, aber ich konnte nicht einmal das Funkgerät halten, so habe ich gezittert.
    Martin erklärt, die gewalttätigen Übergriffe der Polizeibeamten gegen Rodney King seien eine logische Folge der Jagd: Hier
     begegnen sich zwei Gruppen mit rasendem Pulsschlag und den physiologischen Reaktionen von Raubtieren. »Stacey Koon [einer
     der höherrangigen Polizeibeamten bei der Verhaftung von Rodney King] sagte den Polizisten, sie sollten mit den Schlägen aufhören«,
     sagt Martin. »Aber sie haben ihn einfach ignoriert. Warum? Weil sie ihn nicht gehört haben. Sie hatten völlig dicht gemacht.«
    Fyfe erzählt, er habe unlängst in einem Prozess in Chicago als |222| Zeuge ausgesagt, in dem Polizisten angeklagt waren, die nach einer Verfolgung einen jungen Mann erschossen hatten. Anders
     als Rodney King hatte sich dieser der Verhaftung nicht einmal widersetzt, sondern saß einfach in seinem Wagen. »Er war ein
     Footballspieler der Universitätsmannschaft von der Universität Northwestern in Chicago. Sein Name war Robert Russ. In derselben
     Nacht haben andere Polizisten ein Mädchen erschossen, ebenfalls nach einer Verfolgungsjagd, und in dem Prozess holte der Anwalt
     Johnnie Cochran 20 Millionen Dollar heraus. Die Polizisten sagten aus, Russ sei Schlangenlinien gefahren. Statt anzuhalten,
     sei er weitergefahren. Aber er ist nicht einmal besonders schnell gefahren, selbst auf der Autobahn sind sie nicht einmal
     auf 100 Stundenkilometer gekommen. Auf dem Dan Ryan Expressway ist es den Polizisten schließlich gelungen, ihn von der Straße
     zu drängen. Die Anweisungen für solche Situationen sind detailliert und völlig eindeutig. Die Polizisten dürfen sich dem Wagen
     nicht nähern. Sie müssen den Fahrer auffordern, auszusteigen. Aber zwei der Polizisten sind zur Beifahrerseite gerannt und
     haben die Tür aufgerissen. Und

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