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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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passierte? Er sah rasch zu Henry hinüber, dessen Gesicht aschgrau war. Es erklärte deutlicher als Worte, wie ihm zumute war angesichts des Dramas, das sich sogleich abspielen mußte...
    Gott sei Dank! Gonzáles hatte erkannt, daß es sinnlos war, den Kampf fortzusetzen, denn er winkte zum roten Tor hinüber. Der Stier hatte zu schnell und zu gut gelernt, und das Pferd konnte auf dem nassen Sand jederzeit ausgleiten und stürzen.
    Der Rinderhirte, der oberhalb des Tores wartete, rief: »Wu-he, Toro! Wu-he!«
    Aber der Stier kümmerte sich weder um den Hirten, noch um das jetzt geöffnete Tor; seine Augen hafteten fest auf dem Pferd und dem Reiter. Nach wenigen Sekunden stürmte er mit Wucht auf sie los.
    Gonzáles sah den Bullen jede Ausweichbewegung des Pferdes nach der Seite mitmachen und den Kopf senken. Er stemmte sich im rechten Steigbügel hoch, zielte mit der Lanze und stieß sie mit aller Kraft nach vorn; doch es war noch zu früh. Das stumpfe Ende der Lanze traf den Angreifer oben am Widerrist und glitt ab, ohne ihn anzuhalten. El Dorado bäumte sich im richtigen Augenblick, um den Anprall der Hörner gegen seine Vorderbeine zu vermeiden. Mit aufgeworfenem Kopf warf sich der Stier plötzlich nach rechts und stieß die Lanze aus Gonzáles Hand. Sie fiel in den Sand, während das Pferd herumwirbelte. Der Stier fing sich im Lauf ab, drehte sich um und erneuerte die Attacke.
    Gonzáles schwankte im Sattel; der Hut flog ihm vom Kopf in den nassen Sand. Er ritt quer durch die Arena, als ob er selbst durch das geöffnete Tor entfliehen wollte, aber der Stier stellte sich ihm hurtig in den Weg. Gonzáles atmete hastig und brachte El Dorado zum Stehen. Er starrte den Bullen an — und jetzt füllten sich seine Augen plötzlich mit Furcht.
    Was immer der Anlaß oder der Antrieb für ihn gewesen war, sich in den Kampf mit dem Stier einzulassen — in diesem Augenblick war davon nichts mehr vorhanden, und sein Angstgefühl griff sofort auf sein Pferd über. Noch vor Minuten hatten Reiter und Pferd nur Mut und Zuversicht gezeigt, doch jetzt beherrschte beide nur noch ein Gedanke: dem Todfeind zu entkommen.
    Gonzáles ritt mit äußerster Vorsicht an dem Holzzaun entlang, um in den Rücken des Stiers zu gelangen. Seine ganze Haltung verriet das Bestreben zu fliehen.
    Der schwarze Stier stand ruhig, aber sprungbereit da, als sei ihm bewußt, wer hier der Sieger sein würde. Seine Augen glühten wild und schienen immer zorniger zu flammen; die Schreie des Hirten schienen ihn zu erzürnen. Schließlich senkte er wieder den massiven Schädel, um auf seinen Feind loszurasen.
    Ein eisiger Schauder schüttelte Alec, als er den Stier durch die Regenpfützen stampfen sah. Im gleichen Moment übertönte ein Donner die wütenden Hufschläge. Ein heller Blitz, der die Wolken teilte, zerriß den Bann, der über Alec gelegen hatte. Er sprang auf die Brüstung der Galerie und griff nach der oberen Stange des Holzzauns. Gonzáles strengte sich verzweifelt an, den Hörnern zu entkommen. El Dorado stieg und kam nahe dem Zaun herunter. Der Bulle geriet vor wilder Begierde, das Pferd zu treffen, ins Rutschen und fiel auf die Knie. El Dorado strauchelte gegen ihn und kam beinah zu Fall. Durch die Wucht des Zusammenstoßes rutschte Gonzáles nach vorn; er versuchte sich krampfhaft irgendwo zu halten, aber er griff in die Luft. Im gleichen Augenblick, als sich Alec über den Holzzaun schwang, wurde Gonzáles auf den Rücken des Bullen geschleudert und glitt zur Erde.
    Henry schrie vor Entsetzen laut auf, während Alec durch die Arena rannte, den großen, runden Hut ergriff und ihn dem Stier ins Gesicht warf. Er rief Gonzáles zu, über den Zaun zu springen.
    Der Stier mühte sich in dem schlammigen Sand ab, auf die Füße zu kommen, wobei er wütend nach dem Hut stieß. Inzwischen war El Dorado durch das offene Tor entkommen, aber Gonzáles stand noch benommen da, statt sich über den Zaun in Sicherheit zu bringen.
    Der Stier schleuderte den Lederhut hoch in die Luft; er fiel zwischen seinen Vorderhufen wieder zu Boden. Glücklicherweise fesselte der Hut seine Aufmerksamkeit, bis er ihn völlig zerfetzt hatte. Alec vermochte in diesen Sekunden den Zaun zu erreichen und sich hinüberzuschwingen; Gonzáles folgte ihm.

    Alec und Henry hatten Gonzáles in sein Schlafzimmer gebracht. »Alec hat mir das Leben gerettet«, hatte er zu Maria gesagt, die noch immer auf den Knien vor dem Kruzifix lag, als sie eintraten. Maria brauchte keine Beschreibung

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