Blitz bricht aus
jetzt geht’s wieder, hoffe ich«, sagte Alec. »Wo sind wir denn jetzt?«
»Über West-Wyoming. Das Gebirge liegt gerade vor uns; deshalb müssen wir steigen. Wenn’s geht, kommen Sie mal nach vorn in die Kanzel, um die Landschaft anzusehen. Sie ist unerhört wild, aber sehr schön.«
Als Alec wieder allein war, fühlte er an dem Druck in seinen Ohren, daß sie stiegen. Die Maschine flog jetzt ganz ruhig, und die Erregung des Hengstes war abgeklungen. Alec wischte ihn trocken, so gut er konnte, und legte ihm noch eine Decke über, um ihn warm zu halten. Er wußte, daß Blitz Durst hatte und goß ein wenig von dem Wasser, das er in einer Zehnliterkanne mitgenommen hatte, in einen Eimer. Dann prüfte er, ob es warm genug war, denn Blitz durfte jetzt auf keinen Fall etwas Kaltes in den Magen bekommen, nachdem er sich so erhitzt hatte. Für Blitz waren es nur einige Schlucke, die er aus dem Eimer trank, den Alec ihm hinhielt. Er wieherte und wollte mehr. »Nach einem Weilchen kannst du noch etwas bekommen, aber jetzt nicht«, tröstete ihn Alec.
Die Motoren hatten jetzt einen andern Ton; sie dröhnten beim Steigen stärker. Alec setzte sich wieder auf sein Bänkchen. Blitz stand ruhig da; er konnte im Moment nichts für ihn tun.
Die Tür zur Flugkanzel öffnete sich, und der Copilot sagte: »Der Kapitän schlägt Ihnen vor, zu ihm zu kommen und einen Blick auf die grandiosen Berge zu werfen, die wir gerade unter uns haben. Bald werden wir auf der andern Seite des Gebirges sein.«
»Das ist sehr freundlich von ihm, vielen Dank, aber ich möchte das Pferd lieber nicht allein lassen«, erwiderte Alec.
Der Copilot kam herein. »Ich würde sehr gern ein paar Minuten bei Blitz sitzen bleiben, da hätte ich ein Erlebnis, von dem ich meinen Kindern erzählen könnte. Sie würden staunen, wenn ihr Daddy bei dem berühmten Blitz den Babysitter gemacht hätte.«
Alec lächelte und warf einen prüfenden Blick auf den Hengst. Seine Augen waren halb geschlossen; es konnte nichts passieren, wenn er ihn für kurze Zeit verließ. Er stand auf. »Nun gut, dann werde ich schnell in die Kanzel gehen. Ich bin gleich wieder da.«
Er ließ die Tür der Kabine offen, um jeden Laut von Blitz und jeden Ruf des Copiloten sofort zu hören. Er sah den Kapitän vorn vor dem erleuchteten Instrumentenbrett sitzen, und durch die große Windschutzscheibe erblickte er die Berge, deren scharfe Zacken der Vollmond beleuchtete.
»Setzen Sie sich einen Augenblick auf den Platz des Copiloten«, forderte ihn der Kapitän auf. »Gerade vor uns liegt das Wind-River-Massiv.«
Am Fuß der in den Himmel ragenden Felsen konnte Alec endlose Waldungen mit tiefeingeschnittenen Tälern und Schluchten erkennen. Die Landschaft wirkte ungeheuer wild und verlassen. Hin und wieder erblickte er die zerstreuten Lichter einer Siedlung und einmal stecknadelklein die Schweinwerfer eines auf einem Gebirgsweg entlangfahrenden Autos.
Der Kapitän machte ihn gerade auf die breite Schneise aufmerksam, die eine von einem Gipfel herabstürzende Lawine in die Wälder gerissen hatte, als Alec das klappernde Geräusch hörte, das ein Eimer verursacht, wenn er mit Metall in Berührung kommt. Er drehte sich eilends um und stürzte in die Box zurück.
Der Copilot setzte soeben den Wassereimer beiseite. Vom Maul des Hengstes tropfte Wasser. Als Alec es anfühlte, war es eiskalt. Sein Magen kam hoch, als würde ihm übel.
»Er war sehr durstig«, sagte der Copilot, »er hat den ganzen Eimer leer getrunken.«
Alec sah ihn nicht an. Er prüfte den kleinen Rest Wasser, der im Eimer verblieben war—tatsächlich, es war eisig kalt! Der Pilot hatte das Wasser aus dem eisgekühlten Behälter am andern Ende der Kabine geholt. Etwas Schlimmeres hätte Blitz nicht geschehen können...
»Da habe ich ja nun meinen Buben zu Hause etwas zu erzählen«, sagte der Pilot vergnügt. »Jeder in unsrer Nachbarschaft wird es erfahren, daß ich bei Blitz bleiben durfte! Nochmals vielen Dank!«
Alec sagte nichts; Vorwürfe hätten keinen Zweck gehabt. Er sah nur Blitz an. In fünf oder zehn Minuten würde er wissen, ob seine Befürchtungen wirklich eintrafen, längstens in einer Viertelstunde. Sein Herz klopfte laut, er vermochte kaum zu atmen. Kolik kommt immer bald und plötzlich, wenn sie ausbricht. Er hatte schon Pferde gesehen, denen sorglose Pfleger kaltes Wasser zu trinken gegeben hatten, wenn sie erhitzt waren. Das Resultat waren Magenkrämpfe, die furchtbare Schmerzen verursachten. Doch
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