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Blitz in Gefahr

Blitz in Gefahr

Titel: Blitz in Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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die Zirkuskunststücke ausführten. Sie sprangen durch Feuerreifen und über Elefanten- und Raubtiergruppen hinweg. Eins zeigte einen schönen Schimmel, der künstliche Flügel auf dem Rücken trug und über mehrere andere, nebeneinander aufgereihte Pferde sprang.
    »Das soll wohl an Pegasus erinnern?« fragte Alec.
    Der Hauptmann nickte. »Antonio Franconi hat diesen Dressurakt vorgeführt, und zwar in London, etwa um 1800. Das Flügelroß des griechischen Mythos war damals sehr in Mode bei dergleichen Darbietungen.«
    Man konnte bei genauem Hinsehen erkennen, daß die ziemlich großen Flügel an einem um den Leib des Pferdes geschnallten Gurt befestigt waren. Es sah tatsächlich so aus, als ob der Schimmel über den Rücken seiner Gefährten hinwegflöge. Man konnte verstehen, daß die Vorführung viel Beifall erhalten hatte. Es war schade, daß dieser Dressurakt mit den Flügeln heute nicht beklatscht, sondern verlacht werden würde; das Publikum war zu nüchtern, es hielt von Sagen und Märchen nichts mehr, weil es keine Phantasie mehr hatte. Alec sagte das dem Hauptmann, der ihm sofort die Gegenfrage stellte: »Und wie steht es mit Ihnen, Alec? Sind Sie auch so durch und durch Rationalist und glauben nicht daran, daß Mythen und Legenden einen wahren Kern haben?«
    »Ach, doch! Ich habe eine lebhafte Einbildungskraft, schon von Kindheit an. Als Junge bin ich auf dem Flügelroß meiner Phantasie durch die ganze Welt geritten.«
    »Das dachte ich mir«, sagte der Hauptmann. »Wie steht es aber jetzt, wo Sie erwachsen sind? Glauben Sie wie ich, daß in all den alten Sagen, Legenden und Mythen ursprünglich einmal ein wahrer Kern war?«
    Alec überlegte ein Weilchen, dann erklärte er: »Ich habe gelesen, daß die Menschen ganz früher glaubten, manche Tiere hätten göttliche Eigenschaften. Die Ägypter beteten, soviel mir bekannt ist, eine Göttin in Katzengestalt an und einen Gott in Stiergestalt. Ähnlich ist vielleicht das Flügelroß der griechischen Sage entstanden — eine Symbolfigur!«
    »Mag sein«, sagte de Villa, und sein Blick ging von Alec zu dem vor ihm liegenden Bild zurück. »Aber bedenken Sie nur, daß es ja noch gar nicht so lange her ist, daß die Menschen an eine magische Welt glaubten, in der sich Götter in Tiere verwandelten...« Er nahm das Bild auf und studierte es genau. »Nicht alle Tiersymbole waren so schön wie Pegasus«, sagte er grübelnd, »es gab welche, die waren so schrecklich, daß die Menschen bei ihrem Anblick starben.«
    Obwohl seine Stimme tiefernst geklungen hatte, konnte Alec nicht vermuten, daß ein erwachsener Mann wie der Hauptmann an solchen Unsinn glaubte. Er spielte ihm wohl etwas vor, um ihn zu unterhalten. So meinte er lachend: »Sie denken an Drachen und Dämonen. Märchen hat man von Anbeginn der Zeiten erzählt, um die Kinder gruseln zu machen. Heute glaubt an solchen Spuk doch kein Mensch mehr!«
    »Leider...« murmelte der Hauptmann. »Es ist bedauerlich, denn es gibt nun einmal Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich unser Verstand nichts träumen läßt.«
    Alec überlegte, wie das Bedauern gemeint sein könnte. Er kam zu dem Schluß, daß der Hauptmann bekümmert war, weil Zirkusdressuren, die irgendwelche mythischen Fabeltiere nachahmten, beim heutigen Publikum keinen Beifall mehr fanden.
    »Nehmen Sie als Beispiel den im Mittelalter so viel erwähnten Drachen«, sagte der Hauptmann versonnen. »Die Gelehrten sind sich darüber einig, daß die Sage von seiner Existenz auf die vorgeschichtlichen Ungeheuer wie Dinosaurier, riesenhafte Reptilien und so weiter zurückgeht. Prähistorische Funde beweisen, daß sie auf unserer Erde gelebt haben, und daher bin ich der Überzeugung, daß auch Geschöpfe wie Pegasus, der Zentaur und dergleichen in ähnlicher Form wirklich gelebt haben.«
    »Da komme ich nicht mit«, sagte Alec entschieden. »Da müßte es ja auch die Götter der alten Griechen wirklich gegeben haben und die Elfen und Zwerge, Kobolde und Dämonen, an die die Europäer im Mittelalter allen Ernstes glaubten.«
    Der Hauptmann warf ihm einen Blick aus seinen unheimlichen dunklen Augen zu, nahm dann aber hastig ein anderes Blatt aus der Mappe und reichte es Alec. Es zeigte einen Mann, der als Teufel verkleidet war, in einer Zirkusmanege. Er lenkte etwa zwanzig Pferde im Kreis herum und stand mit den Zügeln in den Händen auf den beiden letzten der Reihe.
    »Jemine, auch so eine Phantasiegestalt!« rief Alec und wies mit dem Finger auf den

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