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Blitz und Pam

Blitz und Pam

Titel: Blitz und Pam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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konnte.
    Große Stille kam über die riesige Menge, als Pams Name als derjenige des Reiters des schwarzen Hengstes bekanntgegeben wurde. Der Ansage folgte lauter Jubel, in den sich Pfiffe und Buh-Rufe mischten, und ein Gemurmel von zustimmenden und ablehnenden Kommentaren über weibliche Jockeys ging durch die Reihen.
    Henry überblickte die Menge um ihn herum. Er spürte in ihr eine schwelende Unruhe, eine bange Ahnung dessen, was geschehen könnte. Er war schuld, daß Pam da draußen war. Er hätte Alec davon überzeugen können, daß es für sie zu gefährlich war.
    Auf einmal verspürte Henry Übelkeit. Was hatte er bloß getan? Warum hatte er das zugelassen? Die Tatsache allein, daß Alec sie hatte reiten lassen wollen, rechtfertigte das noch lange nicht. Er war älter. Er hätte es besser wissen müssen.
    Nun war es zu spät, viel zu spät. Es blieb ihm nur noch zu warten, und die Minuten würden sich unerträglich langsam dahinschleppen. Er zwängte und drängte sich durch die Menschenmenge, fest entschlossen, zum Zaun zu gelangen. Dazu schalt er sich immerfort: »Ich hätte das nicht zulassen dürfen! Sie ist ja nur ein Kind, ein kleines Kind. Ich bin ein Narr... ein unglaublicher Narr.«
    Vor Alec tauchte die Startmaschine wie ein in Regen gehülltes Ungetüm auf. Plötzlich wäre Napoleon unter ihm beinahe gestürzt, weil Blitz brüsk gegen ihn angerannt war. Alec richtete den Wallach wieder gerade. Seine Augen wanderten zu Pam hinüber, um zu sehen, wie sie den unerwarteten Seitensprung aufgenommen hatte. Sie saß kerzengerade in ihrem Sattel und schaute weder links noch rechts, sondern hatte die Augen zwischen den aufgerichteten Ohren des Hengstes hindurch auf die Bahn gerichtet.
    Alec sagte nichts. Die Zeit zum Reden war vorbei. Napoleon trottete weiter und versah seinen Dienst als Puffer für die Stöße des Hengstes. »Die Pferde nähern sich der Startmaschine«, tönte es über die Lautsprecheranlage.
    Sie gingen hinter die Startmaschine, ritten jedoch weiter, gegen das obere Ende der Geraden. Blitz kanterte leichten Schrittes. Alec beobachtete die langen, sicheren Schritte seines Pferdes im Schlamm und ihren gleichmäßigen Rhythmus. Ein letztes Mal prüfte er Blitz kritischen Blickes, um sich zu vergewissern, daß alles an ihm so war, wie es sein mußte. Er hatte ihm das Zaumzeug selbst angelegt und sorgfältig zurechtgesetzt. Er hatte dafür gesorgt, daß der Sattel recht saß und die Bleiunterläge festhielt, damit ja nichts umherrutschte. Es schien alles in Ordnung zu sein. Die Beine des Hengstes streiften über die Bahn hin, und sein langer Schweif tanzte hinterher.
    Die nasse Seide der Jockeyanzüge schimmerte durch den Regen, und rundherum platschten Hufe durch den Schlamm. Es war wie ein Unter-Wasser-Ballett: Bunte Flecken hüpften vorbei, verloren sich im Nebel und verschwanden vollends im hinteren Bogen. Blitz versuchte sich loszureißen, doch Alec behielt seinen Zaum fest in der Hand.
    Die Startzeit war nahe. Alec kehrte mit Blitz um und führte ihn zu den offenen Türen der Startmaschine zurück. Zu seiner Rechten ragten die mächtigen Tribünen wie ein Berg in den düsteren Himmel.
    Die Aquädukt-Anhänger waren sicher an allerhand Wetter gewöhnt, dachte Alec. Sie wußten sich immer mit Regenmänteln und — schirmen zu helfen. Trotz des scheußlichen Wetters, das heute herrschte, waren sie jenseits des Zaunes geschützt und brauchten die matschige Rennbahn nicht zu fürchten. Das war auf dieser Seite ganz anders. Alec schaute den Regenvorhang an, der das Oval der Bahn verhängte. Der Start war in der Hälfte der Zielgeraden; die Strecke des Rennens maß 2000 Meter.
    Ein Bahnhelfer, den Alec gut kannte, kam auf sie zu; seine Gummistiefel quietschten im aufgeweichten Boden. Alec übergab ihm Blitz mit den Worten: »Vorsicht mit ihm, John. Er hat einen neuen Jockey im Sattel!«
    »Ich weiß, Alec. Mach dir keine Sorgen!«
    Alec blickte Pam an. Seine Arbeit war getan — der Rest war ihre Sache. Blitz war nun in ihren Händen. Alec sah, wie sie den Schutzhelm weiter herunterzog. Es war eine instinktive Bewegung, und er glaubte nicht, daß sie dabei an ihren Unfall oder an den gefährlichen Ritt, der vor ihr lag, dachte. All ihre Gedanken schienen sich ausschließlich auf Blitz zu konzentrieren. Sie rieb ihn liebevoll zwischen den Schulterblättern und redete ihm unermüdlich zu, die Leute um sich völlig vergessend — auch Alec. Ihr Gesicht hatte einen grimmigen Ausdruck; dafür hatte ihr

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