Blitz in Gefahr
Schreckens zu packen versucht.
Alec starrte sprachlos in das verwüstete Gesicht mit den aufgerissenen Augen. Hatte der Hauptmann doch recht und er selbst unrecht? War Kowi mehr als eine vom verwirrten Geist eines Abergläubischen geschaffene Schimäre? War er imstande, zu einer Gestalt aus Fleisch und Blut zu werden und einem Menschen, den er strafen wollte, so furchtbare Schläge zuzufügen?
De Villas Augen drückten schier unerträgliche Todesangst aus. Sie rührten Alec an, wie sie es im Leben nie vermocht hatten. Und sie hielten ihn fest, als ob er mit de Villa nun verbunden wäre an der Grenze zwischen Leben und Tod... als ob jeder von ihnen etwas gesehen hätte, das einer anderen Welt angehörte.
Alec merkte jetzt erst, daß Blitz mit Gewalt wegstrebte, seine Nüstern waren geweitet, die Ohren flach angelegt. Alec hatte Mühe, ihn wieder unter Kontrolle zu bekommen; dann führte er ihn ein Stück fort, band ihn an einem Baumstamm fest und ging allein zu dem Toten zurück. Er war unschlüssig, was er tun sollte. Weggehen und Hilfe holen? Doch was für Hilfe? Ein Arzt konnte hier nichts mehr tun. Aber er mußte Meldung erstatten, damit der Tote abgeholt wurde und die Polizei nachprüfen konnte, was hier vorgefallen war.
Ja — aber was war wirklich geschehen?
Alec betrachtete die übel zugerichtete Gestalt auf dem Boden. Wer hatte die Verletzungen verursacht, wenn es Kowi doch nicht gab?
Am Stamm der Eiche entdeckte er Blut und sah, daß die Rinde in großen Stücken abgerissen war. Seine Augen schweiften zu de Villas blutverschmierten Händen. Hatte sich der abergläubische Tor, blind vor Entsetzen, an den Baum gekrallt und den Kopf an den Stamm geschlagen, um dem grauenhaften Abbild von Kowi zu entgehen, das ihm seine wahnwitzige Phantasie vorgaukelte?
Alec blickte in die weit geöffneten Augen des Hauptmanns, die sogar im Tode keinen Frieden kannten. Alec fürchtete sich nicht vor dem, was er darin las; es war nicht mehr ansteckend. Er hatte überlebt — de Villa nicht. Sein Tod war auf die geistige Verwirrung zurückzuführen.
Alec wandte sich endlich ab. Zunächst wollte er Omar unterrichten, dann zur Sugarfoot-Ranch zurückreiten. Selbst wenn er den schnellsten Weg fand, brauchte er einige Stunden für den Ritt. Als sich Alec auf den Rücken des Hengstes schwang, wurde der Himmel hell; nicht lange, und die Sonne ging auf. Der Tag lag vor ihm, die Nacht war überstanden; aber er wußte, daß sich der Schrecken nicht vertreiben ließ, bevor de Villas Leiche von dem Hammock abgeholt und bestattet sein würde.
Vielleicht nicht einmal dann.
War alles nur ein Traum?
Einige Stunden später unterbrach das Geräusch der fliegenden Hufe die Morgenstille, als Alec seinen Hengst in Galopp fallen ließ. Die schlimme Strecke des Sumpfbodens lag hinter ihnen, und in kurzer Entfernung ragte der Hammock aus dem wogenden Sägegrasmeer hervor, auf dem das von de Villa gemietete Haus stand.
Blitz schnaubte, als wäre auch er froh, den Sumpf hinter sich zu haben. Er watete durch das seichte Wasser am Fuß der Böschung und erklomm den festen Boden des Hammocks.
Alec spornte Blitz an. Mit dem vertrauten dreitaktigen Hufschlag des Galopps im Ohr wurde es ihm von Minute zu Minute schwerer zu glauben, daß er die Schrecken der Nacht tatsächlich durchgemacht hatte. Er hielt den Kopf dicht an Blitz’ Hals. Nichts hatte sich geändert, außer daß die Nacht in den hellen Tag übergegangen war.
Als das Haus in seinem Blickfeld auftauchte, ließ er Blitz in Schritt fallen.
»Omar!« rief er, so laut er konnte, und wollte es gerade ein zweites Mal tun, als er das große Vorhängeschloß an der Eingangstür und die geschlossenen Fensterläden bemerkte.
Kein anderer als der alte Mann konnte das Haus während der Nacht verschlossen haben. Alec nahm sich nicht die Zeit, die Stufen hinaufzugehen und an die Tür zu klopfen, sondern ritt unverzüglich zum Stall hinüber. Er fand ihn ebenfalls fest verschlossen und mit einem Vorhängeschloß gesichert. Wohin hatte Omar die Stute gebracht? Und warum?
Alec blickte durch eins der vergitterten Fenster hinein. Der Stall war so sauber aufgeräumt, als ob nie ein Pferd dort gestanden hätte. Kein Strohhalm lag auf dem Boden, kein Dung, kein Futterrest, kein Geruch. Aber in einer Ecke entdeckte er einen Stock mit einer Speerspitze — denselben, den er tags zuvor in Omars Händen gesehen hatte.
Welchen Grund Omar auch gehabt haben mochte, Haus und Stall vor der Rückkehr des
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