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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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augenscheinlich erzürnt, weil er auf den Angriff nicht vorbereitet gewesen war. Er hatte die Lanze gebrauchen müssen wie ein Rinderhirt, um sich und sein Pferd zu schützen. Jetzt mußte er zeigen, daß er es besser konnte!
    Er atmete tief, als der Stier erneut heranstürzte. Es war ein prachtvoller Bursche, einer der besten Kampfstiere, die er je gezüchtet hatte. Sogleich schwang Gonzáles sein Pferd herum und veranlaßte den Stier zu einem aufreizenden, sich hin und her windenden Lauf, der ihn näher und näher an Pferd und Reiter heranführte.
    Als er merkte, daß der Stier müde wurde, ließ er ihn um Haaresbreite an seinem Bein vorbeistoßen. Dann hielt er an und lachte; er war mit seiner Leistung zufrieden. Auch der Stier blieb ruhig stehen.
    Am nördlichen Ende der Arena stand ein hoher Mast mit der spanischen Flagge. Ein heftiger Windstoß ließ sie plötzlich flattern und knattern. Gonzáles blickte nervös zum Himmel empor, der grau verhangen war und baldigen Regen ahnen ließ. Das war kein gutes Omen. Gerade als ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, trafen die ersten Regentropfen seine Hände. Der Wind wirbelte den Sand auf. Bald würde der Boden naß und schlüpfrig sein. Es war ratsam, nicht mehr so nahe am Stier zu arbeiten wie eben und den Kampf bald zu beenden. Er rief aufmunternd zu dem schwarzen Koloß hinüber: »Wu-he! Wu-he!« Dann zog er seinen alten Lederhut tiefer ins Gesicht, legte seine Knie an El Dorados Seiten und ritt vorwärts, dem Stier entgegen.
    Alecs Augen gingen mit einem Gefühl schweren Unbehagens von dem Reiter im Ring zu dem grauen Himmel und dann zu dem Stier. Der Zweikampf, dem er hier folgte erschien ihm grotesk, und er wünschte, es wäre zu Ende. Aber wie konnte ein solches Duell überhaupt ergebnislos abgebrochen werden? Wer konnte dem Stier klarmachen, daß es zu Ende war?
    Alec betrachtete den in der Mitte verharrenden Stier. Er atmete hastig, aber er hielt den Kopf hoch, und seine kleinen Augen wichen nicht von dem Mann und dem Pferd. Seine Lust zu töten schien noch größer als zuvor. Was fühlte Gonzáles? Alec hatte den nervösen Blick zum Himmel gesehen, und auch, daß er einmal rasch nach dem goldenen Kruzifix gegriffen hatte. War seine Gewißheit, heil davonzukommen, geringer geworden, weil der Stier inzwischen klüger geworden war und seine Angriffstaktik geändert hatte? War es an dem, warum ließ Gonzáles dann nicht das Tor zum Pferch öffnen, damit der Stier die Arena verlassen konnte?
    Das Pferd bewegte sich mit sicheren Schritten auf den Stier zu. Es sprang nach einer leichten Aufforderung seines Reiters mit dem Zügel und den Beinen behende zur Seite, als der Stier angriff, wendete sich sogleich nach dem an ihm vorbeischießenden schwarzen Koloß um und blieb dann nahe am Stier, dessen Hörner es vermied, indem es jedesmal zur Seite sprang. So hatte sein Gegner keine Möglichkeit mehr, aus größerer Entfernung anzulaufen. Schließlich lief es hinter dem Stier herum und quer durch die Arena.
    Der Stier warf sich ebenfalls herum in der Richtung, die das Pferd nahm, aber er folgte ihm nicht, sondern blieb genau in der Mitte mehrere Minuten stehen. Dann erst schoß er mit tief gesenktem Kopf erneut auf seinen Gegner los. Doch bevor er zustoßen konnte, war El Dorado schon an einer anderen Stelle.
    Das dünne Tröpfeln des Regens ging jetzt in einen Guß über. Wieder verharrte der Bulle auf der Stelle, ohne Pferd und Reiter aus den Augen zu lassen. Sein Schwanz peitschte erregt hin und her. Als er endlich zum Lauf ansetzte, schoß er nicht geradeaus auf sein Ziel zu, sondern er folgte der Bewegung des Pferdes nach links, und verfehlte nur um Zentimeterbreite den Hinterschenkel. Man merkte, er hatte gelernt, wie er kämpfen mußte, nämlich seinem Gegner bei jeder Wendung folgend und nicht blindlings mit gesenktem Kopf daraufstoßend. Alec warf einen Blick auf Gonzáles und erkannte sofort, daß Don Angel sichtlich erregt war über sein Entrinnen um nur Fingerbreite. Alec selbst war der ganzen Angelegenheit müde bis zum Ekel. Er fand das Duell zu entsetzlich, um noch ruhig zuschauen zu können. Er wollte Weggehen, aber diese letzten verzweifelten Minuten hielten ihn mit einem Bann an der Stelle fest, den er nicht abzuschütteln vermochte. Er fühlte nichts wie Mitleid für den Mann in der Arena. Gonzáles brauchte zweifellos Hilfe, um heil davonzukommen. Hielt dieses Gefühl ihn wohl davon ab, sich zu entfernen? Aber wie konnte er helfen, wenn etwas

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