Blitz: Die Chroniken von Hara 2
zu … sterblich, als dass er dich zufriedenstellen könnte. Und die Schreitenden gebieten nun einmal nicht über beide Aspekte der Gabe. Ganz im Unterschied zu dieser Autodidaktin. Du wirst dich erinnern, wie mühelos sie den Hilss gehandhabt und die Magie des Todes eingesetzt hat. Das bringt nicht einmal jeder Nekromant aus Sdiss zustande. Du brauchst sie und den Heiler, um deine einstige Größe zurückzuerlangen. Koste es, was es wolle, du musst mir diese beiden bringen – oder du wirst für immer in einer Körperhülle stecken, die dir nicht angemessen ist.«
»Bist du dir sicher, was dieses Weibsbild angeht?«
Tief in ihrem Innern hatte Thia gehofft, sie könnte die Frau umbringen und ihren Tod dann wie einen Zufall aussehen lassen. Wenn Talki recht hatte, sollte sie dieses Weib jedoch besser mit Samthandschuhen anfassen.
»O ja, das bin ich«, antwortete Talki. »Das Mädchen verfügt über beide Funken. Was über die Maßen erstaunlich ist. Eben diese Flexibilität brauchen wir um jeden Preis. Bei den Sdisser Nekromanten findest du sie nicht, nicht einmal bei denen, die wir mit so viel Mühe von Schwarzen in Graue verwandeln wollten. Nein, sie sind nach wie vor auf die dunkle Seite fixiert. Insofern müssen wir alle entsprechenden Versuche als gescheitert betrachten. In diesem Mädchen jedoch leben der dunkle
und
der lichte Funke. Weitere Ausführungen kann ich mir sparen, oder? Glaub mir, ich bin müde und möchte schlafen.«
»O ja, das kannst du. Ist das alles, was du mir sagen wolltest?«
»Du verwunderst mich immer wieder, mein Mädchen. Glaubst du wirklich, ich würde mich mit einer schlechten Nachricht begnügen?«
Thia presste die Lippen aufeinander und schwieg.
»Ich habe meine Bibliothek aufmerksam durchforstet, habe mir alle Bücher vorgenommen und viel Zeit an diese Sache gesetzt. Du ahnst gar nicht, wie mühselig all das war. Aber immerhin bin ich auf verschiedene Experimente gestoßen, die die Magier der Vergangenheit durchgeführt haben. Bei ihnen ging es darum, dass jemand, der den Funken in sich trägt, eine Seele aus einem sterblichen Körper in einen anderen versetzt. Das kann die eigene, aber auch eine fremde sein. Und natürlich meine ich damit einen dauerhaften Körperwechsel, nicht so etwas wie deine Hüpfer hinein in einen Toten. Für einen solchen permanenten Wechsel gibt es zwei Möglichkeiten. Im ersten Fall, der im Übrigen sehr selten ist, zeigt ein Mensch schlicht und ergreifend eine entsprechende Disposition für einen solchen Wechsel. Nach dem Tod seines Körpers hält seine Gabe die Seele aufrecht und hilft ihr, sich in einer anderen vergänglichen Hülle einzunisten. Dieser Weg steht großen Meistern offen. Aber die kannst du an den Fingern einer Hand abzählen. Diese Variante dürfte für dich wohl ausscheiden, ungeachtet deiner Stärke. Deshalb sollten wir uns den zweiten Weg genauer ansehen. Dabei muss ein Heiler in deiner Nähe sein und dein Ich in einen vorbereiteten Körper geleiten. Dieser Körper sollte bestimmte Eigenschaften aufweisen. Welche, das habe ich dir bereits beschrieben. Du hörst mir noch zu?«
»Ja.«
»Sehr schön, dann weiter. Bislang sind nur wenige solcher Wechsel gelungen. In der Vergangenheit haben es verschiedene Heiler oder Heilerinnen im Turm versucht, meist jedoch vergeblich.«
»Das schürt nicht gerade meine Hoffnungen«, brummte Thia.
»Es kommt noch schlimmer. Der Einzige, der einem Menschen mit der Gabe jemals zu einem solchen Wechsel verholfen hat, war der Skulptor. Aber ich bin mir sicher, dass auch ich diese Aufgabe bewältigen werde.«
»Warum?«
»Weil ich ich bin, mein Mädchen. Wenn ich das nicht vollbringe, dann schafft es niemand. Du solltest mich also inniger ins Herz schließen als deine eigene Mutter.«
Thia nickte schicksalsergeben.
»Das wäre dann alles, was ich dir sagen wollte, meine Liebe. Ich erwarte dich im Regenbogental. Bis dann.«
Prompt tropfte der Wein zu Boden, die vorhandene Lache vergrößerte sich. Doch noch ehe Thia diese Eröffnungen verdaut hatte, wollte bereits wieder jemand mit ihr Verbindung aufnehmen.
»Haben die sich abgesprochen, oder was?«, grummelte sie.
Bei den scheuen, durch und durch unangenehmen Berührungen schüttelte sie sich in unbezwingbarem Hass.
Mithipha.
Die Verdammte Scharlach.
Die Graue Maus.
Sie verachtete sie sogar noch stärker als Rowan. Sie verachtete sie, ja sie hasste sie geradezu – ertrug sie aber dennoch, auch wenn diese emporgekommene Närrin,
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