Blitz und der Brandfuchs
Tropen ist man an Vampire gewöhnt; einige Inselbewohner betrachten diese Tiere sogar als Schutzgeister und haben den Aberglauben, man würde krank, wenn man sie tötet.“
Alec fühlte eine Gänsehaut über den Rücken laufen. „Ein Tier, das sich von Blut nährt...“
„Für den Vampir so selbstverständlich wie Milch oder Wasser für uns. Die Natur hat es so eingerichtet, also steht uns kein Urteil darüber zu“, antwortete der Arzt. „Im übrigen ist der Blutverlust für das betroffene Tier weder erheblich, noch hat der Biß böse Folgen, wenn er nicht häufig erfolgt. Nur wenn der Vampir infiziert ist, haben wir es mit einem ernsten Problem zu tun.“
„Dann schießen Sie ihn doch lieber ab, wenn Sie ihn finden!“ riet Henry.
„Sollte es nötig sein, selbstverständlich“, antwortete der Veterinär ruhig.
Alec folgte mit Herzklopfen den anderen, als sie das Labor verließen. Hoffentlich hatte der Himmel das verirrte Pferd beschützt, wenn es tatsächlich sein geliebter Hengst war!
Die Fledermaushöhle
Es war später Morgen, als die Gruppe in den Dschungel eindrang. Der Arzt ging mit einer Machete und einem Fangnetz voran. Alle trugen hohe Stiefel und Lederhandschuhe. Hintereinander schritten sie durch das grüne Labyrinth der Lianenranken, von denen viele den Umfang eines Männerarms hatten.
Alec ging hinter dem Arzt. Sie balancierten über weitverzweigtes Wurzelgeflecht, wateten durch ein schnellfließendes Gewässer, sprangen über schwimmende Pflanzen, umgingen ein undurchdringliches Mangrovendickicht und versuchten, Fliegen und Mücken von ihren schweißbedeckten Gesichtern abzuhalten. Der Dschungel kochte vor Hitze und Insektenschwärmen.
Auf einer kleinen, von Kokospalmen umstandenen Lichtung gönnte der Arzt sich und seinen Begleitern eine Rast. Henry setzte sich erschöpft auf den Boden und sagte: „Eins ist sicher: Ein Pferd ist hier nicht durchgekommen!“
„Nein, es ist unten an der Küste entlang gelaufen“, erwiderte der Arzt. Er schlug eine Kokosnuß mit seiner Machete auf und reichte sie Henry. „Die Milch wird Sie erfrischen“, sagte er lächelnd.
Henry trank etwas Kokosmilch und reichte die Nuß dann an Alec weiter. „Schläft der Vampir ausschließlich in Höhlen?“ erkundigte er sich.
„Nein, er sucht gelegentlich auch hohle Bäume, ausgetrocknete Abzugsgräben oder Dachluken auf“, antwortete der Tierarzt.
„Gibt es in der Höhle, zu der wir gehen, viele Fledermäuse?“ wollte Alec wissen.
„Viele hundert von ganz verschiedenen Arten“, kam die Antwort.
„Wissen Sie denn mit Sicherheit, daß der Vampir dorthin zurückgekehrt ist?“
„Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er dort sein, weil er gern in Gesellschaft lebt.“
Alec stand auf und wandte sich an den Polizeibeamten: „Sie sagten, früher wäre auf Antago noch nie ein Vampir gewesen. Wie können Sie das wissen?“
Der Polizeibeamte antwortete bereitwillig: „Weil der Biß eines Vampirs sehr leicht zu erkennen ist. Wäre einer hier gewesen, so hätten wir seine verräterische Spur unweigerlich an einer Kuh oder Ziege gefunden. Als ich in Trinidad war, herrschte dort die schlimmste Tollwutepidemie, die es je gegeben hat. Wir hatten eine Abteilung, die sich nur mit der Jagd auf Vampire befaßte. Wir suchten sie am Tage an ihren Schlafplätzen auf, benutzten Fangnetze, Gift und Fallen, wenn wir sie fanden. Das war die wirksamste Methode zur Bekämpfung der Epidemie.
„Und eine Epidemie müssen wir hier verhindern“, sagte der Arzt und erhob sich ebenfalls. „Es ist immer ein Problem, die Tollwut zu bekämpfen!“ Er führte seine Begleiter einen grünumwu-cherten Pfad entlang, auf dem sie knöcheltief im Morast wateten. Stellenweise mußte er mit seiner Machete die dicken Ranken kappen, die den Weg versperrten. Halb gebückt, um das Gleichgewicht in dem schlammigen Boden nicht zu verlieren, und keuchend vor Anstrengung folgten ihm die anderen etwa eine Stunde lang. Dann ging es eine weitere halbe Stunde steil bergauf bis zu einem kleinen Plateau. „Jetzt sind wir angelangt“, sagte der Arzt. „Die große schwarze Öffnung in der Felswand uns gegenüber, das ist die Schlafhöhle der Fledermäuse.“
Alec starrte aufgeregt hinüber, als er mit dem Arzt auf die bezeichnete Stelle zuging. Der Boden am Höhleneingang war weich, aber der Regen hatte die Spuren offenbar weggewaschen; doch genau dort, wo sich der Fels öffnete, konnte man ovale Hufspuren auf dem Boden sehen, der mit
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