Blitz und Pam
gezwungen, einen andern Berufsjockey sein Pferd reiten zu lassen.
»Na? Na?« bohrte Henry weiter. »Entschließe dich, Alec!«
»Also gut, Henry«, kam es endlich aus Alec heraus. »Wir machen es so, wie du sagst. Wir setzen Pam auf ihn und schauen, wie es geht. Wenn sie mit ihm fertig wird, geht sie am Samstag an den Start; wenn nicht...« »Wenn nicht«, fiel ihm Henry ins Wort, »dann wähle ich den nächsten Reiter. Du hast die Entscheidung gefällt, aber den Rest bestimme ich. Und damit basta!« Er nahm seine Augen von Alec und heftete sie auf das junge Mädchen.
»Sie können ihn sogleich ausprobieren«, sagte er zu Pam und überfiel sie mit dieser Aufforderung ebensosehr wie Alec. »Es ist besser, wir machen uns gleich an die Sache und warten nicht bis morgen, wenn es eine Menge Leute hat. Zäum ihn auf, Alec!«
Kurze Zeit später führte Alec Blitz aus seiner Box. Pam ging nebenher, die Augen auf den Hengst gerichtet, der ihr Können auf die Probe stellen würde, wie es noch nie zuvor geschehen war.
Blitz schritt tänzelnd einher; sein Kopf war hoch erhoben und wiegte sich hin und her. Er bewegte seine Ohren und schnupperte in den Wind. Auf seinen Flanken war bereits leichter Schweiß ausgebrochen.
Unweit der Lücke, durch die man auf die Rennbahn gelangte, brachte Alec Blitz zum Stehen. Er streichelte ihn und sprach ihm zu. Er wußte, daß die Instinkte des Hengstes tiefer gingen als jegliche Sprache zwischen ihnen. Blitz merkte, daß man etwas Ungewöhnliches mit ihm vorhatte, war er doch am späten Nachmittag aus seiner Box geholt und gesattelt worden, und dabei waren Rennbahn und Tribünen vor ihm leer. Seine Muskeln waren angespannt, sein Atem flog.
Henry wandte keinen Blick von Pam. Er suchte ein Anzeichen der Furcht an ihr, halb in der Hoffnung, sie werde sich jetzt, da der große Augenblick gekommen war, doch noch anders besinnen. »Ein Kind hätte ja noch mehr Gewicht als sie«, dachte er. »Wo will sie bloß die Kraft hernehmen, so ein Pferd zu handhaben?« Er glaubte nicht daran, daß sie ihren unsinnigen Plan, Blitz zu reiten, auch wirklich ausführen werde. Spätestens wenn sie Blitz fertig betrachtet hatte und erkannte, was da ihrer harrte, würde ihr die Lust vergehen.
Alec ließ Pam noch nicht an Blitz heran. Der Hengst war viel zu unruhig, als daß man ihn hätte besteigen können. Es war nur ein Spiel — das wußte Alec — , doch es konnte gefährlich sein, wenn man nicht aufpaßte. Da setzte er nun sein Pferd, seinen Stolz, sein Herz ein und war doch nicht sicher, ob sich Pam nicht in große Gefahr begab.
Blitz spielte den Ungeduldigen und rebellierte gegen den Zaum. Seine zitternden Beine stampften auf den Boden, dann richtete er sich halb auf; seine Mähne flog, und seine Augen blitzten.
»Es wird spät«, sagte Henry. »Wir müssen vorwärtsmachen, wenn wir das heute noch hinter uns bringen wollen.« Dennoch kam er nicht in die Nähe des Pferdes. Er wußte, daß es Alecs Sache war zu entscheiden, wann Pam aufsitzen sollte.
Pam näherte sich dem Hengst. »Ich bin bereit, wann immer du willst«, sagte sie zu Alec.
»Gleich«, gab Alec scharf zurück, erstaunt, sie neben sich stehen zu sehen.
Pam begann dieselben Tonfolgen zu pfeifen, die sie jeweils gebraucht hatte, um Black Sands Aufmerksamkeit zu erwecken. Alec wollte ihr schon sagen, sie solle das lassen, doch dann besann er sich anders.
Sie wird es ohnehin tun, wie sie es für gut hält, dachte er. Laß sie machen! Ich würde sie beide mit meinem eigenen Unbehagen nur durcheinanderbringen.
Pam sprach nun zu Blitz, und ihre Stimme war so sanft, wie es ihr Pfeifen gewesen war. Und währenddessen rückte sie ganz langsam näher an Blitz heran, bis sie in Reichweite seiner Vorderbeine und seiner Zähne war.
Alec war sich der Gefahr wohl bewußt, die des Hengstes Unruhe in sich barg, und er wollte Pam warnen. Er traute sich aber nicht zu sprechen, denn er fürchtete, seine Stimme könnte Blitz noch mehr aufregen. Er wartete still; jeden Augenblick befürchtete er einen wilden Tritt, der Pam die Rippen brach, die Brust einschlug oder das Gesicht zerschmetterte.
Blitz schnupperte in die Luft. Seine Augen flackerten. Unentschlossen und unruhig warf er den Kopf zu Pam hin. Noch immer stampfte und schnaubte er vor Ungeduld, doch er schlug nicht aus, und er wich auch nicht zurück.
Pam streichelte mit einer Hand sein Maul, während sie ihm die andere über das linke Auge hielt. Ihr Blick traf denjenigen Alecs, und sie nickte
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