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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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was sie getan hat, lässt sich am besten … mit der Lektüre eines Buches vergleichen. Wobei der Text in unverständlichen Buchstaben und nach fremden Regeln abgefasst ist. Sie hat sozusagen meinen Funken gelesen.«
    »Und?«, fragte ich, denn ich begriff immer noch nicht, worauf sie anspielte.
    »Versuchen wir es also anders«, seufzte Lahen und nickte in Richtung des Bücherschranks. »Siehst du das Buch mit dem weißen Einband da? Nimm es heraus.«
    »Das ist aber in der Sprache der Hochwohlgeborenen geschrieben.«
    »Eben deshalb. Schlag es auf.«
    Ich kam ihrer Bitte nach und starrte verständnislos auf die komplizierten Schriftzeichen. Soweit ich mich erinnerte, gab es in der Sprache der Spitzohren einige Hundert Buchstaben, und jeder konnte, je nach den umgebenden Zeichen, die unterschiedlichsten Bedeutungen tragen. Abgesehen davon vermochte nur ein Mensch, bei dem im Oberstübchen etwas nicht ganz stimmte, diese Aufzeichnungen zu entziffern, denn häufig musste man einzelne Sätze überspringen, um den Text zu erfassen. Unseren Gelehrten hatten diese Schriftzeugnisse jedenfalls bereits jede Menge Kopfzerbrechen verursacht.
    »Lies es vor.«
    »Willst du dich über mich lustig machen?«
    »Nein«, antwortete sie lächelnd. »Ich versuche dir nur auf eine anschauliche Art zu erklären, was ich dir eben gesagt habe. Wie viel Zeit bräuchtest du wohl, um herauszufinden, was auf … sagen wir … einer Seite steht?«
    »Wenn ich einen Lehrer hätte und …«
    »Du hast keinen Lehrer«, fiel sie mir ins Wort. »Niemand erklärt dir die Bedeutung der Buchstaben oder bringt dir bei, mit welchem Zeichen ein Satz beginnt. All das musst du selbst herausfinden, ohne jedes Hilfsmittel, ohne Anhaltspunkt, von dem du ausgehen und das Knäuel entwirren könntest. Also, wie lange bräuchtest du?«
    »Mehr als eine Ewigkeit«, antwortete ich unumwunden. »Das ist doch einfach unmöglich.«
    »Eben«, erwiderte sie und nahm mir das Werk des unbekannten Hochwohlgeborenen wieder ab. »Funken sind wie Bücher. Nur dass jeder von ihnen in einer anderen Sprache geschrieben ist. Er muss auf eine besondere Art gelesen werden und hat seine eigenen Buchstaben. Zwei gleiche Funken gibt es nicht. Wenn jedoch jemand die Gabe in sich trägt und über viel Erfahrung verfügt, kann er einen fremden Funken ausmachen«, sagte sie und fuhr gedankenverloren mit dem Finger über den Einband des Buches. »Er kann ihn fühlen. Erkennen, ob es ein heller oder ein dunkler Einband ist. Und wie dick er ist beziehungsweise wie kräftig der Funke lodert. Aber das sind alles äußerliche Merkmale, über den Inhalt weiß er selbst dann noch nichts. Wenn jemand einen fremden Funken lesen will, ist das so, als wolltest du dieses Buch lesen.« Lahen reichte mir den Band und bat mich mit einem Kopfnicken, ihn zurückzustellen. »Man muss sich ohne jede Hilfe mit den neuen Buchstaben abmühen, mit der Logik des Textes … allein das Buch aufzuschlagen ist nicht so einfach und kann schon unterschiedliche Folgen nach sich ziehen. Verstehst du jetzt, worauf ich hinauswill?«
    »Die Mutter hat etwas Unmögliches vollbracht?«
    »Nichts ist unmöglich. Im Grunde lässt sich jedes Hindernis überwinden. Einzelne Schreitende konnten früher einmal recht gut fremde Funken lesen. Dafür ist ein besonderes Wissen nötig. Aber letzten Endes bedarf es für jede noch so winzige magische Handlung einer besonderen Gabe. Um die Farbe eines Funkens zu bestimmen, um ihn zu lesen oder eben um das Geflecht eines unbekannten Zaubers zu entwirren. All das sind Facetten ein und derselben Magie. Und nur wenige tragen gleich mehrere dieser Fähigkeiten in sich. Ceyra Asani hat sich als weitaus stärker, erfahrener und talentierter herausgestellt, als ich gedacht habe. Sie ist ein Genie in der Lektüre. Sie brauchte nur zwei Begegnungen mit mir, um meinen Funken ohne Mühe zu entziffern. Schreitende, die das vermögen, haben Macht über all die Magier, deren Funken sie gelesen haben, denn dann kennen sie das Wesen ihrer Gabe. Dafür muss man Zauber der höchsten Ordnung beherrschen. Diese werden jedoch seit den Zeiten des Großen Niedergangs nicht mehr gelehrt. Anscheinend hat die Mutter gründlich in der Bibliothek gestöbert … Mit ein wenig Neugier und dem Wissen dessen, wonach sie eigentlich suchte, ist sie offenbar auch fündig geworden. Außerdem darf sie ja alle Aufzeichnungen einsehen. Der Rest ist dann nur noch eine Frage des Glücks, der Hartnäckigkeit und des

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