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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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sogar auf sie stürzen, dann würde sie uns in Asche verwandeln.
    »Du hast wohl keinen Appetit«, wandte sich Lepra nun an mich. »Iss etwas, dein Körper braucht Nahrung. Vor allem jetzt. Soll ich dir vielleicht eine Hühnerbrühe kochen? Die würde ich dir wirklich empfehlen, denn du siehst immer noch ein wenig angeschlagen aus. Wie fühlst du dich, mein Junge?«
    »Danke, ausgezeichnet.«
    Offenbar stellte sie meine Antwort nicht zufrieden, denn sie stand auf und trat an mich heran. Ich verkrampfte mich sofort, fing aber noch Lahens Blick auf. Die Verdammte legte mir die Hand auf die Stirn. Wie beim letzten Mal war ihre Hand trocken und heiß und verbrannte mir die Haut. Das Ganze dauerte nicht länger als ein paar Sekunden. Dann kehrte die Alte zu ihrem Stuhl zurück.
    »Ich nehme an, jetzt fühlst du dich etwas besser. Dieser Raufbold Hamsy hat dir aber auch zugesetzt«, sagte sie lächelnd und nippte an ihrem Shaf. »Der Stab eines Auserwählten ist etwas mehr als eine schlichte Latte, wusstest du das nicht? Falls nicht, dann weißt du es eben jetzt. Und merk es dir für die Zukunft. Vielleicht nützt dir dieses Wissen irgendwann einmal. Ein Hilss hinterlässt nämlich nicht nur blaue Flecken und Beulen«, sagte sie und schnalzte mit der Zunge. »Ein paar hübsche Zauber – und er verschmurgelt deine Seele. Nur gut, dass ich noch rechtzeitig von diesem dummen Scherz Hamsys erfahren habe. O ja, Hamsy, das
war
ein dummer Scherz, da brauchst du gar nicht so zu grinsen!«, wandte sie sich an den Nekromanten. »Es hätte mich sehr betrübt, wenn dieser liebe Junge gestorben wäre. Seine Heilung hat mich einige Mühe gekostet. Deshalb solltest du dir beim nächsten Mal genau überlegen, was du tust, bevor du meine Gäste mit solch gefährlichen Zaubern ausschaltest.«
    Hamsy nickte ihr ernst zu und sah dann mich auffordernd an.
    »Vielen Dank, dass Ihr mir etwas von Eurer Zeit gewidmet habt«, presste ich heraus.
    »Herrin«, soufflierte der Nekromant leise.
    »… Herrin«, wiederholte ich gehorsam.
    »Oh! Nicht der Rede wert!«, wehrte Lepra ab. »Das war doch eine Kleinigkeit.« Dann zwinkerte sie mir zu und fuhr mit der Stimme einer Verschwörerin fort: »Ich gestehe aber gern, dass ich das nicht nur getan habe, weil du mir am Herzen liegst. Du bist zwar ein ganz famoser Junge, aber auch ein Hitzkopf. Schließlich hättest du die arme Thia, pardon, ihr nennt sie ja die Verdammte Typhus, beinahe umgebracht!« Lepra schüttelte missbilligend den Kopf und drohte mir mit dem Finger. »Nein, ich habe dir dein Leben nur aus dem Grund geschenkt, weil dein Tod dieses liebe und so begabte Mädchen bekümmern könnte. Und ich wollte doch nicht, dass zu Beginn unserer Bekanntschaft ein solch trauriges Ereignis steht. Deshalb ist meine Hilfe in gewisser Weise bar jeder Güte. Sie zielte einzig auf meinen Vorteil und war von meiner Seite mit Bedacht kalkuliert. Aber was will man machen? Wir alle werden mit dem Alter etwas … zynisch. Obendrein sprechen wir aus, was immer uns auf der Zunge liegt. Verzeih mir also, sollte ich dich beleidigt haben.«
    Daraufhin musste ich ihr selbstverständlich versichern, sie habe mich in keiner Weise beleidigt. Lepra nickte nur würdevoll und bot uns abermals ihre Küchlein an. Wir griffen zu – und mussten unumwunden anerkennen: Sie war eine hervorragende Bäckerin. Moltz würde glatt vor Neid platzen.
    Derweil plauderte sie weiter mit uns, als wären wir ihre Enkelkinder. Ich musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass wir eben keine liebreizende Großmutter vor uns hatten, sondern eine Hexe, die bereits Tausende von Menschen umgebracht hatte. Eine Abtrünnige. Eine Magierin. Die Verdammte Lepra …
    Doch jedes Mal, wenn ich sie ansah, fiel es mir schwer zu glauben, dass die schrecklichste, stärkste und gefährlichste der sechs Verdammten vor mir saß. Nur wenn sie sich zuweilen vergaß und aus der Rolle fiel, blitzte ihre eigentliche Natur auf. Dann glänzten in den fahlen alten Augen jener Stahl und jene unmenschliche Kraft, die mir den Schweiß aus den Poren trieben. Dann wollte ich nicht einmal an das denken, was geschehen würde, wenn Lepra dieses Spieles überdrüssig war und nicht mehr die einfältige Alte gab.
    »Hamsy, sei so gut und sieh nach Rona«, wandte sie sich an den Nekromanten. »Ich fürchte ein wenig um ihre Gesundheit.«
    Der Nekromant erhob sich, griff nach dem Stab, verbeugte sich und ging hinaus, wobei er die Tür sehr leise hinter sich

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