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Blitz in Gefahr

Blitz in Gefahr

Titel: Blitz in Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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Villa, wo sind Sie? Hören Sie mich?«
    Er erhielt keine Antwort und blieb stehen, um zu überlegen, was er tun sollte. Unmöglich, daß de Villa in seiner Verfassung weit gekommen war. Wohin war er gegangen?
    Alec durchforschte Schritt für Schritt die ganze Fläche. Er fand das goldene Figürchen, hob es auf und drehte es in den Händen. Die grünen Jadeaugen schienen ihm auch diesmal wieder zuzublinzeln. Er betrachtete mit steigendem Unmut den bösartig wirkenden Kopf und den verrenkten Körper. Zu denken, daß dieser lächerliche Gegenstand die Seele eines Menschen aufrühren konnte! Er holte aus, um die Statuette ins tiefe dunkle Wasser zu werfen. Doch dann fiel ihm ein, was er erst vor kurzem erkannt und beinahe vergessen hatte.
    Das Figürchen war nur ein Sinnbild in den Augen des Betrachters. Man konnte daraus machen, was man wollte, darin sehen, was man zu sehen wünschte. Es hatte keine andere Zauberkraft, außer der, die man ihm andichtete. Wie jeder Talismann war es ein Nichts.
    Alec steckte es in die Tasche und setzte die Suche nach dem Hauptmann fort.
    Er ging denselben Weg zurück, den er mit dem Hauptmann gekommen war. Nichts regte sich, nur die Huftritte seines Pferdes waren zu hören. Er stieg in eine Zwergpalmenmulde, und hier entdeckte er tiefeingeprägte, frische Fußspuren, die von Laufschritten herzurühren schienen.
    Alec hegte keinen Zweifel, daß es de Villas Spuren waren; aber was hatte ihm die Kraft gegeben, zu rennen? Alec hatte ihn in hilflosem Zustand zurückgelassen; er war nicht einmal fähig gewesen, zu sprechen, geschweige denn sich zu erheben und davonzulaufen — wovor?
    Alec folgte den Spuren aus der Mulde hinauf ins Gebüsch. Er ging sehr vorsichtig und achtete auf jedes Geräusch. Mit der Morgendämmerung stieg dünner Nebel aus dem Sumpf auf; Alec fühlte sich unbehaglich. Er blieb stehen und streichelte Blitz. Die Berührung beruhigte ihn. Vermutlich war der Hauptmann vor seiner eigenen Phantasiegestalt, dem Dämon Kowi, davongelaufen. Durchaus möglich, daß Panik ihn zu der übermenschlichen Anstrengung angetrieben hatte, aufzustehen und um sein Leben zu rennen.
    Alec folgte den Spuren weiter durch das dichte Unterholz und überlegte dabei, ob es gelingen würde, dem Hauptmann die Angst vor Kowi auszureden und ihm klarzumachen, daß der Dämon nur ein Gebilde seiner aufgewühlten Phantasie war.
    Über den Baumkronen wurde nun ein Silberstreifen sichtbar. Alec atmete auf; bald war es hell genug, um mit Blitz’ Hilfe den Rückweg zu finden — gleichviel, ob mit oder ohne de Villa. Vielleicht hatte der Hauptmann diesen Hammock überhaupt schon verlassen.
    Alec wanderte weiter durch den Nebel; sein Pferd folgte ihm auf den Fersen. Er braucnie nicht mehr auf dem Boden nach Fußspuren zu suchen, denn niedergetretene Halme und Büsche bezeich-neten den Weg deutlich. An einer Stelle waren die Sträucher durch einen Sturz des Flüchtenden plattgedrückt. Oder war er nicht gestürzt, sondern hatte sich nur ausruhen wollen? Klumpen von herausgerissenem Gras lagen überall verstreut, als ob er sie als Wurfgeschosse gegen einen Verfolger benutzt hätte. Alec hob einen Klumpen auf und fand ihn mit Blut getränkt. Er konnte sich das Geschehen gut vorstellen, weil er die monströse Gestalt des Unholds Kowi in seiner panischen Furcht selbst gesehen hatte. Behalte einen klaren Kopf! ermahnte er sich. Phantasiegebilde können keine wirkliche Gestalt annehmen.
    Und doch hatte er, als er nach dem warmen roten Licht griff, nicht auch etwas zu fassen bekommen, das sich wie Fleisch anfühlte? Was war Wahrheit, was Trug? Es ließ sich schwer sagen, wenn man sich in einem überreizten Nervenzustand befand.
    Alec gelangte zu einem Gehölz, das er wiedererkannte. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, der Hauptmann hatte denselben Weg eingeschlagen, auf dem sie gekommen waren. Alec schob die dicht herabhängenden Bartflechten zur Seite — da sah er am Fuß der hohen Eiche de Villa bäuchlings auf dem Boden liegen.
    Zuerst glaubte er, de Villa ruhe sich aus oder schlafe. »Herr Hauptmann«, sagte er, »wachen Sie auf!« Gleich darauf prallte er entsetzt zurück, denn unter de Villas Kopf sickerte Blut hervor. Er drehte ihn auf den Rücken und schrak zusammen.
    De Villas Augen standen weit offen — es waren die Augen eines Toten! Sein Mund war eine einzige Wunde, die Zähne eingeschlagen. Seine Hände waren aufgerissen und blutig, die Finger gekrümmt, als hätten sie im Todeskampf den Gegenstand seines

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