Blitz legt los
normaler Sprinter“, sagte einer der Helfer enttäuscht. „Und ich dachte immer, sie wäre große Klasse.“
„Was du da sagst, stimmt nicht“, erwiderte Michael Costello. „Man gewinnt ein Kentucky-Derby nicht allein mit Speed. Nein, mein Junge, da muß etwas anderes sein, was sie zurückgehalten hat.“
In den Parkslope-Ställen war es nach diesem Rennen sehr still. Johanna Parshall, Winterzeits Besitzerin, war in seiner Box, desgleichen Don Conover, sein Trainer, und Billy Watts, sein Jockey, sowie sein alter Pfleger und der Rennbahntierarzt.
Henry und Alec standen mit mehreren anderen vor dem Stall und warteten mit bekümmerten Mienen. „Hast du Black Minx jemandem übergeben, der sie abkühlt?“ flüsterte Henry.
Alec nickte. „Ja, Mike Costello kam zu mir und bot seine Hilfe an.“
Winterzeit, mit einer Decke versehen, stand ruhig in seiner Box. Es roch nach seinem Schweiß und Medikamenten. Sein linkes Vorderbein war angeschwollen und fühlte sich heiß an. Er hielt den Huf vorsichtig hoch. Alle wußten, daß er eine schwere Zerrung der Muskeln, die Knie und Fußgelenk verbinden, erlitten hatte. Diese Verletzung kommt bei Pferden, die Rennen laufen, häufig vor. Das betroffene Pferd gewinnt auch nach der Heilung seine Leistungsfähigkeit nur selten ganz wieder; es kommt ganz darauf an, in welchem Ausmaß das Muskelgewebe gerissen ist.
„Steht’s schlimm, Herr Doktor?“ fragte Johanna Parshall niedergeschlagen.
Der Veterinär nickte. „Wahrscheinlich wird er nie wieder Rennen laufen können, Fräulein Parshall.“ Die junge Frau streichelte ihr Pferd, dann drehte sie sich um und verließ die Box.
„Nehmen Sie es doch nicht so schwer, Johanna“, sagte Henry, als sie neben ihn trat. „Er hat mehr gewonnen als manche Pferde ihr ganzes Leben lang.“
„Das weiß ich, Henry“, antwortete sie, ohne ihn anzusehen, „darum geht es mir auch gar nicht. Es ist nur, weil — nun, weil er so ein williges und tapferes Pferd ist; er gab nie auf und tat sein Bestes, selbst gegen die großen Champions, wenn jeder wußte, daß er bereits geschlagen war. Er wollte gerade Eclipse nachjagen, als es passierte; ich sah ihn ausgleiten, als er um den Einlaufbogen kam.“
Don Conover kam jetzt auch aus dem Stall und blieb bei ihnen stehen. „Er ist ein guter Deckhengst für jedes Gestüt, Johanna“, sagte er tröstend. „Betrachten Sie die Dinge doch von diesem Blickpunkt; so ist nun einmal unser Sport. Wir werden einen guten Preis für ihn erzielen, und...“
Sie schüttelte den Kopf. „Um das Geld geht es mir nicht“, unterbrach sie ihn. „Mir ist nur daran gelegen, daß er in gute Hände kommt. Heute bedaure ich zum ersten Mal, nicht selber ein Gestüt zu haben. Dann würde ich ihn für immer behalten!“
Henry sagte langsam: „Würden Sie ihn uns für 20 000 Dollar lassen, Johanna?“
Alec sah seinen alten Freund überrascht an. Sie brauchten keinen anderen Deckhengst, und 20 000 hatten sie gerade erst beisammen für den Bau ihres neuen Stalles; Black Minx’ vierter Platz hatte ihnen 5000 eingebracht.
„Ich weiß natürlich, daß Sie mehr erzielen könnten“, fügte Henry hinzu, „aber Sie sagten, Sie wollten ihn vor allem in guten Händen wissen. Wir könnten zur Zeit nicht mehr aufbringen, aber er hätte es gut bei uns!“ Alec sah, wie sich Johanna Parshall zu ihrem Trainer wandte und mit ihm beriet. Dann nickten beide in gegenseitigem Einverständnis. Alecs Blick ging hinüber zum Führring, wo Black Minx von Mike herumgeführt wurde. Er wußte, daß sie nun ebenfalls heim auf die Farm der Hoffnung gehen würde. Ihre Rennlaufbahn war, wie die von Winterzeit, beendet. Henry hatte die einzig richtige Entscheidung getroffen.
Später äußerte er zu Alec: „Ich glaube, ich bin ein alter Narr, Alec, aber wir schicken sie zusammen nach Hause. Sie hat es sich die ganze Zeit so gewünscht. Du hast mich zu deiner Ansicht bekehrt. Diese beiden müssen zusammenbleiben!“
„Du kommst mir ganz und gar nicht alt vor, Henry, besonders nach diesem Entschluß nicht“, antwortete Alec leise.
Und noch mehr Speed!
Während der Tage, die nun folgten, waren nur die Nachmittage anders. Die großen Rennen in Belmont Park schlossen mit den „Belmont Stakes“ ab; danach wurden die Rennen auf der nicht weit entfernt gelegenen Rennbahn von Aqueduct abgehalten. Die großen Tribünen in Belmont lagen leer und still; nur die Ställe blieben belebt, weil die meisten der Pferde in Belmont gelassen und nur zu
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