Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Ley ist unbarmherzig, berechnend und hochgefährlich. Für unsere Armee stellt er gegenwärtig die schlimmste Bedrohung dar.«
»Und wie ist Ley im Kampf?«
»Du meinst, ob er das Schwert zu führen weiß? Das kann ich dir nicht sagen. Aber ich glaube kaum, dass er viele Kämpfe ausficht, wenn er humpelt. Außerdem – warum sollte jemand zu einem Schwert greifen, wenn er Magie beherrscht? Nein, Ley ist ein unübertroffener Feldherr, der diesem Herrn hier, dem Verdammten Schwindsucht, in nichts nachsteht«, sagte sie und deutete mit einem Nicken auf das nächste Bild.
Ich blickte in ein edles, blasses Gesicht, mit einem akkurat gepflegten Vollbart und blondem Haar. Allein mit seiner Haltung brachte dieser Mann zum Ausdruck, wie sehr er seine Mitmenschen verachtete. Die arroganten Lippen schienen aller Welt zu verkünden, dass dieser Mann nur sich selbst liebte. Zudem lag in seinen Augen ein widerlicher Ausdruck. Ich hatte den Eindruck, vor einem offenen Grab zu stehen, in dem eine nicht allzu frische Leiche lag.
»Rowan Neho, der Verdammte Schwindsucht und jüngere Bruder von Rethar. Beide wurden von Ghinorha ausgebildet. Rowan ist ein meisterlicher Kämpfer, der nach allen möglichen Waffen schier verrückt ist. Er gilt als einer, der stets sein Wort hält, aber das ist vermutlich das einzig Gute, was man ihm nachsagen kann. Da er wirklich wahnsinnig zu sein scheint und leicht in Wut gerät, foltert er für sein Leben gern. Köpfe von Toten auf Piken, aufgeschlitzte Bäuche, gepfählte Leichen, abgeschnittene Finger und Körper, die in siedendes Öl geworfen werden – mit alldem musst du bei ihm rechnen. Obendrein hat er es in der Kunst, das Bewusstsein anderer umzuformen, zu wahrer Meisterschaft gebracht. Er bricht jeden Willen wie einen trockenen Ast.«
»Was für ein ausgesprochen angenehmer Zeitgenosse!«
»Ohne Frage. Ein echter Widerling. Ghinorha hat gesagt, gegen Ende des Kriegs der Nekromanten war er völlig außer Kontrolle geraten. Thia fürchtet ihn.«
»Hat sie ihn irgendwie gegen sich aufgebracht?«
»Angeblich hat Rowan seinen Bruder nicht nur auf brüderliche Weise geliebt. Ob Rethar das wusste, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Als Rethar dann ein Auge auf Thia geworfen hat, ist Rowan sofort in Hass auf diese entbrannt. Da er sich mit seinem Bruder aber nicht überwerfen wollte, hat er nie ein Wort darüber verloren, was er von Thia hielt. Nach Rethars Tod änderte sich das jedoch, von da an trug er seinen Hass offen zur Schau. Wenn Thia glaubt, Mithipha treffe die Schuld an Rethars Tod, dann lastet Rowan ihn Thia an. In gewisser Weise hat er damit sogar recht, denn Rethar ist gestorben, um Thia das Leben zu retten.«
»Warum ist er ihr dann bisher nicht an die Gurgel gegangen?«
»Frag mich was Leichteres!«, erwiderte Lahen und wies auf das nächste Bild. »Das hier ist übrigens Rethar, der Verdammte Fieber. Die einzige Liebe im Leben von Thia.«
Äußerlich ähnelte er seinem jüngeren Bruder sehr. Der einzige Unterschied bestand darin, dass die Haare weiß und die Augen knallrot waren. Außerdem strahlte er weder Hochmut noch Verachtung aus, im Gegenteil, er hatte ein einnehmendes Lächeln. Die Feindseligkeit, die ich gespürt hatte, als ich das Portrait des Verdammten Schwindsucht betrachtet hatte, nahm ich bei ihm nicht wahr.
»Ghinorha hat mich oft damit aufgezogen, dass er viel talentierter und eifriger gewesen sei als ich«, erklärte Lahen. »Er hat sie stets unterstützt. Für die Verdammten bedeutete sein Tod den ersten großen Verlust. Wäre er noch am Leben gewesen, hätten sie Bragun-San vermutlich nehmen können.«
»Er war es doch, der alle aus der Stadt herausgebracht hat, als der Aufstand gescheitert war, oder?«
»Nein. Das ist eine dumme Legende. Das hat Ley getan, trotz seines gebrochenen Beins. Rethar hat die schwer verwundete Verdammte Blatter gerettet. Diese Dame hier.«
Als ich das Gemälde betrachtete, stieß ich einen begeisterten Pfiff aus. »Oho!«
Zu sagen, diese Frau sei schön, hieße nichts zu sagen. Sie war überwältigend. Ein unbeschreibliches Gesicht. So müssen die Gattinnen der ersten Imperatoren ausgesehen haben. Für eine solche Frau könnte jeder Mann zum Mörder werden, einer solchen Frau will er die Welt zu Füßen legen.
»Mach den Mund zu, sonst trocknet er aus, mein Liebster«, riet mir Lahen. »Diese Schönheit ist längst nicht mehr so schön.«
Um ihren Hals hing ein Collier mit einem Falken, dem Wappen der
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