Blitz: Die Chroniken von Hara 2
habe.«
»Etwas anderes war nicht zu erwarten. Ich nehme an, er war nicht sonderlich entzückt, als er hörte, dass du es noch nicht in Händen hältst.«
»Das ist gelinde gesagt. Er dürfte jedoch noch um einige Grade missgestimmter sein, wenn er wüsste, dass ich es nicht einmal gesucht habe.«
Talki stieß ein gackerndes Gelächter aus.
»Worüber amüsierst du dich so?«, wollte Thia wissen. »Oder ist das ein Geheimnis?«
»Wie hübsch sich alles eins zum anderen fügt. Jetzt wird Rowan in Alsgara auf Feuer verzichten. Das bedeutet, dass unser Freund an dieser Nuss wesentlich länger zu knacken hat, als er angenommen hatte. Ich fürchte, er wird die Stadt noch nicht einmal bis zum Winter genommen haben. Das wiederum heißt, dass Ley seinen Feldzug durchführen kann, ohne dass ihm dieser hitzige Junge dazwischenpfuscht. Er wird bis Bragun-San, möglicherweise sogar bis kurz vor Korunn kommen und dort sein Winterlager aufschlagen. In letzter Zeit scheint mir Ley immer etwas … nervös, wenn Rowan in seiner Nähe ist. Deshalb ist es nicht nur für Ley, sondern für unser aller Sache von Vorteil, wenn wir dem Jungen eine Beschäftigung geben.«
Diese durchtriebene Spinne! Wie lange hatte sie diese Intrige wohl schon eingefädelt?
»Das hast du klug in die Wege geleitet«, bemerkte Thia.
»Was redest du da, mein Mädchen? Ich habe nicht das Geringste damit zu tun. Hier fügen sich einzig und allein verschiedene Umstände glücklich zusammen.«
»Erzähl das Mithipha, mich aber verschon damit! Mir ist der Kopf nämlich zum Denken gegeben. Und allmählich frage ich mich, ob das Geschreibsel unseres unvergesslichen Skulptors tatsächlich existiert.«
»Willst du etwa behaupten, ich hätte ein Märchen ersonnen, um Rowan vom Norden abzuziehen?«, entgegnete Talki. »Auf diese Frage könnte ich dir jedenfalls mit einem klaren Nein antworten. Dieses – wie hast du es ausgedrückt? – Geschreibsel unseres unvergesslichen Skulptors … Das existiert wirklich und scheint nach wie vor in Alsgara versteckt zu sein. Oder hältst du Mithipha für imstande, uns alle an der Nase herumzuführen?«
»Diese heilige Einfalt?!«, erwiderte Thia mit einem Schnauben. »Jedes Huhn hat mehr Verstand als sie.«
»Dergleichen höre ich nicht gern, auch wenn ich … auch wenn ich dir wohl recht geben muss, mein Mädchen. Aber lassen wir diese lästerlichen Reden über gemeinsame Freunde, das gehört sich nicht«, verlangte Talki kichernd. »Im Übrigen habe ich mich mit dir in Verbindung gesetzt, um dich über die neuesten Entwicklungen in Kenntnis zu setzen.«
»Zu gütig von dir.«
»Ich kann es auch bleiben lassen!«
»Nein, das wäre …«
»Dann halte deine scharfe Zunge im Zaum, Mädchen!« Zum ersten Mal während ihres Gesprächs funkelten Talkis Augen stahlhart auf. »Du solltest mir dankbar sein, dass ich eine gewisse Person nicht in die nächste Jauchegrube geworfen habe, als sie mich um Hilfe gebeten hat. Merk dir ein für alle Mal: Du brauchst mich weit mehr als ich dich. Und dein grobes Gerede ärgert mich allmählich.«
»Tut mir leid«, murmelte Thia, nachdem sie ihren Stolz hinuntergeschluckt hatte.
»Schon vergeben, mein Kind«, gab sich Talki sofort wieder sanft. »Schwamm drüber. Gut, wie ich sehe, hast du mittlerweile vollständig die Kontrolle über den Körper dieses Jungen übernommen. Das ist vortrefflich. Du machst Fortschritte. Und nun zu meinen Neuigkeiten. Es sind gute dabei, aber auch schlechte. Welche möchtest du zuerst hören?«
»Die guten.«
»Wie du willst. Nachdem sich die Hochwohlgeborenen und ein Teil der Ye-arre auf unsere Seite gestellt haben, konnte Ley den Linaer Moorpfad nehmen. Er hat Okny belagert und befindet sich jetzt irgendwo zwischen den Blinden Bergen und der Treppe des Gehenkten. Die Armee des Imperiums ist mittlerweile ebenfalls vor der Treppe aufgezogen, aber ich rechne damit, dass wir sie nehmen. Alenari hat bereits den größten Teil ihrer Streitkräfte zu Ley entsandt. Das wird ihm sicher helfen.«
»Wenn ihm Alenari Truppen geschickt hat, was ist dann mit der Belagerung von Gash-shaku?«
»Die wird nach wie vor aufrechterhalten. Es sind genug Kräfte dortgeblieben. Abgesehen davon gibt es im Westen sonst nur noch einen einzigen Herd des Widerstands, nämlich Altz. Doch die Stadt wird sich nicht lange halten können. Geh davon aus, dass wir in Bälde in die Bluttäler vorrücken.«
»Was willst du da? In der Steppe gibt es nur ein Dutzend lausiger
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