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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Imperatorfamilie.
    »Ah, du hast die Kette bemerkt? Richtig, vor dir siehst du eine Cousine des damaligen Imperators. Sie stammt aus einer alten Adelsfamilie. Nach dem Aufstand hat man natürlich alles darangesetzt, diesen Umstand unter den Teppich zu kehren. Wozu auch das einfache Volk damit behelligen, dass eine Verwandte des Herrschers den Verdammten angehörte? Alenari rey Vallions Schönheit war legendär. Während des Aufstands ist ihr allerdings ein kleines Missgeschick widerfahren. Einer der Schreitenden ist es gelungen, ihr Gesicht fürchterlich zu entstellen. Ghinorha hat gesagt, der Anblick sei jetzt äußerst unappetitlich. Talki konnte ihr nicht helfen. Die schrecklichen Narben sind für immer geblieben. Heute trägt Alenari stets eine silberne Maske vor dem Gesicht, hasst alle schönen Frauen und zerschlägt jeden Spiegel, der ihr in die Hände fällt. Sie ist zwar nicht ganz so grausam wie Rowan, aber trotzdem solltest du besser nicht mit ihr aneinandergeraten. Mitleid und die Verdammte Blatter, das sind zwei Schuhe, die nicht zusammenpassen. Von Kämpfen und Gefechten versteht sie weit mehr als Frauen sonst und kann sich in diesem Bereich durchaus mit Ley und Rowan messen. Wahrscheinlich macht sich da die Adlige in ihr bemerkbar: Du musst sie dir so vorstellen, dass sie auf der Laute spielt, stickt – und dabei den Sturm auf eine Festung plant.«
    Es blieben noch zwei Portraits.
    Das erste zeigte eine Frau von etwa fünfunddreißig Jahren. Das kupferrote Haar war kurz geschnitten und stand hier und da ab. Der lange Pony fiel ihr über die grünen, spöttischen Augen, die kecke Nase sprenkelten Sommersprossen, die Wangen zierten Grübchen. Sie lächelte mich vom Bild aus freundlich an und schien kurz davor, in schallendes Gelächter auszubrechen.
    »Ich hätte sie wirklich gern einmal so heiter, sorglos und … jung erlebt«, flüsterte Lahen mit überraschender Zärtlichkeit. »Das ist Ghinorha, meine Lehrerin.«
    Fassungslos starrte ich die Verdammte Cholera an: Die Frau auf dem Bild glich in keiner Weise dem Monster, als das sie der Volksmund darstellte.
    »Sie hatte von allen den sehnlichsten Wunsch, eine neue Schule aufzubauen und die jahrhundertealte Feindschaft zwischen den Adepten des dunklen und des hellen Funkens zu überwinden. Zu schade, dass ihr das nicht geglückt ist.«
    »Es heißt, sie soll sich recht gut mit Soritha verstanden haben?«
    »Das stimmt. Ghinorha Railey war eine gute Freundin der Mutter, obwohl mir bis heute schleierhaft ist, wie sie sich mit diesem Dreckstück einlassen konnte. Bis zum Schluss hat sie versucht, Soritha von der Notwendigkeit zu überzeugen, beide Aspekte der Gabe zu lehren. Aber all ihre Bemühungen waren vergeblich.«
    »Und dann brach der Aufstand los.«
    »Ja. Er schien den Verdammten die einzige Möglichkeit zu sein, ihr Ziel doch noch zu erreichen.«
    »Und auf dem letzten Bild, das ist Lepra, oder?«
    »Richtig.«
    Lepra war schon weit über sechzig. Die grauen Haare trug sie zu einem Zopf zusammengefasst, die blauen Augen blickten trübe aus einem vollen, gutmütigen Gesicht, das von Falten gegerbt war. An dem breiten Kinn hing die Haut in Falten herunter, während die blassen Lippen ein Lächeln umspielte. Kurz und gut, eine freundliche Alte, wie sie im Buche steht.
    »Die Heilerin Talki Atruni dürfte heute wohl die einflussreichste der sechs Verdammten sein. Sie war damals die zweitstärkste Magierin im Rat und eine der erfahrensten Magierinnen in der Geschichte des Turms. Wenn Soritha nicht gewesen wäre, dann wäre mit Sicherheit sie Mutter geworden. Seit dem Tod Ghinorhas gilt sie als das ungekrönte Haupt unter den einstigen Aufständischen. Die anderen fünf haben stets etwas auf ihre Meinung gegeben, in allen entscheidenden Fragen hat sie das letzte Wort. Lass dich nicht von ihrem gutmütigen Äußeren täuschen, denn sie ist diejenige, die im Hintergrund die Fäden zieht. Sie ist unbarmherzig, tückisch wie eine Giftnatter und wendig wie eine Katze. Talki führt eine Sache immer zu Ende und geht, wenn nötig, über Leichen.«
    Das ohne Frage. Im Imperium erinnerten sich immer noch alle mit Schaudern an die Seuchen, die sie während des Kriegs der Nekromanten heraufbeschworen hatte. Ihretwegen war der halbe Südwesten entvölkert und ein Teil der Imperatorfamilie im Laufe weniger Tage an Lepra gestorben.
    »Eine interessante Gesellschaft«, sagte ich, als ich noch einmal an den Portraits vorbeiging und neben Ghinorha stehen blieb.

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