Blitz schickt seinen Sohn
Erlebnis eben am Pier wird er überhaupt keinen Anteil an Vulkan haben wollen!«
»Nanu?« erwiderte Henry. »So ist dein Vater doch nicht. Er weiß genau, daß das Malheur, das vorhin passiert ist, im Grunde Sebastians eigene Schuld war.«
»Nein, Henry, Vater hat nicht viel für Pferde übrig! Ich bin überzeugt, daß er diesen Vorschlag ablehnt.«
»Ich will nicht gerade behaupten, daß du deinen eignen Vater nicht kennst«, sagte Henry, »aber ich habe oft genug gesehen, wie seine Augen aufleuchteten, wenn er Blitz beobachtete, und heute mit dem Fohlen war es dasselbe! Nur einmal und nur für eine Sekunde, aber das genügt. Er ist nicht gegen Pferde eingenommen, Alec, das redest du mir nicht ein!«
»Aber wenn er nun trotzdem ablehnt«, Alecs Worte kamen zögernd, »könntest du es nicht machen? Darf ein Trainer Besitzer eines Rennpferdes sein?«
»Ja«, antwortete Henry, »dem steht nichts im Wege, ein Trainer darf Rennpferde besitzen. Und im Notfall springe ich natürlich ein, wenn es uns nicht gelingen sollte, deinen Vater zur Zustimmung zu bewegen. Es gibt kaum etwas auf der Welt, was ich lieber wollte, als einen Sohn von Blitz unter meinem Namen Rennen laufen zu lassen! Aber das ist nicht der Weg, den wir gehen sollten, denn es ist dein Pferd, Alec. Also gehört es sich, daß es deinen Familiennamen trägt und unter den Ramsayschen Farben läuft! Überdies gibt es noch einen Grund, dessentwegen ich nicht als Besitzer Vulkans gelten sollte«, fügte er mit gerunzelten Brauen hinzu. »Die Namen aller neuen Pferde und ihrer Besitzer, die beim Jockeyklub eingetragen sind, werden im Rennkalender veröffentlicht, den Boldt mit Andacht studiert! Wenn er meinen Namen darin entdeckt, wird er sogleich nachforschen, wie ich zu dem Pferd gekommen bin und woher es stammt. Der Name Ramsay dagegen wird ihn kaum alarmieren. Also ist es in jeder Hinsicht am besten, daß du mit deinem Vater sprichst.«
Alec seufzte: »Du hast recht! Ich werde es versuchen, Henry!«
Es war bereits dunkel, als das Transportauto an seinem Elternhaus vorüberfuhr. Alec sah im Wohnzimmer Licht. Vielleicht war sein Vater da. Jetzt verlangsamte der Wagen die Fahrt und hielt dann vor dem eisernen Tor des Stallgebäudes an. Henry und Alec stiegen aus, um das Tor zu öffnen. Dann fuhr der Wagen rückwärts auf dem Kiesweg voran, Henry und Alec folgten zu Fuß zum Stall.
»Geht’s Napoleon noch immer gut?« erkundigte sich Henry. Nachdem Alec bejaht hatte, meinte er, das wäre fein; er werde auf das Fohlen beruhigend einwirken, wie er es bei Blitz getan hatte. Henrys Blick schweifte zu dem großen Haus hinüber, in dem seine gestrenge Ehehälfte waltete. »Meinst du, daß meine Frau sich freuen wird, mich wiederzusehen?« fragte er, und es klang sehr zweifelnd.
Alec lächelte. »Natürlich! Du bist doch ihr Mann! Sie tut bloß immer so unwirsch!«
»Das macht nichts aus, wenn man so lange verheiratet ist, wie wir es sind«, entgegnete Henry ernst. »Und du weißt ja, daß ich gegen ihren Willen wieder mit dem Trainieren angefangen habe... da kann ich keinen zärtlichen Empfang erwarten!«
»Dann sag ihr gleich, daß du von Boldt weggehst, Henry, und wieder heimkommst«, riet Alec.
»Das ist ein guter Gedanke, den Rat werde ich befolgen!«
Das Transportauto wartete vor der Stalltür, die Henry und Alec öffneten. Dann zogen sie die Laufplanke herunter, und Alec ging in den Wagen hinein. Das Fohlen stand im Dunkeln, der Menschengeruch, der in seine Nase stieg, brachte sein Blut zum Kochen. Es zitterte am ganzen Leibe vor Spannung, und seine Augen sprühten vor Haß. Die Ohren hatte es flach an den schmalen Kopf gelegt, der mißtrauisch von einer Seite zur andern flog. Wütend zerrte es an dem Riemen, mit dem es angebunden war. Wild keilte es mit den Hinterbeinen aus.
»Vorsicht!« warnte Henry, als Alec nach vorn an den Kopf ging, »es ist schon so kräftig, daß es dir tüchtig weh tun kann!«
Alec bewegte sich langsam an der einen Seite des Wagens, dann sprang er gewandt vor und hatte den wilden Kopf mit einem Griff in der Gewalt. »Nein, so nicht! Brav jetzt, Vulkan!« sagte er streng, als das Fohlen das Gebiß entblößte und ihn zu beißen versuchte. Schnaubend versuchte es von dem Menschen wegzukommen, der seinen Kopf so eisern festhielt. Es hob sich und kämpfte besessen um seine Freiheit, aber der Druck an seinem Kopf hatte sich nicht gelockert, als es wieder herunterkam.
»Hast du ihn sicher?« fragte Henry.
»Er beruhigt sich
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